Über 10 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz gestellt
Mit einem bundesweiten Rekord setzt Hamburg neue Maßstäbe im Naturschutz: Durch die Erweiterung der bestehenden Naturschutzgebiete Kirchwerder Wiesen und Boberger Niederung erreicht die Hansestadt mit dem heutigen Senatsbeschluss als erstes Bundesland die 10-Prozent-Marke an Naturschutzgebietsfläche. Über ein Zehntel der Fläche Hamburgs ist damit nun nachhaltigem Naturschutz gewidmet.
Die unter strengem Naturschutz stehende Fläche in Hamburg wird durch die Erweiterungen der beiden Naturschutzgebiete von derzeit jetzt 9,83 auf 10,24 Prozent der Landesfläche anwachsen. Die Schutzgebiete wachsen um insgesamt 312 Hektar, davon 203 Hektar im Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen und 109 Hektar in der Boberger Niederung. Damit weist das NSG Kirchwerder Wiesen nun eine Gesamtfläche von 1.060 Hektar auf und ist das größte Hamburgs. Gleichzeitig ist es das einzige, das mehr als 1.000 Hektar umfasst. Das NSG Boberger Niederung wächst jetzt auf 464 Hektar an. Insgesamt umfassen die Naturschutzgebiete in Hamburg eine Fläche von 7.733 Hektar.
Die Erweiterungen der Naturschutzgebiete sind ein entscheidender Schritt, um Hamburgs ökologische Ziele zu erreichen. Sie sichern nicht nur wertvolle Lebensräume, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Artenvielfalt und des Naturerbes für kommende Generationen. Zudem stärken diese Flächen die Funktion naturnaher Landschaften als Kohlenstoffspeicher und tragen so zum Klimaschutz bei. Natur und Landschaft in Hamburg sind wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen und bieten einen hohen Erholungswert für die Bevölkerung. Vor dem Hintergrund wachsender Nutzungsansprüche kommt Hamburg eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität auf verbleibenden, für Flora und Fauna bedeutsamen Flächen zu.
Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft: „Hamburg bleibt eine grüne Stadt. Wir haben heute einen Meilenstein erreicht, auf den unsere Stadt stolz sein kann und auf den auch ich ganz persönlich sehr stolz bin: Mehr als zehn Prozent der Fläche Hamburgs sind mit dem heutigen Tag unter Naturschutz gestellt. Diese bundesweit einzigartige Zahl unterstreicht den Erfolg einer jahrelangen ambitionierten Umweltpolitik. Hamburg nimmt damit eine Vorreiterrolle für nachhaltigen Naturschutz ein und trägt zur Sicherung der biologischen Vielfalt und der Lebensräume für kommende Generationen bei. Insgesamt steht in Hamburg nun eine Fläche so groß wie 20-mal der Ohlsdorfer Friedhof oder 48-mal die Außenalster unter Naturschutz.“
Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen
Die naturschutzfachliche Bedeutung der etwa 203 Hektar großen Erweiterungsfläche des NSG Kirchwerder Wiesen liegt in ihrem wertvollen Biotop- und Arteninventar der weitgehend offenen Marschlandschaft. Diese weitläufige Landschaft ist geprägt durch eine traditionelle Grünlandnutzung, die von einem engmaschigen Netz aus Gräben durchzogen ist. In dieser extensiven Wiesen- und Weidelandschaft fühlen sich Wiesen- und Rastvögel sowie Amphibien, Heuschrecken und Libellen wohl. Von Bedeutung sind hier Vogelarten wie Bekassine, Uferschnepfe, Kiebitz, Feldlerche und Weißstorch. Gerade diese Arten sind bei der Nahrungssuche auf feuchte und dadurch weiche Böden des Grünlandes angewiesen und benötigen offene, weite Flächen als Brutreviere. Für den Bruterfolg dieser Arten ist es wichtig, dass die Tiere möglichst ungestört sind. Das engmaschige Mosaik an unterschiedlichen, naturschutzfachlich wertvollen Grabentypen, Wettern und der Gose-Elbe bietet einen vielfältigen Lebensraum für seltene und gefährdete Arten wie die Zierliche Tellerschnecke, Grüne Mosaikjungfer, Moorfrosch, Schlammpeitzger, Steinbeißer und Bitterling sowie Wasserfledermaus, Biber und Fischotter. Floristisch sind auf den extensiven Wiesen insbesondere die großen Bestände des seltenen und gefährdeten Klappertopfs hervorzuheben, während in den Gräben gefährdete Arten wie der Froschbiss und die Krebsschere heimisch sind. Die Kombination aus gezielten Pflegemaßnahmen und Vertragsnaturschutz garantiert den langfristigen Erhalt dieser wertvollen Habitate. Ein weiteres, besonders schützenswertes Element ist die Gose-Elbe. Dieser naturnahe ehemalige Nebenarm der Elbe ist von historischen Sommerdeichen umgeben und bietet dem größten Vorkommen der geschützten Schachblume mit etwa 8.000 Exemplaren ein Zuhause. Insgesamt leistet das Gebiet somit einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität in der Region. Aufgrund des Vorkommens mehrerer Arten und Lebensraumtypen von europäischer Bedeutung soll das vergrößerte Naturschutzgebiet wie bislang auch deckungsgleich als Gebiet der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) gegenüber der Europäischen Kommission benannt werden und erhält somit auch den höchsten europäischen Schutzstatus.
Naturschutzgebiet Boberger Niederung
Die Erweiterungsfläche der Boberger Niederung umfasst 109 Hektar und liegt vor allem im Bereich des Billebogens. Das Gebiet ist ein herausragendes Beispiel für eine seit Jahrhunderten naturnah erhalten gebliebene Kulturlandschaft. Durchflossen von der in diesem Abschnitt besonders naturnahen Bille bietet dieser Talraum mit seinen extensiv genutzten, gewässerdurchzogenen Grünländern Lebensraum für viele seltene Arten. So zeichnet sich der Norden des Billebogens durch langjährig bestehende Ausgleichsflächen in Form von extensiv genutztem Grünland mit nassen Senken und einem welligen Relief aus, das von zahlreichen Gräben durchzogen ist. Zusammen mit eingestreuten Kleingewässern bilden jene Laichhabitate für die Kreuzkröte, die in der Boberger Niederung ihr letztes Vorkommen in Hamburg besitzt. Außerdem bieten sie Lebensraum für die in Hamburg gefährdete Knoblauchkröte und den Kammmolch. Südlich schließen sich ehemals intensiv genutzte Acker- und Wiesenflächen an, die größtenteils durch Ausgleichsmaßnahmen in extensiv bewirtschaftetes Grünland umgewandelt wurden und dadurch einen besseren Lebensraum für gefährdete Wiesenvögel wie Feldlerche und Kiebitz bieten. Beim Talraum der Bille handelt es sich um ein ausgesprochen schutzwürdiges Landschaftsensemble aus Fließgewässer, Wiesen, Weiden, Brachen, Feldgehölzen und Auwald. Das kulturhistorisch bedeutsame Beet-Grabenrelief ist in der ehemaligen Außendeichsfläche der Bille immer noch erlebbar. Die Bille ist durch ihre Vielfalt an Wasserpflanzen und uferbegleitenden Hochstaudenfluren und Röhrichten sehr naturnah ausgebildet. Auch der Eisvogel, der Bitterling und die Sumpfschrecke kommen hier vor. Auf den im Süden an die Bille angrenzenden Grünlandflächen finden sich noch das Wiesen-Schaumkraut und Brutreviere von Vogelarten der halboffenen Kulturlandschaft wie Sumpfrohrsänger, Nachtigall und Dorngrasmücke. Auf einem Großteil dieser Flächen erfolgen naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang ist eine weitere Förderung von extensiv genutztem, artenreichem Grünland mit gut ausgebildeter Beetgrabenstruktur vorgesehen.
Pressemitteilung Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA)
Über 10 Prozent Hamburgs stehen unter Naturschutz
Jasberg: „Versprechen gehalten: Mehr Natur bedeutet mehr Lebensqualität“
Über zehn Prozent der Hamburger Stadtfläche steht nun unter Naturschutz – das hat Umweltsenator Kerstan heute auf der Landespressekonferenz verkündet. Durch die Erweiterung der Naturschutzgebiete Kirchwerder Wiesen und Boberger Niederung erreicht Hamburg die Zehn-Prozent-Marke als erstes Bundesland. Mehr Natur in der Stadt bedeutet eine höhere Lebensqualität für Alle. Der Ausbau von Naturschutzgebieten und das Zehn-Prozent-Ziel ist ein zentrales Versprechen grüner Politik. Für die Grüne Fraktion ist der heutige Beschluss ein wichtiger Schritt, um Hamburg zu einer Großstadt mit viel Platz für Erholung im Grünen zu machen.
Dazu Jennifer Jasberg, Vorsitzende der Grünen Fraktion Hamburg: „Mehr Grün in unserer Stadt ist für alle ein großer Zugewinn: Die Menschen in Hamburg profitieren von der Erholung in der Natur, von weiten Wiesen und schattenspendenden Bäumen. Es geht uns allen einfach besser, wenn wir regelmäßig Zeit im Grünen verbringen können. Zugleich schützen Naturschutzgebiet das Klima und die Artenvielfalt. Wir Grüne haben uns deshalb von Anfang an für einen konsequenten Ausbau eingesetzt: Zehn Prozent Naturschutzfläche ist ein zentrales Versprechen grüner Politik. Umso stolzer macht es uns, dass der Senat unter Federführung von Umweltsenator Jens Kerstan diesen Ausbau konsequent umgesetzt hat und heute das Erreichen des Zehn-Prozent-Ziels verkünden konnte. Das ist ein großer Erfolg. Als Bergedorferin kann ich direkt vor Ort sehen, welchen großen Zugewinn die dortigen Naturschutzgebiete Boberger Niederung und Kirchwerder Wiesen bedeuten und freue mich sehr über ihre Erweiterung. Der heutige Beschluss ist auch eine gute Nachricht für die vielen Arten, die hier ihr Zuhause haben, etwa der seltene Ameisenlöwe in den Boberger Dünen. Mehr Natur in der Stadt heißt mehr Lebensqualität für Alle. Wir werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass weitere Naturschutzgebiete geschaffen werden und Hamburg eine wunderschöne, grüne Stadt bleibt.“
Pressemitteilung Grüne Bürgerschaftsfraktion