Die Bundesministerien für Umwelt unter Svenja Schulze (SPD) und für Landwirtschaft unter Julia Klöckner (CDU) haben sich auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der die Verteilung der jährlich sechs Milliarden Euro an EU-Fördermitteln im Agrarsektor ab dem Jahr 2023 regeln soll.
Es kommentiert Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken:
„Das ist endlich ein Fortschritt für eine nachhaltige Landwirtschaft. Die grünen Landesagrarminister:innen und Bundesumweltministerin Svenja Schulze haben den Gesetzentwurf von Julia Klöckner wesentlich verbessert. Landwirtschaftliche Betriebe sollen künftig für den Erhalt der ökologischen Vielfalt auf dem Acker und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen gezielt gefördert werden. Jetzt kommt es auf die SPD-Bundestagsfraktion an, diesen Fortschritt im Kampf gegen das Artensterben auch gegen die Vertreter:innen der Agrarlobby im Bundestag durchzusetzen.
Damit die Pariser Klimaziele erreicht werden können, muss in der Landwirtschaft jetzt dringend gehandelt werden. Im vorliegenden Gesetzentwurf fehlen jedoch geeignete Maßnahmen, um die Treibhausgase aus der Landwirtschaft wirkungsvoll zu reduzieren und den Sektor widerstandsfähiger gegen die Klimakrise zu machen. Völlig unverständlich bleibt, warum auch in Zukunft Konzerne wie RWE, Bayer und Südzucker mit Agrarfördermitteln in Millionenhöhe subventioniert werden sollen, statt diese Steuergelder für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft einzusetzen.”
Pressemitteilung Greenpeace
Schulze: Umweltleistungen der Landwirtschaft werden endlich stärker honoriert
Bundeskabinett bringt Gesetze zur Umsetzung der EU-Agrarförderung in Deutschland auf den Weg
Das Bundeskabinett hat heute weitgehende Änderungen bei der Verteilung der EU-Agrarfördermittel für die nächsten Jahre beschlossen.
Das Bundesumweltministerium hatte sich in der Abstimmung mit dem federführenden Bundeslandwirtschaftsministerium intensiv in die Gestaltung der Umwelt-Architektur der Gesetze eingebracht. Dabei wurden wichtige Fortschritte für den Umweltschutz erreicht: So wird ab 2022 ein größerer und stetig wachsender Anteil der Mittel für die Förderung des Ökolandbaus, für Agrarumweltschutzmaßnahmen und das Tierwohl reserviert. Zudem wird ab 2023 jährlich mehr als eine Milliarde Euro – ein Viertel der Direktzahlungen – eingesetzt, um Landwirtinnen und Landwirte für Leistungen zu honorieren, die sie für den Umweltschutz erbringen.
Bundesumweltministerin Schulze: „Die Zeiten, in denen Steuermittel für die Landwirtschaft weitgehend ökologisch blind als Flächenprämien verteilt wurden, gehen dem Ende zu. Mit den heutigen Beschlüssen sind uns wichtige Fortschritte gelungen, für die wir im Bundesumweltministerium lange gekämpft haben. Mit diesen Änderungen beginnt ein Systemwechsel, den unsere Umwelt dringend braucht, der aber auch der Landwirtschaft in Deutschland eine sicherere Zukunft geben kann. Die konkreten Leistungen der Landwirtschaft für Umweltschutz, Klima und Artenviefalt werden künftig viel stärker honoriert als bisher. In der Ressortabstimmung sind hier noch wichtige Verbesserungen gelungen: So sollen Landwirtinnen und Landwirte künftig mehr Geld erhalten, wenn sie auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel verzichten. Auch wer zum Beispiel die Natur auf Wiesen und Weiden schützt, vielfältige Fruchtfolgen anbaut oder in Naturschutzgebieten umweltschonend wirtschaftet, kann künftig dafür honoriert werden. Es bleibt noch viel zu tun für den Umweltschutz in der Agrarlandschaft, aber mit dieser Reform ist ein guter Einstieg gelungen. Meine Hoffnung ist, dass wir uns gemeinsam auf diesen Weg machen. Denn Umweltschutz und Landwirtschaft brauchen einander, um erfolgreich zu sein.“
Insgesamt werden in Deutschland derzeit jährlich rund sechs Milliarden Euro EU-Agrarfördermittel verteilt. Bislang wurde der größte Teil davon (78 Prozent) als Flächenprämie ausgeschüttet, also weitgehend unabhängig von den Folgen für Umwelt und Landschaft. Ab 2022 wird dieser flächenbezogene Anteil nun schrittweise durch neue Ansätze ersetzt und sinkt bis zum Jahr 2026 zunächst auf 51 Prozent.
Zentrales neues Instrument sind die Öko-Regelungen, über die 25 Prozent der Direktzahlungen ab 2023 eingesetzt werden. Das entspricht mehr als eine Milliarden Euro pro Jahr. Dabei können Landwirtinnen und Landwirte aus einem Katalog von Umweltschutzmaßnahmen auswählen. Dazu zählt zum Beispiel ein Schutzgebietsbonus für ökologische Leistungen in Natura-2000-Gebieten. Weitere Ökoregelungen belohnen vielfältige Acker-Fruchtfolgen, blütenreiche Wiesen und Weiden oder den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Die Details dieser Regelungen sollen von Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium im Einvernehmen per Verordnung ausgearbeitet werden.
Deutlich mehr Geld gibt es auch für die Förderung des Ökolandbaus und die Finanzierung von Agrarumweltmaßnahmen und mehr Tierwohl über die sogenannte zweite Säule. Bislang werden sechs Prozent der Direktzahlungsmittel in die zweite Säule umgeschichtet – das sind rund 300 Millionen Euro. Ab 2022 werden dies acht Prozent sein, also rund 95 Millionen Euro zusätzlich. Damit geht das Bundeskabinett noch über die in der Agrarministerkonferenz der Bundesländer gefundene Einigung hinaus. Ab 2023 greift dann ein schrittweiser jährlicher Aufwuchs von zehn Prozent im Jahr 2023 bis hin zu 15 Prozent im Jahr 2026, auf den sich bereits die Agrarministerkonferenz verständigt hatte.
Wichtige Verbesserungen gibt es auch für Schäfer und andere Weidetierhalter, deren Leistungen für den Naturschutz unverzichtbar sind. Weidetierhalter besitzen oft keine oder nur sehr wenig Flächen und erhalten daher auch kaum Flächenprämien. Künftig soll es ein Prämienfür bestimmte Weidetiere geben, so dass zum Beispiel die ökologisch wertvolle Schafhaltung endlich besser honoriert wird.
Als Grundbedingung („Konditionalität“) für alle Zahlungen gelten künftig erweiterte Anforderungen: So müssen drei Prozent der Ackerflächen für Brachen oder Gehölzstreifen zur Verfügung gestellt werden. Dauergrünland muss erhalten werrden und darf in Natura-2000-, Feucht- und Moorgebieten nicht umgewandelt oder gepflügt werden.
Wie gut die neuen Instrumente für den Umweltschutz wirken, soll schon 2024 vom Bundeskabinett evaluiert werden. Es besteht damit die Möglichkeit, noch während der nächsten Förderperiode weitere Reformschritte in der Agrarförderung vorzunehmen.
Das Gesetzespaket wird nun von Bundestag und Bundesrat beraten. Anschließend muss Deutschland noch in diesem Jahr seinen Umsetzungsplan der EU-Kommission zur Genehmigung vorlegen.
Pressemitteilung Bundesumweltministerium https://www.bmu.de
Foto: Ackerstreifen auf einer Insel der dänischen Südsee © WUZ