Hamburg: Zwischenbericht zum Klimaplan + Reaktionen

Rückgang der CO2-Emsission, Maßnahmenpaket wird wirksam
Der Senat hat heute die erste Berichterstattung zum Hamburger Klimaplan von 2019 vorgelegt. In der damaligen Ersten Fortschreibung waren als neue Ziele eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent und um mindestens 95 Prozent bis 2050 gesetzt worden (Basisjahr 1990). Für die kommende Zweite Fortschreibung des Klimaplans ist bisher eine Verschärfung dieser Ziele auf 70 Prozent bis 2030 geplant.

 

Aus der Berichterstattung wird deutlich, dass der Senat sein Ziel aus dem Masterplan Klimaschutz von 2013 erreicht hat, bis 2020 gegenüber 2012 rund zwei Millionen Tonnen CO2 einzusparen.

Fast 90 Prozent der im Klimaplan 2019 festgeschriebenen Maßnahmen wurden inzwischen entweder begonnen, sind in Vorbereitung oder bereits umgesetzt. Darunter sind Maßnahmen wie der weitere Ausbau von Mobilitätshubs (hvv switch Punkte), der Aufbau eines Clusters Wasserstoffwirtschaft, die Machbarkeitsstudie zur Erreichung der Klimaschutzziele im Bereich der Wohngebäude oder ein Förderkonzept für die Nachverdichtung von Wärmenetzen im Gebäudebestand.

In allen Transformationspfaden sind seit Beschluss der Ersten Fortschreibung im Jahr 2019 neue Maßnahmen hinzugekommen. Der Senat hat mit den bisherigen Maßnahmen wichtige Schritte zur Transformation eingeleitet. Zahlreiche Maßnahmen werden mit fortschreitender Umsetzung in den Folgejahren zu CO2-Einsparungen führen.

Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft: „Klimaschutz ist und bleibt die herausragende politische und gesellschaftliche Aufgabe, der wir uns auch in Krisenzeiten wie diesen mit aller Kraft stellen müssen. Wir sind mit dem Klimaplan inzwischen auf einem guten Weg und haben 2019 mit der Fortschreibung einen Neustart hingelegt, bei dem die Zielsetzungen erstmals mit Maßnahmen unterlegt und behördenübergreifende Sektorverantwortlichkeiten getroffen wurden. Die CO2-Einsparungen können sich trotz Corona-Effekten sehen lassen. Der Zwischenbericht weist eine Vielzahl von Maßnahmen aus, die auf den Klimaschutz und die Klimaanpassung in der Stadt einzahlen. Fast 90 Prozent der Maßnahmen wurden entweder begonnen, sind in Vorbereitung oder bereits umgesetzt. Wir sanieren unsere Schulen, setzen bei Bus und Bahn auf einen emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr und haben uns mit Wohnungswirtschaft und Industrie auf mehr Klimaschutz verständigt. Ich bin besonders froh, dass jetzt unser Konzept für den Kohleausstieg durch die Ersatzkonzepte für Wedel und Tiefstack bis spätestens 2030 im Detail steht. Unsere öffentlichen Unternehmen spielen dabei in der Energiewende eine herausragende Rolle und setzen mit dem Energiepark Hafen und den Energiepark Tiefstack Maßstäbe für eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung für Hunderttausende Haushalte in unserer Stadt. Wir werden nun im nächsten Schritt den Klimaplan fortschreiben und das Klimaschutzgesetz novellieren und – wie auf Bundesebene schon geschehen – die Ziele im Bereich Klimaschutz verschärfen. Wirksamer Klimaschutz verlangt uns allen etwas ab, wir werden dabei auf eine gerechte und sozial ausgewogene Verteilung der Lasten achten. Und wir werden Hamburgs Unabhängigkeit von allen fossilen Brennstoffen konsequent vorantreiben.“

Die im September 2022 veröffentlichte Verursacherbilanz des Jahres 2020 zeigt, dass mittlerweile eine CO2-Reduktion von 34,7 Prozent gegenüber 1990 erreicht werden konnte. Zur Fortschreibung des Klimaplans in 2019 waren es noch 20,8 Prozent für das Jahr 2017. In den letzten drei Jahren bis 2020 konnten somit laut Verursacherbilanz fast drei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Für die Zielerreichung in den unterschiedlichen Bereichen sind verschiedene Fachbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeiten verantwortlich, daneben sind seitens der Stadt weitere Fachbehörden, alle Bezirke sowie eine Reihe von öffentlichen Unternehmen beteiligt.

Steigende Temperaturen, Starkregen, Dürre und der Meeresspiegelanstieg stellen die Stadt vor große Herausforderungen. Zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels werden Maßnahmen umgesetzt, die die Stadt und die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen schützen. Hierzu wurde in der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft eine Stabsstelle Klimafolgenanpassung/RISA eingerichtet. RISA, die RegenInfraStrukturAnpassung, ist ein zentraler Prozess zum zukunftsfähigen Umgang mit Regenwasser. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem die Starkregenhinweiskarte veröffentlicht und – in Zusammenarbeit mit den bezirklichen Dienststellen – konkrete Maßnahmen zur Starkregenvorsorge ausgearbeitet, die in den nächsten Monaten umgesetzt werden. So soll beispielsweise am Wiesenweg im Bezirk Wandsbek die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts durch Starkregenereignisse durch die Schaffung von Rückhalteräumen zukünftig minimiert werden. Für Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer gibt es einen kostenlosen Klimaanpassungs-Check vor Ort durch die Hamburger Energielotsen. Der mit dem Blauen Kompass preisgekrönte Expertenkreis der BUKEA und der Handwerkskammer Hamburg sorgt für einen intensiven Austausch von Handwerksbetrieben, um Kundinnen und Kunden in Bezug auf Vorsorgemaßnahmen beraten zu können.

Die Stadt wird zudem ihrer Vorbildfunktion beim Klimaschutz gerecht. Öffentliche Gebäude und vor allem die Schulen werden fortlaufend saniert, bis 2030 soll die Landesverwaltung einschließlich des öffentlichen Fuhrparks klimaneutral organisiert sein.

Bei der anstehenden Fortschreibung des Klimaplans wird es nun darum gehen, insbesondere die energetische Sanierung des Gebäudebestandes und eine klimaneutrale Wärmeversorgung von Gebäuden ohne Fernwärmeanschluss in den Fokus zu nehmen. Hier steht Hamburg in der Umsetzungsverantwortung, genauso wie bei der Mobilitätswende. Der Umweltverbund aus Bahn, Bus, Fahrrad und Fußgänger:innen wird weiter gestärkt; zentrale Bausteine dafür sind die komplette Umstellung der Busflotte auf emissionsfreie Fahrzeuge und die Einführung des Hamburg-Takts bis 2030. Um den Herausforderungen bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels gerecht zu werden, entwickelt die Stadt eine eigenständige Klimaanpassungsstrategie.

Pressemitteilung der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA)


NABU-Kommentierung zur Umsetzung des Klimaplans

Siegert: „Niedrige Ziele sind leicht einzuhalten“

Auf der Landespressekonferenz hat Umweltsenator Jens Kerstan heute den Zwischenbericht zur ersten Fortschreibung des Klimaplans und den Status Quo der Umsetzung vorgestellt. Dass der Bericht für die Öffentlichkeit zu seiner eigenen Vorstellung selbst noch nicht vorliegt, ist ärgerlich. Zusätzlich kündigt der Senat an, das CO2-Minderungsziel auf 70 Prozent bis 2030 „verschärfen“ zu wollen, nennt aber heute noch keine Maßnahmen wie dieses Ziel zu erreichen ist.

Für die Einhaltung des 1,5 Grad Budgets müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um 85 Prozent sinken.

Dazu Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg:

„Sowohl in die Vergangenheit, als auch in die Zukunft geblickt: Niedrige Ziele sind leicht einzuhalten. Das bringt uns aber leider nicht weiter, wenn die Ziele zu unambitioniert sind. Dass der Senat weder einen Bericht vorlegt, noch zusätzlich Maßnahmen zur Umsetzung der neuen Ziele nennen kann, ist enttäuschend. Da kann man sich die Pressekonferenz eigentlich sparen.

Der goldene Oktober hat die Schönheit der Natur noch mal besonders in Szene gesetzt. Laut Deutschem Wetterdienst haben wir in Hamburg allerdings gerade den wärmsten Oktober seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt. Die Erderwärmung ist tragische Realität, deren Konsequenzen noch weitaus schlimmer werden, als Sommerwetter im Herbst. Das, was uns fehlt, ist Zeit für die Umsetzung.“

Pressemitteilung NABU Hamburg


Klimazwischenbericht: Ein Blindflug ohne Ambitionen

Senat bleibt blank, ob es signifikante Reduktionen auch ohne Pandemieeffekte gab / Verantwortungsvolle Politik muss Verkehr auf der Straße und in der Luft dauerhaft reduzieren.

Auch nach elf Monaten liegt noch immer der verspätete Klimazwischenbericht zur heutigen Landespressekonferenz nicht vor. Immerhin besteht die Absicht diesen in den kommenden Wochen zu veröffentlichen. Er wird auch lückenhaft bleiben und wesentliche Fragen unbeantwortet lassen: Nach eigenen Angaben wird der Senat erst 2023 wissen, ob in den vergangenen Jahren dauerhafte Einsparungen jenseits von Covid-Effekten erreicht werden konnten. Unbestritten ist bereits jetzt zu erkennen, dass die Emissionen nach der Hochphase der Pandemie wieder deutlich ansteigen.

„Der Hamburger Senat hat offensichtlich für sein neues Klimaziel von 70 Prozent Reduktion ein eklatantes Monitoring-Problem“, so Lucas Schäfer, Landesgeschäftsführer BUND Hamburg.

„Für alle Maßnahmen braucht es künftig ein deutlich engmaschigeres Controlling mit mehr Personal, einer besseren Finanzaustattung und klaren, auch unpopulären gesetzlichen Vorgaben. Die Überraschung, 2030 festzustellen, dass man die Ziele nicht erreicht hat, können wir uns nicht erlauben“, so Schäfer. Die bisher erreichten Reduzierungen der Hamburger CO2-Emissionen gegenüber 1990 lagen im Jahr 2020 bei rund 35 Prozent. Das ist eine signifikante Divergenz zum Senatsziel von 55 Prozent und noch mehr zum neuen Ziel von 70 Prozent. Für dieses neue Reduktionsziel bräuchte es das dreifache Tempo bei den Maßnahmen als bisher.

Im Luftverkehr sind die Emissionen ursächlich wegen des annähernd vollständig eingestellten Flugverkehrs gesunken. Dies will selbst der Senat nicht als Erfolg verkaufen. Als Mehrheitseigner des Flughafens wäre er aber voll handlungsfähig, um z.B. Kurzstreckenflüge zu reduzieren. In unverantwortlicher Weise setzt er jedoch auf nicht mehr zeitgemäßes Wachstum und will zurück zu den Passagierzahlen der Vor-Corona-Zeit.

Im Verkehr ging der Verbrauch an Diesel und Benzin selbst in Home Office-Hochzeiten nur um 10 Prozent zurück, mit einer nahezu Verdoppelung der E-Fahrzeuge in der Stadt. Der Antriebswechsel auf E-Autos ist daher keine Lösung, sondern ein Problem im Stromverbrauch. „Hamburg braucht dringend eine Verkehrswende mit deutlich weniger Autoverkehr und dem Verzicht auf den Neubau von Fernstraßen wie der A26 Ost“, schließt Schäfer.

Pressemitteilung BUND Hamburg


Zwischenbericht zum Klimaplan

Domm: „Brauchen mehr Personal für den Klimaschutz“

Im Rahmen der heutigen Landespressekonferenz hat Umweltsenator Jens Kerstan den ersten Zwischenbericht zum Hamburger Klimaplan 2019 vorgelegt. Die vorliegenden Daten zeigen, dass in der Hansestadt einerseits bereits viele Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise auf den Weg gebracht wurden. Andererseits geht es nun jedoch auch darum, die Vorhaben im Klimaschutz an die jüngst verschärften Ziele anzupassen und gut auf die klimapolitischen Vorhaben des Bundes abzustimmen.

Dazu Rosa Domm, klimapolitische Sprecherin der Grünen Fraktion Hamburg: „Klimaschutz bedeutet Freiheit, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität. Deshalb war der Klimaplan 2019 ein wichtiger Schritt für Hamburgs Politik. Erstmals wurden klare Ziele gesetzt und mit Maßnahmen hinterlegt. Heute können wir eine erste Bilanz ziehen: Dass inzwischen knapp 90 Prozent der Maßnahmen auf den Weg gebracht sind, stimmt optimistisch. Dass allerdings nur acht Prozent der Maßnahmen abgeschlossen sind, verdeutlicht auch, wie groß die Herausforderung der Klimaneutralität wirklich ist. Um diesen Prozess in Zukunft besser einschätzen zu können, braucht Hamburg engmaschige Zwischenziele für jeden Sektor. So könnten wir bei Verfehlung dieser Sektorenziele nachsteuern und für alle Hamburger*innen transparent machen, wo wir beim Klimaschutz stehen. Zwischenziele und ein Nachschärfungsmechanismus stellen dann sicher, dass die von 55 auf 70 Prozent bis 2030 verschärften CO2-Reduktionsziele auch eingehalten werden. Um die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen, brauchen wir in den Behörden zudem mehr Personal für den Klimaschutz, mehr Fachkräfte für klimarelevante Berufe und einen ausgefeilten Klimaplan, der Hamburg fit für die Zukunft macht.“

Pressemitteilung Grüne Bürgerschaftsfraktion

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