Angesichts neuer Daten zu Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Bundesregierung zu sofortigem Handeln auf. Die aktuellen Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EEA) belegen: 28.900 vorzeitige Todesfälle durch Feinstaub (PM2,5) und 10.000 vorzeitige Todesfälle durch das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) hätten 2020 in Deutschland vermieden werden können.
Dazu müssten die Grenzwertempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) umgesetzt und eingehalten werden. Diese Empfehlungen werden für Feinstaub und Stickstoffdioxid bislang an nahezu allen Messstellen in Deutschland überschritten. Insbesondere der Anstieg vorzeitiger Todesfälle durch Stickstoffdioxid schockiert. Experten hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass die EEA die Zahl in der Vergangenheit methodisch unterschätzt habe. Deshalb hatte die Behörde ihre Methodik nun angepasst und musste die Zahl um mehr als 65 Prozent nach oben korrigieren.
Die DUH spricht wegen der dramatisch gestiegenen Werte von einem „Gesundheitsnotstand“. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert deshalb Sofortmaßnahmen von der Bundesregierung, zuallererst die amtlich angeordnete Nachrüstung oder Stilllegung von mindestens fünf Millionen Dieselfahrzeugen mit stark erhöhten Stickoxid-Emissionen durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Auch in den Sektoren Holzfeuerung und Landwirtschaft bestehe dringend Handlungsbedarf.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Die Gesundheitsgefahren durch das Dieselabgasgift NO2 wurden jahrelang unterschätzt. Mit der überfälligen Korrektur und Erhöhung der Zahl der vorzeitigen Todesfälle auf 10.000 jedes Jahr allein in Deutschland wird deutlich, dass nun endlich gehandelt werden muss. Wir haben einen Gesundheitsnotstand und das erfordert schnelles Handeln. Die Bundesregierung darf nicht warten, bis die Europäische Kommission sie zum Handeln zwingt. Wir brauchen jetzt schärfere Luftqualitätsgrenzwerte in Einklang mit den WHO-Empfehlungen! Daher fordern wir Umweltministerin Steffi Lemke auf, die WHO-Vorgaben bis zum 1. Januar 2025 in nationales Recht umzusetzen und gegenüber ihren Minister-Kollegen Wissing, Özdemir und Habeck effektive Maßnahmen in den zentralen Verursacherbereichen Verkehr, Holzfeuerung und Landwirtschaft durchzusetzen.“
Um Maßnahmen für die Saubere Luft voranzutreiben, ist eine deutliche Verschärfung der Luftqualitätsgrenzwerte nach Ansicht der DUH dringend notwendig. Dazu zählt die städtische Mobilitätswende, im Rahmen derer alle Fahrzeuge, die im realen Fahrbetrieb die aktuellen Abgasgrenzwerte überschreiten, ausgesperrt, die Zahl der Pkw halbiert und die Infrastruktur für Bahn, Bus und Tram sowie der Fahrradverkehr stark ausgebaut werden. Zudem fordert die DUH eine Filterpflicht für Holzfeuerungsanlagen und die Umsetzung von Emissionsminderungsmaßnahmen in der Landwirtschaft.
Für die Abschätzung der vorzeitigen Todesfälle greift die EEA in diesem Jahr erstmals auf die Empfehlungen in den WHO Air Quality Guidelines aus dem Jahr 2021 zurück. Gesundheitsfolgen, die durch Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Konzentrationen unterhalb der WHO-Grenzwertempfehlungen verursacht wurden, werden dabei nicht berücksichtigt.
„Selbst die neuen EEA-Daten unterschätzen die Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung, da sie nur Belastungen oberhalb der WHO-Grenzwertempfehlungen in den Blick nehmen. Es gibt aber keinen Schwellenwert, unterhalb dessen die Luftverschmutzung keine Auswirkungen auf die Gesundheit hat: So zeigen unter anderem die jüngsten Ergebnisse der ELAPSE-Studie, dass auch eine Feinstaubbelastung unterhalb der WHO-Grenzwertempfehlung mit negativen Wirkungen auf die Gesundheit einhergeht“, erläutert Dorothee Saar, DUH-Leiterin für Verkehr und Luftreinhaltung.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe