Auf Einladung der Grünen hat der dänische Fahrradvordenker Klaus Bondam über den Umbau Kopenhagens zur Fahrradstadt berichtet und Tipps zum Nachahmen in Hamburg gegeben. Bondam (50) war 2006-2009 technischer Bürgermeister von Kopenhagen hat maßgeblich den Umbau zu einer Vorzeigestadt bei Klimaschutz und Lebensqualität vorangetrieben. Bondams wichtigste Stellschraube dabei war die Steigerung des Radverkehrs – der liegt inzwischen bei 33 Prozent. Hamburg kommt auf 12 Prozent. Derzeit ist Kopenhagen europäische Umwelthauptstadt – wie Hamburg 2011.
Dr. Till Steffen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt: „Das Beispiel Kopenhagen zeigt, dass ein deutliches Bekenntnis zu mehr Radverkehr die Lebensqualität einer Stadt steigert – und gleichzeitig dem Klima hilft. Mehr Räder auf der Straße bedeuten weniger Autos, weniger Luftschadstoffe, weniger Lärm, mehr Grün und mehr Platz für Begegnungen.
Dreh- und Angelpunkt ist eine andere Verkehrspolitik, die den Radverkehr fördert und dafür den Platz in der Stadt anders verteilt. Wir Grünen möchten dies vorantreiben und Hamburg zur Fahrradstadt umbauen. 25 Prozent Rad-Anteil auf der Straße bis 2025 ist unser Ziel. Um dies zu schaffen, haben wir einen 20-Punkte-Plan vorgelegt. Der Radverkehr braucht Vorfahrt – auf den Velorouten, in den Köpfen, in der Politik.“
Klaus Bondam, ehemaliger technischer Bürgermeister Kopenhagen und Vorsitzender des dänischen Fahrradverbands, erklärte in einem Vortrag im Museum für Arbeit: „Für mich ist das Fahrrad nicht einem linken oder rechten Flügel der Politik zuzuordnen. Fahrräder sind Teil der Antwort auf viele der heutigen Herausforderungen mit Staus, Gesundheit, Klima, etc. – unabhängig davon, welche politische Partei man wählt. Wenn wir Städte für Menschen gestalten – und nicht für den Verkehr, können wir lebenswerte Städte mit Platz für Fußgänger und Fahrräder bauen. Ich glaube, das haben wir in Kopenhagen in der vergangenen Dekade gut gemacht, und die Pläne, die ich für Hamburg gesehen habe, scheinen sehr ehrgeizig. Man braucht den politischen Willen, um konventionelles Denken zu ändern. Aber genau das müssen wir tun, wenn wir Städte entwickeln wollen, in denen die nächsten Generationen leben können.“
„For me, bicycles are not a question related to a left or right wing political discussion. Bicycles are part of the answer to many of today’s challenges with congestion, health, climate etc. regardless of which political party, you are voting on. When designing cities for people – and not traffic – we can create liveable cities with space for pedestrians and bicycles. I think, we have been doing good in Copenhagen the last decade, and the plans I have seen for Hamburg seem very ambitious. It takes political will to change conventional thinking, but we need to do so, if we want to create cities that the next generations can live in.“
Obwohl Hamburg oft nach Kopenhagen blickt, gibt es keinerlei Anzeichen, dass der Senats in der Verkehrsplanung und beim Klimaschutz von Kopenhagen lernen will. Till Steffen erklärt weiter: „Der Senat schmückt sich mit einer Reise der Bezirksamtsleiter nach Kopenhagen. Doch der Lerneffekt ist gleich Null, wie die jüngste uninspirierte Planung der Fahrradstraßen an der Außenalster zeigen. Zu mehr als zum Schilderaufhängen kann sich dieser Senat nicht durchringen. Für Senator Horch ist Radverkehrsförderung ein Abfallprodukt bei der Busbeschleunigung und manchmal bei der Straßensanierung – mehr nicht.“
Hintergrund
Die Grünen haben einen Antrag mit 20 Forderungen eingereicht, der auf der nächsten Bürgerschaftssitzung Thema ist. Die 20 Maßnahmen auf einen Blick:
1. Investitionsschwerpunkt
2. Ziel: Anteil des Radverkehrs bis 2025 auf 25 Prozent steigern
3. bei Straßenbaumaßnahmen wird bisherige Aufteilung der Verkehrsflächen hinterfragt, Radverkehr angemessen berücksichtigt, z.B. durch Abmarkierung von Radfahrspuren
4. Radschnellweg-Netz
5. Durchgängige Velorouten – mit Vorfahrt
6. Baustellenmanagement auf Radverkehrsanlagen
7. Konzept für weitergehendes Veloroutennetz
8. Fahrradampeln
9. größere Aufstellflächen an Knotenpunkten und Einmündungen
10. Grüne Welle für ausgewählte Radrouten, querender KFZ-Verkehr muss Grünphase auslösen (Pilotprojekte)
11. 50 neue StadtRad-Stationen
12. StadtRad-Fuhrpark erweitern (E-Bikes, Lastenfahrräder oder Räder mit Kindersitz)
13. Konsequentere Ausweisung von Tempo 30 in Wohngebieten und Nebenstraßen
14. Mehr Daten bei Straßensperrungen sammeln
15. mehr Fahrrad-Abstellflächen mit Dach als ohne
16. Gleichstellung von Bike+Ride-Nutzung mit Park+Ride
17. Pkw-Stellplätze wo sinnvoll in Fahrradabstellflächen umwandeln
18. bei Erschließung neuer Hochbauten große Fahrradabstellflächen auf öffentl. Flächen berücksichtigen
19. Radfahr-Zählsäulen aufstellen
20. Kampagne (Presse, Werbung, Verkehrserziehung) zur Förderung des Radverkehrs auflegen
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion
Foto: Radweg in Kopenhagen (c) WUZ