Heizen mit Schweinegülle und Fliegen mit Frittierfett:

Fünf falsche Versprechen zur Bioenergie – Der NABU erklärt, warum fossile Energieträger nicht einfach durch Biomasse ersetzt werden können
Heute diskutiert der Bundestag über die Nutzung der Bioenergie in Deutschland. Zuletzt wurde die Energieerzeugung durch Biomasse immer wieder gegen Wind- und Sonnenstrom, Wärmepumpen oder Elektroautos ins Rennen geschickt. Doch der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Biomasse ist alles andere als klimafreundlich.

 

Warum Bioenergie nicht die Standardlösung für unseren Energiehunger sein kann, zeigt der NABU anhand von fünf falschen Versprechen:

Versprechen 1: Bald kann die ganze Welt umweltfreundlich mit Frittierfett fliegen. Nein, denn das Angebot der Hauptexporteure aus Asien (max. fünf Millionen Tonnen) deckt nicht einmal die Nachfrage in der EU (5,6 Millionen Tonnen). Um fossiles Kerosin also im großen Stil durch gebrauchtes Frittierfett zu ersetzen, fehlt es an nachhaltig verfügbaren Rohstoffen. Sinnvollere Lösungen sind E-Fuels und eine Reduktion des weltweiten Flugverkehrs.

Versprechen 2: Mit Biogas aus Schweinegülle können wir ein Viertel unseres Erdgasbedarfs decken. Nein, Biogas aus Rest- und Abfallstoffen wird unseren Bedarf nie decken können. In Dänemark soll zwar der Energiebedarf mit der massenhaft anfallenden Gülle aus der Schweinemast gedeckt werden. Aber um 25 Prozent des deutschen Gasbedarfs nach „dänischem Vorbild“ zu decken, bräuchten wir mehr als 400 Millionen Schweine, also 20-mal so viele wie heute. Keine gute Idee!

Versprechen 3: Statt Diesel und Benzin sollten wir künftig alle Agrosprit tanken. Nein, das wäre sehr ineffizient. Mit Solarstrom von der gleichen Fläche kommt ein Elektroauto etwa 60-mal weiter. Ein Beispiel: Ein Verbrennungsmotor kommt mit einem Hektar Pflanzenkraftstoff 66.000 Kilometer weit, mit der Energie von einem Hektar Solarfläche könnte ein E-Auto 4.000.000 Kilometer weit fahren. Doch derzeit werden weltweit – allein für Deutschland – 1,2 Millionen Hektar Ackerland für die Kraftstoffproduktion verbraucht. Statt riesige Anbauflächen für Kraftstoffe zu vergeuden, brauchen wir dringend umweltfreundliche Mobilitätskonzepte.

Versprechen 4: Stromerzeugung aus Biomasse ist eine gute Idee. Nein, denn Strom aus Biomasse verbraucht zu viel wertvolle Ackerfläche. Der Anbau von Energiepflanzen benötigt im Vergleich zu Wind- und Sonnenstrom deutlich mehr Fläche, um die gleiche Energiemenge zu erzeugen. Ein Beispiel: Auf einer Fläche so groß wie das Oktoberfest könnte aus Biogas Strom für 300 Haushalte erzeugt werden. Bei Windkraft sind es 250.000 Haushalte. Biomasse eignet sich daher eher als flexible, speicherbare und regionale Ergänzung zur Stromerzeugung aus Wind und Sonne.

Versprechen 5: Nachwachsendes Holz zu verheizen ist nachhaltig. Nein – der stetig wachsende Bedarf an Pellets und Feuerholz setzt unsere Wälder zunehmend unter Druck. Wenn nicht gegengesteuert wird, verdoppelt sich die Nachfrage nach Holz für die Energieerzeugung in Deutschland in den nächsten 20 Jahren. Die Folge: Unsere Wälder verlieren zunehmend ihre Fähigkeit CO2 zu speichern, Ökosysteme werden zerstört und die Artenvielfalt nimmt ab. Wirklich klimafreundlichen Technologien wie (Groß-)Wärmepumpen, Solar- oder Geothermie sollte daher immer der Vorzug gegeben werden. Erst wenn es keine andere Verwendung mehr für Holz gibt, sollte es verheizt werden.

Unser Fazit: Die Hoffnung, fossile Energieträger einfach durch Biomasse ersetzen zu können, erweist sich oft als unrealistisch – zumal zeitgleich auch der Bedarf an stofflicher Nutzung steigen dürfte. Bioenergie kann fossile Energieträger nicht 1:1 ersetzen. Umso wichtiger ist es, mit unseren begrenzten Flächen und Ressourcen sorgsam umzugehen. Biomasse im Verkehr, zum flächendeckenden Heizen oder in Kraftwerken zu verbrennen, wäre fatal für Natur und Klima. Dennoch hat Biomasse ihren Platz in der Energieversorgung – und zwar dort, wo sie nachhaltig zur Verfügung steht oder wo es keine andere Verwendung gibt. Auch dort, wo fossile Energieträger derzeit noch schwer zu ersetzen sind, kann nachhaltig erzeugte Biomasse ein sinnvoller Ersatz sein. Fest steht: Alte Konsumgewohnheiten müssen sich ändern, um den Druck auf Flächen und Ökosysteme zu verringern.

Pressemitteilung NABU

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