Umweltprogramm bis 2015: Unklar, unkonkret, unambitioniert

Das vor kurzem von Umweltsenatorin Blankau vorgestellte neue Umweltprogramm 2012 – 2015 für die Stadt Hamburg enthält nach Auswertung des BUND wenig Konkretes und gibt vorrangig nur einen vagen Ausblick auf Masterpläne, Energiedialoge, Innovationsstrategien oder freiwillige Partnerschaften. Damit verabschiedet sich der aktuelle Senat von einer ambitionierten Ordnungspolitik im Umweltbereich.
Beispielsweise bleibt völlig unklar, wie die verbindlichen Grenzwerte für Stickoxide in naher Zukunft eingehalten werden sollen. Mehr als 220.000 Menschen sind von dieser gesundheitsbedenklichen Grenzwertüberschreitung in Hamburg direkt betroffen. Im Umweltprogramm heißt es dazu lediglich, man wolle bis 2020 eine gute Luftqualität erreichen. Die Grenzwerte gelten aber bereits seit 2010 und sind zeitnah einzuhalten.

In Bezug auf den gesundheitsschädlichen Lärm, der in Hamburg ca. 130.000 Menschen betrifft, wird eine Besserung sogar erst für 2030 in Aussicht gestellt. Zum Thema Klimaschutz wird im Wesentlichen auf die strittigen vertraglichen Vereinbarungen mit Vattenfall und E.on Hanse verwiesen und ein Masterplan Klimaschutz mit „konkreten Maßnahmen“ noch für dieses Jahr angekündigt. Derzeit deutet allerdings viel darauf hin, dass Förderprogramme zur energetischen Sanierung von Gebäuden gekürzt und auch Beratungsleistungen eingeschränkt werden.

Das klare Bekenntnis zu HamburgEnergie wird hingegen vom BUND begrüßt. Die Gewässerpolitik bleibt hinter den Erwartungen und vor allem den gesetzlichen Verpflichtungen zurück. Laut Europäischer Wasserrahmenrichtlinie sollten alle 32 Gewässer in Hamburg einen guten ökologischen Zustand bzw. ein gutes ökologisches Potenzial bis 2015 aufweisen. Dies wird Hamburg aber lediglich für ganze fünf Gewässer umsetzen. Positiv bewertet der BUND hingegen die konkrete Ankündigung des Baus eines Fischpasses am Rathaus, um die Durchgängigkeit der Alster zu verbessern. Die Aussagen zum Integrierten Bewirtschaftungsplan für das Elbästuar, der bereits mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen abgestimmt vorliegt, enttäuschen auf ganzer Linie. Von den im Plan genannten 49 Maßnahmen werden lediglich vier erwähnt, deren Umsetzung bis 2015 „angestrebt“ wird. Gleichzeitig droht mit der nächsten Elbvertiefung und der Zuschüttung von Hafenbecken eine weitere dramatische Verschlechterung des ökologischen Zustandes der Tideelbe.

Der BUND begrüßt die Ausweisung neuer Naturschutzgebiete, insgesamt sollen bis 2015 rund 650 ha hinzukommen. Allerdings muss dies auch mit entsprechenden Ressourcen hinterlegt werden. Weder die Bezirke noch die Naturschutzabteilung in der BSU sind perspektivisch in der Lage, eine adäquate Pflege und Entwicklung aller Hamburger Schutzgebiete zu sichern. Auch hier bleibt das Umweltprogramm eine Antwort schuldig. „Die Hamburger Umweltschutzpolitik wird erkennbar aufs Abstellgleis geschoben. Das Umweltprogramm blendet wichtige umweltpolitische Herausforderungen wie etwa die Luftbelastung, eine klimafreundliche dezentrale Energieversorgung oder den Gewässerschutz aus und vertröstet auf weitere bunte Pläne“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. „Umweltsenatorin Blankau muss dringend nachlegen.“
Pressemitteilung BUND HH

Baden gehen mit Frau Blankau

Senatorin Blankau hat ihr „Umweltprogramm 2012 bis 2015“ vorgestellt. Neben grundsätzlicher Kritik gibt es von den Grünen durchaus auch Lob im Detail.

Jens Kerstan, Fraktionsvorsitzender und umweltpolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion erklärt dazu: „Das Positive zuerst: Die Idee einer Badestelle in der Elbe hat unsere volle Unterstützung. Wir trauen Senatorin Blankau auch zu, die Prüfung wie vorgesehen bis 2015 abzuschließen. Einzige Einschränkung: Falls der Senat die Badestelle mit der Elbvertiefung verknüpfen will, ist das mit uns aber nicht zu haben.“

Deutlich kritischer fällt die Bewertung der Grünen allerdings bei den übrigen Punkten des Programms aus. Jens Kerstan: „Das Programm ist im Wesentlichen ein unambitioniertes Sammelsurium. Die meisten Maßnahmen werden aufs Jahr 2015 geschoben, also in die Zeit nach dem nächsten Wahltermin. Das zeigt vor allem eines: Frau Blankau traut sich wenig zu. Keine verbindlichen Ziele, keine rechtlichen und ordnungspolitischen Festlegungen. Konflikte mit ihren Senatskollegen wagt sie nicht. Das sind schlechte Aussichten für die Hamburger Umwelt.“

Die zentralen Handlungsfelder Energie und Klimaschutz hat sich Senatorin Blankau bisher komplett aus der Hand nehmen lassen. Dazu Kerstan: „Bürgermeister und Finanzsenator haben die Beteiligung an drei getrennten Netzgesellschaften verhandelt. Wenn die Umweltbehörde jetzt auf mehr Kooperation und Synergien hinwirken will, ist das ein schlechter Witz. Diese Tür hat der Bürgermeister mit seinem Netze-Deal zugeschlagen. Sie wird nur mit einem erfolgreichen Volksentscheid 2013 wieder aufgehen.“

Kerstan weiter: „Bei den Aussagen zum Klimaschutz vermeidet die Behörde weiterhin, klare Hamburger Ziele zu benennen. Nimmt man hinzu, was alles nicht im Programm steht, nämlich die Auflösung der Leitstelle Klimaschutz, die Halbierung der Klimaschutzmittel und die Abwicklung der Hamburger Energieagentur, dann lässt das für den angekündigten Masterplan Klimaschutz nichts Gutes erwarten.“

Grundsätzlich richtig ist es nach Ansicht der Grünen, die Lebensqualität in der Stadt als Aufgabe der Umweltpolitik zu formulieren. Bei den wichtigen Themen Lärm und Luftverschmutzung käme es aber darauf an, klare Kante gegen den Wirtschafts- und Verkehrssenator zu zeigen. Stattdessen schiebt die BSU diese Themen bis 2020 oder sogar 2030 auf die lange Bank. Das ist rechtlich riskant, denn die Behörde leistet sich hier, ähnliche wie bei der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, einen sehr nonchalanten Umgang mit verbindlichen Fristsetzungen der EU-Luftqualitätsrichtlinie und der Umgebungslärmrichtlinie. Kerstan dazu: „Ein Programm für Dachbegrünung ist eine schöne Idee. Aber es wird zur bloßen Kosmetik, wenn der Senat die Menschen gleichzeitig in Verkehrslärm und verdreckter Luft stehen lässt. Hier wird das umweltpolitische Versagen zum Programm gemacht.“

Völlig unklar bleibt, welche Verbindlichkeit das Papier hat. Kerstan: „Ist das nun, bei aller Schwammigkeit, die Position des Senats? Oder ist es lediglich ein Diskussionsbeitrag, mit dem Frau Blankau versucht, sich bei der Öffentlichkeit als Umweltsenatorin in Erinnerung zu bringen? Niemand weiß es.“
Pressemitteilung Bürgerschaftsfraktion GRÜNE

Hier gibt es das Umweltprogramm_final als PDF.

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