Historischer Erfolg für Klima-Verfassungsbeschwerde

Karlsruhe erklärt Klimaschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig und stärkt Rechte der jungen Generation
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem heutigen Beschluss die Verfassungsbeschwerde von neun Jugendlichen für eine menschenwürdige Zukunft in weiten Teilen akzeptiert: Die Freiheits- und Grundrechte werden bereits heute durch unzureichenden Klimaschutz verletzt. Der Gesetzgeber muss das Klimaschutzgesetz bis Ende nächsten Jahres nachbessern.

 

Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen (Hamburg), die die jungen Menschen vertritt, kommentiert die Entscheidung: „Das Bundesverassungsgericht hat heute einen global beachtlichen neuen Maßstab für Klimaschutz als Menschenrecht gesetzt. Es hat die extreme Krisensituation beim Klimaschutz erkannt und die Grundrechte generationengerecht ausgelegt. Der Gesetzgeber hat jetzt einen Auftrag für die Festlegung eines schlüssigen Reduktionspfads bis zur Erreichung der Treibhausgasneutralität. Abwarten und verschieben von radikalen Emissionsreduktionen auf später ist nicht verfassungskonform. Klimaschutz muss heute sicherstellen, dass zukünftige Generationen noch Raum haben.”

Sophie Backsen, eine der jungen Beschwerdeführer:innen, erlebt schon heute die Folgen der Klimakrise auf ihrer Heimatinsel Pellworm: “Die Entscheidung der Gerichts ist ein Riesenerfolg für uns junge Menschen, die wir schon jetzt von der Klimakrise betroffen sind – ich freue mich sehr! Es ist klar geworden, dass wesentliche Teile des Klimaschutzgesetzes nicht mit unseren Grundrechten vereinbar sind. Wirksamer Klimaschutz muss jetzt beginnen und umgesetzt werden – nicht erst in zehn Jahren. Nur so kann meine Zukunft auf meiner Heimatinsel gesichert werden. Die Entscheidung gibt mir Rückenwind, weiterzukämpfen.”

Luisa Neubauer von Fridays for Future ist ebenfalls eine Beschwerdeführerin: “Klimaschutz ist nicht nice-to-have – gerechter Klimaschutz ist Grundrecht, das ist jetzt offiziell. Ein Riesen Erfolg – für alle und besonders für uns junge Menschen, die seit über zwei Jahren für ihre Zukunft klimastreiken. Wir werden nun weiter kämpfen, für eine generationengerechte 1,5 Grad Politik.”

Die insgesamt vier Verfassungsbeschwerden richten sich gegen das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz der deutschen Bundesregierung. Die Kläger:innen sind Jugendliche und Erwachsene aus dem In- und Ausland. Sie werden unterstützt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Solarenergie-Förderverein Deutschland, von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie von Greenpeace, Germanwatch und Protect the Planet. Mit ihren Verfassungsbeschwerden verleihen sie ihrer Kritik Nachdruck, dass die Ziele und Maßnahmen des Klimaschutzgesetzes nicht ausreichen, um ihre Grundrechte wirksam vor den Folgen der Klimakrise zu schützen sowie die Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen zu erfüllen. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin war vorausgegangen – und lieferte wichtige Grundlagen für das heutige Urteil.

Weitere Informationen:

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html

Eine Aufzeichnung der Verbände-Pressekonferenz steht ab ca. 12 Uhr bei youtube zur Verfügung.

https://germanwatch.org/de/verfassungsbeschwerde

Aktenzeichen: 1 BvR 288/20

Gemeinsame Pressemitteilung von Germanwatch, Greenpeace und Protect the Planet


Greenpeace Geschäftsführer Martin Kaiser kommentiert Klima-Verfassungsgerichtsurteil – Link zur Pressekonferenz-Aufzeichnung

Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hat heute die Rechte zukünftiger Generationen auf wirksamen Klimaschutz entscheidend gestärkt und das Klimaschutzgesetz der Großen Koalition teilweise für verfassungswidrig erkannt. Es kommentiert Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser:

“Dieses sensationelle Urteil verpflichtet die Bundesregierung, mehr zu tun für den Schutz des Klimas. Maßnahmen dürfen nicht länger aufgeschoben werden, denn das gefährdet die Freiheitsrechte künftiger Generationen. Mit diesem Urteil ist klar, dass der Kohleausstieg in Deutschland deutlich vorgezogen werden muss, dass klimaschädliche Verbrennungsmotoren viel schneller von der Straße müssen und wir eine Landwirtschaft brauchen, die Klima und Natur nicht weiter schädigt sondern künftig schützt. Heute ist ein historischer Tag, ein Feiertag für all die vor allem jungen Menschen, die unermüdlich für besseren Klimaschutz auf die Straße gegangen sind.“

Pressemitteilung Greenpeace


Bundes-Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig
Domm: „Historisches Urteil des Bundesverfassungsgerichts“

Klimaaktivist*innen u.a. von Fridays For Future zogen im Jahr 2019 vor das Bundesverfassungsgericht, um gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung zu klagen. Heute nun fiel die Entscheidung: Aus Sicht der Karlsruher Richter*innen ist das Gesetz in Teilen verfassungswidrig, weil hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030 verschoben werden. Die Grüne Bürgerschaftsfraktion sieht in dem einstimmigen Urteil einen wegweisenden Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit für kommende Generationen und Menschen ärmerer Länder.

Dazu Rosa Domm, Sprecherin für Klimapolitik der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Das Bundesverfassungsgericht hat heute ein historisches und wegweisendes Urteil bekannt gegeben: Unzureichende Klimapolitik ist verfassungswidrig! Das bedeutet im Klartext: Klimaschutz gefährdet nicht unsere Freiheit, sondern sichert sie für die Zukunft. Fehlender Klimaschutz hingegen schränkt praktisch jegliche Freiheit kommender Generationen ein. Wer sich Klimaschutz also pro forma auf die Fahnen schreibt, weil es relevant für viele Wähler*innen geworden ist und ansonsten durch Tatenlosigkeit glänzt, bekommt nun die Quittung. Die Zeit der warmen Worte und leeren Versprechen ist vorbei. Wir erwarten zunächst von Bund ein wasserdichtes Klimaschutzgesetz mit klaren Zielvorgaben, die das 1,5-Grad-Limit nicht überschreiten. Dafür werden wir auch in Hamburg weiter streiten.“

Pressemitteilung  GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg


Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts: „Klimaschutzpolitik ohne Klimagerechtigkeit ist verfassungswidrig“

Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass das Klimaschutzgesetz des Bundes grundsätzlich verfassungskonform ist. Allerdings wird in dem Urteil gefordert, die Treibhausgasreduktionsziele für die Zeit nach 2030 konkreter zu bestimmen. Grund hierfür sei eine ungerechte Verteilung der Emissionsminderungslasten auf Zeiträume nach 2030, wodurch die Freiheitsrechte der dann lebenden Generation unverhältnismäßig stark eingeschränkt werden.

Dazu Alexander Mohrenberg, Fachsprecher für Umwelt, Klima und Energie der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Klimaschutzpolitik ohne Klimagerechtigkeit ist verfassungswidrig. Wenn jetzt keine konkreten Vorgaben gemacht werden, wird die heutige Jugend in der Zukunft zu stark an der Ausübung ihrer Freiheitsrechte gehindert. Das heutige Bundesverfassungsgerichtsurteil ist damit sehr deutlich und stärkt zugleich den Kurs der SPD: Die konkreten Zielwerte zur Treibhausgasreduktion standen allesamt in den sozialdemokratischen Gesetzesplänen – und wurden von der Union wieder gestrichen. Ich hoffe, dass die CDU uns jetzt endlich Klimapolitik machen lässt – doch dafür braucht es wohl andere Mehrheiten. In Hamburg sieht man deutlich: SPD-geführte Regierungen legen konkrete Maßnahmenpakete und Klimapläne vor. Wir werden dafür sorgen, dass das so bleibt.“

Pressemitteilung SPD-Bürgerschaftsfraktion


Deutsche Umwelthilfe: Erfolg der von uns unterstützten Klimaklagen vor dem Bundesverfassungsgericht ist bedeutendstes Umweltschutz-Urteil in dessen Geschichte – Regierung muss Klimaschutzgesetz ändern und Sofortmaßnahmen ergreifen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) feiert die heutige Klimaschutz-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als bedeutendstes Urteil zum Umweltschutz in der Geschichte des Gerichts. Der Senat hat den von der DUH unterstützten Verfassungsbeschwerden von jungen Menschen aus Deutschland sowie vom Klimawandel Betroffenen aus dem Ausland in den wichtigsten Fragen stattgegeben. Die Richterinnen und Richter bestätigen, dass sich aus dem Grundgesetz insbesondere für die noch sehr jungen Klägerinnen und Kläger ein Recht auf ein sicheres Leben in der Zukunft ableitet. Sie bestätigen höchstrichterlich, dass Maßnahmen und Ziele der Bundesregierung für den Klimaschutz nicht ausreichen. Die Regierung muss das Klimaschutzgesetz schnellstens bis 2022 überarbeiten und viel energischere Schritte vor allem in den Jahren bis 2030 unternehmen. Die DUH fordert die Bundeskanzlerin und ihre Ministerinnen und Minister nach diesem eindeutigen und wegweisenden Urteil auf, nun sofort zu handeln und die Maßnahmen endlich umzusetzen, die DUH und die jungen Beschwerdeführer bereits in den Verfassungsbeschwerden aufgezeigt haben.

Das Verfassungsgericht folgt der Argumentation in den Beschwerden, die von der DUH unterstützt werden. Die unzureichenden Ziele und Maßnahmen der deutschen Regierung sind mitschuldig am rasant voranschreitenden Klimawandel. Bleibt es beim derzeitigen Kurs, wird die Bundesrepublik das CO2-Budget von 3,465 Gigatonnen, das ihr für die Einhaltung des 1,5 Grad Limits zusteht, innerhalb weniger Jahre aufbrauchen. Deutschland dürfte selbst für die Einhaltung des 2 Grad Limits schon ab 2030 keine einzige Tonne CO2 mehr emittieren. Da dies nicht gelingen wird, verletzt die Bundesregierung ihre Verpflichtungen und verletzt das Recht junger Menschen auf eine lebenswerte Zukunft.

Remo Klinger, der als Rechtsanwalt die Klägerinnen und Kläger vertritt: „Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Mit diesem Satz haben wir die Verfassungsbeschwerden eingereicht, diesen Satz hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Das Gericht hat ein Grundrecht auf Zukunft für die jungen Menschen geschaffen. Für uns Juristen, aber auch für alle anderen Bürgerinnen und Bürger, ist es schon jetzt ein Meilenstein.“

Linus Steinmetz, Beschwerdeführer aus Deutschland: „Die Bundesregierung verletzt ihre verfassungsrechtliche Pflicht, die Lebensgrundlage künftiger Generationen zu erhalten. Das hat das Verfassungsgericht heute bestätigt. Mit diesem Rückenwind werden wir die Politik jetzt weiter – und auch mit Druck von der Straße – dazu zwingen, den Klimawandel entschlossen zu bekämpfen.“

Yi Yi Prue, Beschwerdeführerin aus Bangladesch: „Wir leiden bereits unter den Auswirkungen des Klimawandels. Stärkere Monsunfälle mit Erdrutschen und Überschwemmungen töten Menschen, viele haben Hab und Gut oder ihr Zuhause verloren. Und wir können uns nur dadurch helfen, dass wir die Nationen, die stark mitverantwortlich sind für den Klimawandel, zum Handeln bewegen. Deshalb wollen und müssen wir weiter unsere Stimme erheben. Denn für uns geht es natürlich um unsere Menschenrechte, um unser Recht auf ein sicheres Leben und unser Überleben.“

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die Bundesregierung muss dieses Urteil sofort umsetzen. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Korrektur des Gesetzes erfordert zusätzliche, drastische strukturelle Veränderungen um nach 2030 das erforderliche minimierte Niveau an Klimagasemissionen zu erreichen. Allein ein Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h verbunden mit Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt bringt bis 2034 eine Einsparung von bis zu 100 Millionen Tonnen CO2. Zusätzlich brauchen wir jetzt eine Elektrifizierungsoffensive bei der Bahn und einen verbindlichen Ausstieg aus Verbrenner-Pkw ab dem 1. Januar 2025.“

Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht den entschiedenen Handlungsauftrag an die nächste Bundesregierung formuliert, für mehr und konsequenteren Klimaschutz zu sorgen. Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Alle demokratischen Parteien müssen zeigen, dass sie es ernst meinen mit dem Ausstieg aus fossilen Energien. Nur das bringt uns in Richtung des 1,5-Grad-Ziels. Das heißt: Stopp von Nord Stream 2, keine sonstigen Investitionen mehr in fossile Energien, ein früherer Kohleausstieg schon 2030 und der massive mit allen Mitteln vorangetriebene Ausbau der Erneuerbaren Energien.“

Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Dieses Urteil bringt die Bundesregierung in größte Bedrängnis. Denn dass sie sogar die unzureichenden, selbst gesetzten Verpflichtungen nicht einhält, ist nun höchstrichterlich festgestellt. Aktuell musste sie auch einräumen, dass sie im Gebäudebereich die Einsparungen für 2020 bereits verfehlt hat. Bauminister Seehofer ist nun gesetzlich verpflichtet, bis zum 15. Juni einen Plan vorzulegen, wie dies wieder aufgeholt werden soll. Wenn er die Energetische Sanierung nicht umfangreich vorantreibt, verbaut er die Zukunft. Das ist die klare Botschaft dieses Urteils.“
Hintergrund:

Insgesamt hat das Bundesverfassungsgericht zu vier vorliegenden Verfassungsbeschwerden geurteilt. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind Jugendliche und Erwachsene aus dem In- und Ausland. Sie werden unterstützt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Solarenergie-Förderverein Deutschland, von der Deutschen Umwelthilfe sowie von Germanwatch und Greenpeace. Mit ihren Verfassungsbeschwerden verleihen sie ihrer Kritik Nachdruck, dass die Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung und ihres Klimaschutzgesetzes von 2019 nicht ausreichen, um ihre Grundrechte wirksam effektiv vor den Folgen der Klimakrise zu schützen sowie die Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen zu erfüllen.
Links: Zur Entscheidung und Begründung des Bundesverfassungsgerichts: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html;jsessionid=9A620C9C4791C3C7794E78121BA2032F.2_cid377


Deutsche Umwelthilfe warnt Bundesregierung: Historisches Klimaschutz-Urteil bedeutet massive Verschärfungen schon vor 2030 – notfalls durch weitere Gerichtsentscheidungen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt die Bundesregierung, das historische Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht falsch auszulegen und fordert sofortige massive CO2-Einsparungen. Die DUH kündigt an, wenn die Regierung nicht sofort effektive CO2-Einsparmaßnahmen umsetzt, werde sie das vor Gericht erzwingen. Umweltministerin Schulze und andere Regierungsmitglieder erwecken mit ihren Äußerungen den Eindruck, als müssten nur die Ziele nach 2030 angepasst werden.

„Das ist falsch“, erklärt Prof. Dr. Remo Klinger, der als Anwalt die zwei von der DUH mit initiierten und finanzierten Verfassungsbeschwerden erfolgreich vertreten hat: „Die Verfassungsrichter sagen klar, dass die Lasten gleich verteilt und nicht auf die nachfolgende Generation abgeschoben werden dürfen. Beim derzeitigen Plan der Bundesregierung wird aber das gesamte verfügbare CO2-Budget, das Deutschland noch hat, bis 2030 verbraucht. Damit dürfte ab dann nicht ein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden. Das ist genau das, was das Gericht als verfassungswidrig eingestuft hat.“

Bleibt es beim derzeitigen Kurs, wird die Bundesrepublik das CO2-Budget von 3,465 Gigatonnen, das ihr für die Einhaltung des 1,5 Grad Limits wissenschaftlich berechnet zusteht, innerhalb weniger Jahre aufbrauchen. Deutschland dürfte dann schon ab 2030 gar kein CO2 mehr emittieren. Da dies Freiheit und Wohlstand vernichten würde, verletzt die Bundesregierung ihre verfassungsgemäßen Pflichten.

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der Verkehrsminister schweigt. Ihn trifft das Urteil aus Karlsruhe frontal. Wir brauchen jetzt keine Diskussion über neue Ziele für das Jahr 2040 sondern den Beschluss und Umsetzung konkreter Klimaschutz-Maßnahmen noch in diesem Jahr wie dem sofort möglichen Tempolimit, dem Stopp der Lkw-Kaufprämie und statt dessen Reaktivierung der stillgelegten Bahngütertransport-Infrastruktur.“

Die DUH hat im September 2020 und im März 2021 weitere Klimaklagen vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, ebenso auf der Ebene der Bundesländer eine gegen das Land Nordrhein-Westfalen, um schärfere, konkrete Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich und in weiteren Sektoren wie Gebäude und Landwirtschaft durchzusetzen. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Rücken, ist ein schneller Erfolg hier wahrscheinlicher geworden.

Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Das Urteil bedeutet: Wir müssen sofort massiv runter bei den CO2-Emissionen. Das ist nun die Grundlage für die Verwaltungsgerichte. Und noch wichtiger: Wir dürfen auf keinen Fall neue Emissionstreiber bauen oder fertigstellen. Wer jetzt nicht Nord Stream 2 stoppt oder Flüssig-Erdgasterminals an der deutschen Nordsee-Küste endgültig verwirft, der handelt gegen die Verfassung. Und er zerstört die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Schritte unverzüglich umzusetzen!“

Dass innerhalb weniger Monate noch vor der Bundestagswahl gehandelt werden kann, zeigt die DUH mit einem 8-Punkte-Sofortprogramm. Damit könnten hunderte Millionen Tonnen CO2 bis 2030 eingespart werden:

– Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen von 120 km/h verbunden mit Tempo 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt: Das bringt bis 2034 eine Einsparung von bis zu 100 Millionen Tonnen CO2
– Beschleunigte Umsetzung der Verkehrswende, d.h. Keine Zulassung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab den 1.1.2025, Stopp der gerade eingeführten LKW-Kaufprämie, Reaktivierung der stillgelegten Güterverkehrsinfrastruktur und 100% Elektrifizierung der Bahnstrecken bis 2030
– Abschaffung der Diesel- und Dienstwagensubventionierung
– Stopp von Nord Stream 2, was alleine zusätzliche 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verhindert
– Stopp für alle geplanten Flüssiggas-Terminals an der deutschen Nordseeküste
– Sofort-Förderprogramm für die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden, beginnend bei allen Schulen im Land, um den Rückstand bei den CO2-Emissionen von Gebäuden aufzuholen
– Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030
– Anhebung der Ausbaupfade für Erneuerbare Energien und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren

Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Maßnahmen sofort umzusetzen. Sie sind Teil auch unserer eingereichten Klagen und werden notfalls auf diesem Wege durchgesetzt. Aber noch hat die Regierung die Chance, die Blockade aufzugeben und selbst vom Problem zur Lösung zu werden. Ob sie Freiheit und Überleben künftiger Generationen sichern will, kann sie kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit zeigen. Das hier ist die Stunde der Wahrheit.

Pressemitteilungen Deutsche Umwelthilfe

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