Großes Sauerstoffloch in der Tideelbe

Erste Hinweise auf Fischsterben / BUND, NABU, WWF und Rettet die Elbe fordern: „Baggerarbeiten sofort aussetzen“
Mit großer Sorge beobachten das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe und der Verein „Rettet die Elbe“ die seit Tagen fallenden Sauerstoffwerte in der Tideelbe. Erste Meldungen toter Fische deuten auch in diesem Jahr auf den Beginn eines Fischsterbens hin.

 

Die Naturschutzverbände fordern vor diesem Hintergrund kurzfristig einen Stopp aller Maßnahmen, die sich negativ auf den Sauerstoffhaushalt auswirken, allen voran die Unterhaltungsbaggerungen im Hafen. Besonders diese führen lokal zu einer erheblichen Trübung im Gewässer, die sich negativ auf den Sauerstoffhaushalt auswirkt.

Seit dem 18. Juni ist die Sauerstoffkonzentration an der Messstation in Blankenese unter die für Fische kritische Grenze von 4 Milligramm pro Liter Wasser (mg/l) gesunken. Seit dem 21. Juni liegt die Sauerstoffkonzentration dort fast durchgehend unter 3 mg/l und erreicht zeitweise den akut tödlichen Wert von 2 mg/l, der an der Messstation Seemanshöft bereits sogar unterschritten wurde. Fische, die nicht ausweichen können, sterben jetzt in den sauerstoffarmen Bereichen in der Elbe.

Das Sauerstoffloch zu diesem Zeitpunkt bedeutet eine weitere Beeinträchtigung für den Stintbestand, der in den letzten Jahren bereits deutlich eingebrochen ist. Negative Auswirkungen auf die Finte, deren Laichgeschäft unmittelbar unterhalb des Hamburger Hafens auf Höhe Neßsand stattfindet, sind ebenfalls zu erwarten. Ihr Bestand ist ebenfalls als bedroht einzuschätzen, auch wenn die Berichte zum Zustand der Finte von 2018-2020 nach wie vor nicht veröffentlicht und erst für den Sommer angekündigt sind . Besonders gravierend sind die negativen Auswirkungen auf Wanderfischarten wie die Meerforelle, deren Laichwanderung elbaufwärts durch das Sauerstoffloch behindert wird. Die absehbare Folge: Betroffene Meerforellen könnten es in diesem Jahr nicht schaffen, sich fortzupflanzen.

Erste Meldungen von Bürger*innen belegen den akuten Beginn eines Fischsterbens an der Tideelbe: Tote Lachse und sogar ein toter Stör wurden bereits gemeldet. Dies sind zwei Fischartenarten, für die andererseits aufwendige Wiederansiedlungsprogramme betrieben werden. Alle gemeldeten Beobachtungen stellen zwangsläufig nur die Spitze des Eisbergs dar. Denn an einem Strom wie der Elbe wird der überwiegende Teil der toten Fische nie gesichtet.

Eine Besonderheit bei diesem aktuellen Sauerstoffloch ist, dass es besonders groß ist und sich bis über die östliche Messstelle in Bunthaus hinaus erstreckt, wo im Minimum ebenfalls nur knapp über 2 mg/l Sauerstoff gemessen wurden. Das heißt, dass das sauerstoffarme Wasser aus dem Hamburger Hafen aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Flut weit stromauf gelangt. Die ungewöhnlich große Ausdehnung des Sauerstofflochs schätzen die Verbände als besonders gravierend ein.

“Wir fordern die politisch Verantwortlichen zum Handeln auf. Die Baggerarbeiten mit ihren erheblichen negativen Einflüssen auf die sensible Tideelbe müssen sofort gestoppt werden. Für eine dauerhafte Erholung des schwer angeschlagenen Flusses und seiner Bewohner sollte im Sinne einer nachhaltigen Schifffahrts- und Hafenpolitik die im Rahmen der Elbvertiefung ausgebaggerte Fahrrinnentiefe nicht aufrechterhalten werden“, fordern die Verbände BUND, NABU, Rettet die Elbe und der WWF. Auch Deutschland habe sich zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, die einen guten Zustand anstrebt. Angesichts der stetigen Eingriffe in das Gewässer sind Politik und Verwaltung von diesem Ziel weit entfernt.

Die Naturschutzverbände wollen das Fischsterben sichtbar machen und rufen alle Bürger*innen dazu auf, ihre Beobachtungen von toten Fischen unter Angabe des Fundorts sowie mit Fotos an fischsterben@nabu-hamburg.de zu melden. Diese Daten werden im Falle von Fischarten wie dem Lachs und dem Stör an die entsprechenden Wiederansiedlungsprojekte gemeldet und sollen zusätzlich dazu genutzt werden, um das jährliche Fischsterben an der Tideelbe bildhaft zu dokumentieren.

Pressemitteilung BUND Hamburg

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