Gegen ein Aufweichen der Lärmschutzstandards

Die Bauminister der Länder wollen die Standards für den Lärmschutz im Wohnungsbau absenken. Durch Überarbeitung der TA Lärm soll in einer Experimentierklausel geregelt werden, dass auch passiver Schallschutz ausreichend sein soll. Außenwohnbereiche wie Balkone, Terrassen oder Wohnfreiflächen in der Nähe von Gewerbestandorten müssen mit erheblichem zusätzlichem Lärm rechnen, wenn die Pläne Wirklichkeit werden sollten.

Die TA Lärm ist eines der wesentlichen Instrumente, mit der bisher eine qualitätsvolle verdichtete Stadt erreicht werden konnte, ohne dass die Wohnnutzung durch starken Lärm beeinträchtigt wurde. Dazu hat vor allem das Einhausen von lauten Anlagen beigetragen, die nun z.T. der Experimentierklausel zum Opfer fallen soll. Sollten die Standards gesenkt werde, werden Bürger in Wohngebieten, die an Gewerbestandorte grenzen, zusätzlichem Lärm ausgesetzt sein. Gleiches gilt für Verkehrslärm. Es ist zu befürchten, dass Wohnstandorte in bereits belasteten Lagen aufgrund der Anhebung der zulässigen Lärmwerte mit noch höherem Verkehrslärm leben müssen. Lärm ist eine Hauptquelle für Erkrankungen. Wer die Lärmstandards senkt, setzt die Menschen höheren gesundheitlichen Risiken aus. Die Lärmbetroffenen haben einen Anspruch auf ein ruhiges Wohnumfeld und den Schutz der Außenwohnbereiche, Terrassen und Balkone. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht auch ein Anspruch auf ein Wohnen bei teilgeöffnetem Fenster.

Es ist ein Armutszeugnis, dass die Bundesregierung sich von der Immobilienwirtschaft leiten lässt und Qualitätsstandards ohne Not geopfert werden sollen. Das Argument, durch Senkung der Standards billigen und bezahlbaren Wohnraum bei gegebener Flächenknappheit zu schaffen, ist vorgeschoben. Die Immobilienwirtschaft räumt ein, dass bezahlbarer Wohnraum zurzeit gar nicht realistisch ist. Grund hierfür sind vornehmlich gestiegene Grundstückspreise und Spekulationen mit Baugenehmigungen.
Der Gesetzgeber ist schon seit längerem aufgefordert, die seit Jahrzehnten bestehenden Defizite beim Schallschutz zu beseitigen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Lärmschutz, um die gesundheitlichen Risiken durch Lärm für die Menschen zu senken. Hierzu zählt insbesondere
1. Die Umsetzung der WHO-Lärmwerte und die Durchsetzung einer anspruchsvollen Lärmminderungsplanung.
2. Der Schutz vor Maximalschallpegeln, um nächtliches Aufwachen und Kommunikationsstörungen zu verhindern.
3. Der Schutz vor tieffrequentem Lärm durch Berücksichtigung des gesamten Spektrums der Quellen des Außenlärms.

Wir rufen die Bürger und Umweltverbände auf, beim aktuellen Beteiligungsverfahren zur Änderung der TA Lärm gegen eine Verschlechterung der Anforderungen an den Lärmschutz zu protestieren. Die Umweltministerien der Länder fordern wir auf, gegen die Pläne der Bauminister Einspruch einzulegen.

Gemeinsame Stellungnahme der Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V. und der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e.V.

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