Greenpeace-Aktive protestieren vor Kanzleramt

… gegen abgeschwächten Klimaschutz – Neues Klimaschutzgesetz entlässt Ampel aus der Verantwortung
Vor der heutigen Kabinettsabstimmung über das neue Klimaschutzgesetz protestieren Greenpeace-Aktive mit drei etwa zwei Meter großen Affenköpfen vor dem Kanzleramt für Ehrgeiz und Gesetzestreue beim Klimaschutz. Ein Banner mit dem Slogan „Augen zu und Kanzler sein“ verdeckt die Augen des Affen-Torso mit SPD-Logo, „Nie gehört!“ steckt in den Ohren des FDP-Primaten. Der Mund des Affen mit Grünen-Logo versteckt sich hinter dem Schriftzug: „Viel geredet, zu wenig erreicht.“

 

“Mit dem neuen Klimaschutzgesetz will sich die Ampel für den Rest der Legislatur eine Lizenz zum Nichtstun ausstellen”, sagt Greenpeace-Klimaexperte Benjamin Stephan. “Die Bundesregierung und besonders der Verkehr hängen im Klimaschutz weit zurück und erreichen nicht einmal die eigenen Ziele. Wir brauchen eine Regierung, die Menschen vor der Klimakrise schützt und dafür wirksame Maßnahmen ergreift, die Dieselsubventionen abschafft und ein Tempolimit beschließt.”

Mit dem überarbeiteten Klimaschutzgesetz (KSG) streicht die Koalition die bislang verbindlichen CO2-Jahresziele für Bereiche wie Verkehr, Industrie oder Gebäude. Nachgesteuert werden soll erst, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Klimaziele verfehlt werden. Dadurch wird diese Bundesregierung möglicherweise bis zur nächsten Wahl keinerlei zusätzliche Schritte zum Schutz des Klimas umsetzen, obwohl laut offiziellen Prognosen bis 2030 etwa 200 Millionen Tonnen CO2 zu viel ausgestoßen werden – etwa ein Viertel der aktuellen deutschen Jahresemissionen. “Der Gesetzentwurf zeigt, dass Olaf Scholz und die SPD beim Klimaschutz nicht willens oder in der Lage sind, die FDP von ihrer Blockade abzubringen, und die Grünen sich an vielen Stellen nicht durchsetzen konnten”, so Stephan. “Diese Koalition hat Fortschritt versprochen und muss die deutschen Verpflichtungen im Klimaschutz erreichen. Das klappt nur, wenn das Parlament dieses Gesetz grundlegend verbessert.”

Begleitendes Klimaschutzprogramm widerspricht Gesetzeslage

Die für Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität verbleibende CO2-Menge bleibt auch mit dem neuen KSG bestehen. Laut Gesetz muss die Bundesregierung ein Programm mit Maßnahmen vorlegen, mit denen sie diese Gesamtmenge einhält. Das Programm hierfür existiert bislang aber nicht. Vielmehr räumt die Bundesregierung selbst ein, dass nach heutigem Stand bis 2030 eine erhebliche Menge CO2 zu viel ausgestoßen würde. Mit einem so schwachen Maßnahmenpaket verstößt die Bundesregierung gegen das aktuell geltende und gegen den neuen Entwurf des Klimaschutzgesetzes.

Pressemitteilung Greenpeace


Klimaschutz ist Regierungsverantwortung: Kabinett muss Klimalücke schließen

Seltener Klimaschutzprogramme, keine Sektorenziele mehr, keine direkte Haftung der Ministerien und verschwundene Klimaschutzsofortprogramme: Was die Ampel als Weiterentwicklung des Klimaschutzgesetzes (KSG) betitelt, schwächt unter Umständen die Klimaschutzleistung der Regierung. Die Regierung entlässt ihre Ministerien aus der individuellen Verantwortung. Insgesamt will sie erst aktiv werden bei drohenden Überschreitungen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gemäß einer Zukunftsprojektion.

Antje von Broock, Geschäftsführerin Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Mit dem Klimaschutzgesetz in seiner bisherigen Form wurden die Klimaziele nicht eingehalten. Eine Reform war also durchaus angebracht. Statt die Verbindlichkeiten jedoch zu erhöhen, höhlt die Ampel-Regierung das Klimaschutzgesetz aus. Es bleibt die Frage: Wird die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz Verantwortung übernehmen oder will sie den Klimaschutz der nächsten Regierung überlassen?“

Von Broock weiter: „Hitze, Trockenheit, Waldbrände – die Klimakrise zeigt sich an vielen Stellen. Deshalb brauchen wir ein starkes Bundes-Klimaschutzgesetz und keinen Freifahrtschein für unwillige Minister*innen. Ein Gesetz mit verbindlichen Zielen in den Sektoren und wirkungsvollen Nachsteuerungsmechanismen schafft die nötigen Voraussetzungen für eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation Deutschlands und ist die Grundlage für eine lebenswerte Zukunft für alle.“

Zu schwaches Klimaschutzprogramm

Positiv ist, dass das parallel zur Novelle vorgelegte Klimaschutzprogramm die von der Großen Koalition geerbte Klimaschutzlücke nun zu großen Teilen schließt. Es bleiben aber 20 bis 30 Prozent notwendige Emissionsminderungen, auf die das Kabinett keine Antwort weiß. Gemeinsam mit der Klimaallianz Deutschland, ihren Mitgliedsverbänden sowie weiteren Organisationen spricht sich der BUND gegen die Abschwächung des Klimaschutzgesetzes aus.

Von Broock: „Wir brauchen vor Ende dieser Legislatur Sicherheit darüber, wie wir unsere Klimaziele erreichen können. Wir können die Verantwortung nicht weiter aufschieben, SPD, Grüne und FDP sind voll und ganz verantwortlich für unser Klima.“

Hintergrund:
Der BUND hatte im Januar 2023 eine Klage eingereicht gegen die Bundesregierung auf Vorlage ausreichender Sofortprogramme. Eine Änderung des Klimaschutzgesetzes hätte auch juristische Auswirkungen auf unsere Klage. Der BUND behält sich ausdrücklich weitere juristische Schritte vor für den Fall, dass das Klimaschutzgesetz geändert wird.

Pressemitteilung BUND

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