Die Ampel-Regierung will Bürger:innen als Reaktion auf die gestiegenen Energiepreise mit einem Ausgleichspaket steuerlich entlasten. Das vorgelegte Maßnahmenpaket kommentiert Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand Greenpeace Deutschland:
„Die Senkung der Ticketpreise für den öffentlichen Nahverkehr auf 9 Euro pro Monat ist ein starker Anreiz zu einer klimafreundlichen Mobilität. Aber die Ampel versäumt durch den Verzicht auf ein Tempolimit, autofreie Sonntage sowie eine Homeoffice-Pflicht, die Energieabhängigkeit von Putin sofort deutlich zu reduzieren. Der Ausstieg aus dem Heizen mit Gas ist grundsätzlich zu begrüßen, dabei sollte aber bereits ab 2024 jede neue Heizung zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basieren und bei Neubauten ab sofort umgesetzt werden. In den Genuss der Energiepreispauschale werden nur einkommenssteuerpflichtige Erwerbstätige kommen, während Erwerbslose ausgenommen sind, und auch von der Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe profitieren vor allem Vielfahrende. Diese Maßnahmen sind wenig sozial ausgewogen und in hohem Maße unökologisch. Die Ampel hat die Chance verpasst, ein sozial gerechtes Energiegeld für alle zu schaffen.”
Pressemitteilung Greenpeace
Deutsche Umwelthilfe kritisiert so genanntes Entlastungspaket als mangelhaft und teils sogar kontraproduktiv – Tank-Rabatt verstärkt Abhängigkeit von Putins Öl
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die heute (24.3.) im Koalitionsausschuss beschlossenen Maßnahmen gegen die Krise bei fossilen Rohstoffen als „mangelhaft und teils sogar kontraproduktiv“. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine vor genau einem Monat sei klar, dass zur gleichzeitigen Bewältigung der Sicherheits- und Klimakrise nur eines sofort und effektiv helfe: Das sofortige Einsparen von Öl und Gas. Doch das habe die Bundesregierung erneut nicht getan. Mit einem Tankrabatt heize man ganz im Gegenteil den Spritverbrauch und die Abhängigkeit von Russlands Öl sogar noch an. Mit einem Einmal-Steuerbonus würden erneut keine Anreize für Bürgerinnen und Bürger gesetzt, weniger Öl- und Gas zu verbrauchen. Maßnahmen im Gebäudebereich sind hauptsächlich für 2023 und 2024 angekündigt und damit viel zu spät, so die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation.
„Der heute beschlossene Tankrabatt zeigt einmal mehr das Unvermögen der Ampel-Regierung, den Spritverbrauch und damit die Ölabhängigkeit von Russland zu senken und damit gleichzeitig Klimaschutz zu betreiben. Mit dem Verzicht auf ein Tempolimit, das pro Jahr 3,7 Milliarden Liter Benzin und Diesel spart, können wir ab heute nur noch von einem staatlich geförderten Schaurasen gegen den Klimaschutz und für die Finanzierung der russischen Regierung sprechen. Einzig positiv ist die Verbilligung und Vereinfachung der Nutzung von Bahn, Bus und Tram im Nahverkehr durch ein Klimaticket für 9 Euro pro Monat. Eine dauerhafte Wirkung kann dieses aber nur entfalten, wenn es nach Ablauf der drei Monate durch ein bundesweit gültiges, dauerhaftes Klimaticket abgelöst wird und gleichzeitig massive Investitionen in Bus und Bahn erfolgen, damit Menschen wirklich und verlässlich umsteigen“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
„Mit der vorgeschlagenen Energiepreispauschale von 300 EUR verteilt die Bundesregierung knappe Steuermittel mit der Gießkanne. Eine solche Pauschalzahlung ist sozial ungerecht und es fehlt jegliche ökologische Lenkungswirkung. Stattdessen sollten Steuermittel darauf verwendet werden, Energiearmut stärker zu vermeiden und Energiesparen zu ermöglichen. Nur so schafft die Politik soziale Akzeptanz für den Ausstieg aus fossilen Energien“, kommentiert DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
„Im Gebäudebereich setzt das Entlastungspaket positive Signale für einen vorgezogenen Ausstieg aus der Wärmeversorgung mit fossilem Gas. Jedoch fehlt es weiterhin an substanziellen Maßnahmen, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu verringern. Zwar wird der Verweis auf europäische Vorgaben zu den Mindesteffizienzstandards hergestellt, doch an konkreten Schritten zur Umsetzung noch in diesem Jahr fehlt es weiterhin. So aber zementiert Deutschland seine Abhängigkeit von Erdgas mit jedem weiteren Tag anstatt konkret zu handeln. Was es jetzt eigentlich braucht, ist ein sofortiger Start und Turbo für eine Sanierungswelle mit 25 Milliarden Euro staatlicher Förderung pro Jahr“, so Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin.
Die DUH hat bereits ein 15-Punkte-Sofortprogramm für staatliche Maßnahmen zum Öl- und Gassparen vorgestellt. Die Forderung des Verbands für ein Tempolimit von Tempo 100 auf Autobahnen, 80 außerorts und 30 innerorts wird von namhaften Wissenschaftlern wie Stefan Rahmstorf und Martin Hundhausen unterstützt. Damit ließen sich in Deutschland jährlich 3,7 Milliarden Liter Sprit einsparen. Im Umkehrschluss bedeutet das: An jedem weiteren Tag, den die Bundesregierung kein Tempolimit verhängt, werden weitere 10 Millionen Liter Benzin und Diesel unnötiger Weise verbrannt. Auch weitere Beispiele belegen, welch gravierende Folgen das Nicht-Handeln der Ampel-Koalition hat. So dürfen weiterhin Gas-Heizungen sogar im Neubau installiert werden. Allein seit Antritt der Ampel-Koalition wurden mehr als 180.000 Gasheizungen in Deutschland installiert, die jedes Jahr hunderte Millionen Kubikmeter Erdgas pro Jahr verbrauchen.
Hintergrund:
Das von der DUH vorgelegte Sofortprogramm für staatliche Maßnahmen in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Wirtschaft enthält die folgenden Punkte:
Solaranlagen sofort auf alle öffentlichen Dächer
Verbot für Einbau fossiler Heizungen und Wärmepumpen-Booster für den Bestand
Sofort-Start Sanierungswelle
1 Million individuelle Sanierungsfahrpläne
Energieberatungs-Gutscheine für Verbraucherinnen und Verbraucher
Prüfauftrag Temperaturabsenkung in öffentlichen Gebäuden
Pflichten zum Nachrüsten der Gebäudedämmung flächendeckend umsetzen
Energiewende im urbanen Raum: Solarmodule auf Balkone
Tempolimit 100/80/30
Dienstwagenbesteuerung umstellen
Keine Geldgeschenke mehr für Plug-In-Hybride
Einführung 365-Euro-Klimaticket
Verbot von Inlands-Kurzstreckenflügen
Genehmigungs-Booster für Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen
Notfallprogramm Ammoniak-Produktion
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe