Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) will den Ausbau der erneuerbaren Energien mit einem Osterpaket beschleunigen. Das Bundeskabinett befasst sich voraussichtlich heute mit dem EEG und dem Windenergie-auf-See-Gesetz.
Es kommentiert Reenie Vietheer, Greenpeace-Expertin für erneuerbare Energien:
“Habecks Gesetzespaket ist entschlossener als alles, was wir dazu in den vergangenen Jahren gesehen haben. Werden in dem Entwurf noch wesentliche Punkte ergänzt, kann der Ausbau der Erneuerbaren die notwendige Geschwindigkeit aufnehmen.
Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bleibt im Gesetzestext weit hinter Habecks Versprechungen zurück. Sie muss allerdings ein wesentlicher Bestandteil sein. Deshalb muss der Bundestag jetzt sicherstellen, dass die Hürden für Eigenversorgungsmodelle und Stromprojekte von Mieterinnen und Mietern abgebaut werden. Bürger:innengesellschaften müssen in den Ausbau erneuerbarer Energien stärker eingebunden werden und mitgestalten.
Für eine beschleunigte Energiewende ist der Ausbau von Windenergie auf See bedeutend. Dabei müssen die ökologischen Grenzen gewahrt werden. Zudem darf die Beschleunigung nicht dazu führen, dass mehr Biomasse verbrannt wird. Der Bundestag muss die finanziellen Anreize für die Verbrennung von natürlichen Rohstoffen wie Holz streichen.”
Pressemitteilung Greenpeace
Deutsche Umwelthilfe zum Osterpaket für Klimaschutz: Großer Sprung bei Erneuerbaren Energien, komplette Fehlstelle allerdings bei Energieeinsparung in Gebäuden und Versagen im Verkehrssektor
Die Bundesregierung beabsichtigt in ihrer heutigen Kabinettssitzung das sogenannte Osterpaket von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck zu verabschieden, das zahlreiche gesetzliche Regelungen für den Klimaschutz neu fasst. Die Beschlussvorlage ist bereits vorab bekannt geworden.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kommentiert das Osterpaket wie folgt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Bei den Erneuerbaren Energien ist das Osterpaket ein großer Sprung nach vorn. Bis 2035 wird der Stromsektor mit den neuen Ausbauzielen klimaneutral sein. Robert Habeck beschleunigt den Zubau von Wind- und Sonnenenergie deutlich, der wichtige Stromnetzausbau wird auf Klimaneutralität ausgerichtet. Klar ist nun auch, dass die Energiewende und insbesondere Wind- und Sonnenenergie im überwiegenden öffentlichen Interesse sind. Ein Manko bleibt die fehlende Bereitstellung von Flächen: Mindestens 2 Prozent der Landesfläche müssen alleine für den Windenergieausbau reserviert werden. Die gesetzliche Regelung dafür fehlt im Osterpaket. Dies muss nun so schnell wie möglich nachgebessert werden.“
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „In Sachen Energieeinsparung tritt die Bundesregierung auf der Stelle. Es ist eine klaffende Fehlstelle, dass weder für Gebäude noch für Verkehr Maßnahmen im Osterpaket enthalten sind. Das ist dramatisch, denn beide Sektoren haben im vergangenen Jahr ihre Klimaziele verfehlt. Besonders schmerzlich ist, dass die Anhebung des Effizienzstandards im Gebäudebereich, die Sanierungspflicht für den Bestand sowie ein Einbauverbot für Gasheizungen im Neubau fehlen: Darum war in den vergangenen Tagen und Wochen innerhalb der Bundesregierung gerungen worden. Durchgesetzt haben sich offenbar die Bremser von SPD und FDP – in krachendem Widerspruch zum Klimaschutzgesetz und dem erst gerade veröffentlichen Bericht des Weltklimarates. Bauministerin Geywitz bleibt uns damit weiter Antworten schuldig, wie sie die Klimaziele in ihren Verantwortungsbereichen einhalten will. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Kurs in diesen Sektoren zu korrigieren und noch vor dem angekündigten Sommerpaket den Klimaschutz dort sofort und ausreichend anzupacken.“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Ampelregierung versagt im Verkehrsbereich. Die für den Klimaschutz verheerende und einseitig aufs Auto ausgerichtete Verkehrspolitik der Merkel-Regierungen wird fortgesetzt. Es fehlen sämtliche Regelungen und Anreize für eine unmittelbar wirksame Einsparung fossiler Energien und damit die kurzfristige Reduktion der Klimagasemissionen im Verkehrssektor wie die Einführung eines Tempolimits von 100 auf Autobahnen, 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt. Dadurch lassen sich täglich 10 Millionen Liter Diesel und Benzin einsparen, aufs Jahr 3,7 Milliarden Liter und 9,2 Millionen Tonnen CO2. Unverändert soll auch die Förderung von Dienstwagen bleiben. Absurderweise übernimmt Finanzminister Lindner beispielsweise für Porsche-Cayenne-Dienstwagen bis zu 100.000 € pro Fahrzeug. Noch vor dem Sommer müssen unmittelbar wirksame Maßnahmen im Verkehrsbereich beschlossen werden. Sollten diese ausbleiben, müssen wir die Bundesregierung über die anhängige Klimaschutz-Sektorklage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dazu verurteilen lassen.“
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
Osterpaket: Nachbesserungen nötig
Erneuerbare Energien naturverträglich ausbauen
Die Ausbauziele der erneuerbaren Energien im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erhöhen, war dringend nötig. Es fehlen jedoch Lösungen für einen schnellen und zugleich naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren. Nachbesserungen braucht es auch beim Verkehr, bei Gebäuden und der Windenergie auf See.
Das am 6. April vorgestellte Osterpaket stellt auf rund 600 Seiten Gesetzesänderungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Im Mittelpunkt steht das Ziel, die Stromerzeugung in Deutschland bis zum Jahr 2035 ausschließlich aus erneuerbaren Quellen zu schaffen. Gelingen soll dies, indem Ausbauziele für Wind- und Solarenergie erhöht, sowie Genehmigungsverfahren vereinfacht werden.
Bei aller Ambition lässt das Gesetzespaket Energieeinsparungs- und Energieeffizenzpotenziale ungenutzt und droht stattdessen, den Naturschutz zu schwächen. Erwartet wurden ambitionierte Schritte, die erneuerbaren Energien naturverträglich auszubauen und den Ausstieg aus der fossilen Energie zu beschleunigen sowie starke Maßnahmen und Gesetze für substanziellen Klimaschutz. Das ist im Osterpaket nur zum Teil gelungen:
„Die jetzt vorgesehene Erhöhung der Ausbauziele der erneuerbaren Energien im EEG war dringend nötig. Zentrale Hemmnisse für einen schnellen und naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren bleiben jedoch unbearbeitet. Dazu gehören die raumordnerische Auswahl geeigneter Flächen in den Ländern und eine bessere Ausstattung der Planungs- und Genehmigungsbehörden. Die Bundesregierung setzt hier offenbar mit einer Schwächung des Schutzes von Natur und Biodiversität auf die vermeintlich einfachere Lösung, statt die Einigung mit Ländern und Wirtschaft voranzutreiben.“
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
Im Moment ist geplant, erneuerbare Energien einseitig und undifferenziert gegenüber allen anderen Interessen zu bevorzugen und sogar Schutzgebiete dafür zu öffnen. Um den dringend notwendigen höheren Zubau bei den Erneuerbaren erreichen zu können, braucht es naturverträgliche Lösungen. Dazu gehört auch die im Koalitionsvertrag angekündigte Solardachpflicht, deren Umsetzung noch nicht in Sicht ist.
Im Verlauf des Jahres sind weitere Maßnahmen im Rahmen des sogenannten Sommerpakets angekündigt. Spätestens hier muss ein höherer Standard gesetzt werden, insbesondere für den Schutz der Biodiversität. Die aktuell geplanten Kompromisse zur Lösung des Konflikts zwischen Windenergie und Artenschutz skizzieren vor allem ein Zurücksetzen des Natur- und Artenschutzes ohne Folgenabschätzung: Die Abstände zu den Horsten besonders gefährdeter Vogelarten sollen deutlich reduziert, die aus Wissenschaft und Forschung entwickelten bisher gültigen Werte sollen durch politisch entschiedene Werte ersetzt werden. Bekannte und vielfach umgesetzte Vermeidungsmaßnahmen sollen gestrichen werden.
Statt hier mit der Brechstange vorzugehen, fordert der NABU die Klima- und Naturkrise gemeinsam zu lösen. Wichtig ist, beim Ausbau der Windkraft gemeinsame Wege mit den Bundesländern zu finden – und nicht gegen sie zu arbeiten. Hier wird noch deutlich nachgebessert werden müssen. Klar ist: Der Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energien wird nicht von einem Tag auf den anderen möglich sein. Energieeinsparungen und die effiziente Nutzung von Energie sind daher wichtiger denn je.
Nachbesserungen auch bei Verkehr, Gebäuden und Offshore Windenergie
Im vorgelegten Paket werden die Einsparpotenziale durch ein Tempolimit, ambitioniertere Flottengrenzwerte für PKW und ein Autobahnmoratorium jedoch übergangen. Auch bei den Sanierungsstandards für Gebäude fehlt es an klarem Willen. Dabei gäbe es Hebel, mit denen sich eine langfristige Abhängigkeit von fossilen Energieträgern vermeiden ließe: Gasheizungen sollten ab sofort nicht mehr verbaut werden. Auch die Förderung von Holzheizungen muss endlich gestoppt werden – es sind bereits jetzt zu viele.
Nachgebessert werden muss auch beim Windenergie-auf-See-Gesetz. Naturschutz und ökologische Standards sollen laut Paket-Entwurf für den beschleunigten Ausbau der Offshore Windenergie massiv eingeschränkt und sogar Meeresschutzgebiete verplant werden. Das wird der Bedeutung der Meere für den Schutz von Klima und Natur nicht gerecht und widerspricht dem Koalitionsvertrag. Statt den Naturschutz zu attackieren, sollte die Bundesregierung die Überlastung der Nord- und Ostsee durch Fischerei, Schifffahrt und Industrialisierung entschlossen angehen.
Pressemitteilung BUND