Hochwasser in Zeiten der Klimakrise

BUND: Mehr natürlicher Hochwasserschutz und ambitionierter Klimaschutz
Der Starkregen in Teilen Europas und die schweren Hochwasser werden in Zeiten der Klimakrise nicht die Ausnahme bleiben, sondern häufiger auftreten. Die Lage für die Menschen in den betroffenen Regionen ist dramatisch. Den Opfern und ihren Angehörigen gilt unser tiefes Mitgefühl. Weite Teile der Politik haben immer noch nicht erkannt, das natürlicher Hochwasserschutz und ambitionierter Klimaschutz das Gebot der Stunde sind.

 

Das gilt insbesondere im Kampf gegen Hochwasser und Extremwetterereignisse. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ruft Landesregierungen und Bundesregierung auf, im Kampf gegen zunehmende Hochwasser zweigleisig zu fahren: Mehr natürlicher Hochwasserschutz in Form von Auen und Rückhalteflächen ist ebenso unverzichtbar wie ambitionierter Klimaschutz. Nur technische Schutzmaßnahmen reichen bei weitem nicht aus.

Technische Schutzmaßnahmen reichen nicht

In unseren Nachbarländern Tschechien und Polen haben in diesen Tagen Dämme und Flutungsbecken als Maßnahmen zur Bekämpfung von Hochwasser versagt. Wir wissen noch nicht genau, wie sich die Flutwelle auch an der Oder flussabwärts bei uns in Deutschland auswirken wird. Der BUND setzt sich mit seinen Partnern im tschechisch-polnisch-deutschen Bündnis „Zeit für die Oder“ dafür ein, dass der Oder wieder mehr Raum gegeben wird, sodass zukünftige Hochwasser ohne die verheerenden Ausmaße erfolgen.

Obwohl Deutschland mit verschiedenen Strategien und Programmen für die Wiederherstellung von Überschwemmungsgebieten eintritt, wurden bislang nur wenige großflächige Projekte umgesetzt. Mit Deutschlands erster großer Deichrückverlegung an der Elbe bei Lenzen hat der BUND gezeigt: wiedergewonnene Überflutungsgebiete puffern einerseits Effekte des Klimawandels wie Extremhochwasser und Dürren ab und wirken andererseits dem Klimawandel entgegen.

Investitionen in den Klimaschutz nötig

Deutschland leistet sich Milliardenschwere Subventionen, die die Klimakrise weiter anheizen. Auf der anderen Seite wird mit viel zu wenig Mitteln zu wenig Klimaschutz auf den Weg gebracht. So werden die Klimaziele verfehlt und Deutschland bleibt seinen Beitrag zum globalen Klimaschutz schuldig. Insgesamt verweigert die Politik echten Klimaschutz, weicht bestehende Gesetze wie das Klimaschutzgesetz auf und verschiebt notwendigen Investitionen zur Senkung der CO2-Emissionen in die Zukunft. Damit nimmt sie das Verfehlen der Klimaziele in Kauf. Die Weltgemeinschaft hat sich das 1,5-Grad-Ziel gesetzt, damit solche Katastrophen wie die aktuellen Überschwemmungen nicht noch schlimmer werden und regelmäßiger auftreten.

Zitate zur freien redaktionellen Verwendung:

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Die Regierungen stehen in der Verantwortung, alles zu tun, um Menschenleben, aber auch das Eigentum der Menschen zu schützen. Das geht nur mit verantwortungsvollem Naturschutz und echter Klimapolitik. Es mangelt aber nicht nur an den notwendigen Maßnahmen, auch die Finanzierung für Klima- und Naturschutz muss langfristig sicher gestellt werden. Klimaschutz ist Menschenrecht – das zeigen die Wetterextreme. Es braucht ein konsequentes Umsteuern und das Abschneiden alter Zöpfe. Jede Investition in Klimaschutz ist um ein Vielfaches geringer, als die Folgekosten die durch die Klimakrise entstehen.“

Richard Mergner, Landesvorsitzender BUND Naturschutz in Bayern: „Die Schäden des letzten schlimmen Hochwassers in Bayern sind noch nicht vollständig beseitigt, da steigen die Pegel der Flüsse erneut gefährlich an. Das ist auch das Ergebnis falscher Prioritätensetzung in Bayern beim Hochwasserschutz. Der Freistaat setzt vor allem auf technische Maßnahmen wie Deiche und Flutpolder. Vorrang müssten aber naturnahe Maßnahmen haben, die durch technische Maßnahmen ergänzt werden – nicht umgekehrt. Außerdem kommt der Klimaschutz in Bayern nur sehr langsam voran – der Windkraftausbau hinkt immer noch dramatisch hinterher, während der klimaschädliche Straßenbau von der Staatsregierung weiter vorangetrieben wird.

Felix Ekardt, Landesvorsitzender BUND Sachsen: „Technischer Hochwasserschutz hilft oft optimal, um Hochwassergefahren vor Ort schnell zu beseitigen. Dabei werden die Gefahren aber häufig an die Anwohner*innen flussabwärts in Sachsen-Anhalt weitergereicht, wo sich diese potenzieren können. Deshalb kommen wir nicht umhin, das Hochwasser künftig dort breit fließen zu lassen, wo ein geringes Schadenspotenzial besteht. Den großen Flüssen und kleinen Bächen mehr Raum zu geben, reduziert in den Siedlungen und außerorts die Hochwasserstände und ermöglicht gleichzeitig zu geringen Kosten die Gewässerökologie erheblich zu verbessern.“

Carsten Preuß, Landesvorsitzender BUND Brandenburg: „Wenn die Flüsse mehr Überflutungsflächen haben, sinken die Pegel, und die Fließgeschwindigkeit nimmt ab. Von den vollmundigen Forderungen nach den letzten Hochwasserereignissen ist an Oder und Elbe nicht viel übrig geblieben. In der Realität hat es zwar eine Sanierung der vorhandenen Deiche gegeben, eine Rückverlegung von Deichen zur Schaffung von Rückhalteflächen für Hochwasserereignisse hat aber nur punktuell stattgefunden. Spätestens jetzt muss ernst gemacht werden mit der Deichrückverlegung und der Schaffung von Retentionsflächen. Durch den stattfindenden Ausbau der Oder wird der Strom in ein engeres Flussbett gepresst. Neben den negativen ökologischen Folgen erhöht der Ausbau das Hochwasserrisiko. Jetzt muss das deutsch-polnische Abkommen von 2015 zum Ausbau der Oder neu verhandelt werden. Dabei müssen die Renaturierung und der Hochwasserschutz an der Oder zum Schwerpunkt gemacht werden.“

Meike Kleinwächter von BUND-Auenzentrum: „Unsere Untersuchungen zehn Jahre nach Fertigstellung zeigen, dass nicht nur eine Oase der Biodiversität entstanden ist, sondern auch ein bedeutender Kohlenstoffspeicher. Denn regelmäßig überflutet binden Auen 30 Prozent mehr Kohlenstoff als Flächen hinter dem Deich. Und durch die spürbare Wasserspiegellagenabsenkung leben die Menschen bei Hochwasser seitdem sicherer an diesem Flussabschnitt.“

BUND-Forderungen zum Hochwasserschutz:

Ökologischer vor technischem Hochwasserschutz
Wasserrückhalt in der Fläche
Gesunde Böden als Wasserspeicher
Umbau der Städte zur Schwammstadt
Transparenter Bürgerdialog
Starke Klimapolitik
Mehr Personal und Mittel zum Flächenkauf

Mehr: https://www.bund.net/fluesse-gewaesser/hochwasser/

Pressemitteilung BUND


EU muss Klimaanpassung und Hilfsmaßnahmen ausweiten
Das Europäische Parlament wird heute eine Resolution zu den derzeitigen Fluten in Mittel- und Osteuropa verabschieden. Darin drückt das Parlament seine Solidarität mit den Menschen in den betroffenen Regionen aus und stellt seine Forderungen für Maßnahmen zum Umgang mit künftigen Naturkatastrophen auf.

Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:

„Diese extremen Unwetter sind ein Warnsignal, dass die Klimakrise außer Kontrolle gerät. Wir müssen uns besser für die Folgen der Klimakrise wappnen. Die neue Kommission muss dringend ein EU-Klimaanapassungsgesetz vorlegen, welches die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, kritische Infrastruktur wie Energieversorgung, Krankenhäuser, oder wichtige Transportwege, widerstandsfähiger gegen die immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen zu machen.

Das hart erkämpfte EU-Gesetz zur Widerherstellung der Natur muss ein weiterer wichtiger Baustein einer Anpassungsstrategie sein. Widerstandsfähige Naturlandschaften, wie naturnahe Flüsse, Wälder und Auen können die Schäden durch Überschwemmungen und Dürren als natürliche Puffer erheblich abmildern. In solchen Notlagen zeigt sich, dass intakte Natur kein Luxus, sondern unsere Lebensversicherung ist.“

Sabrina Repp, regionalpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:

„Wenn das Wasser kommt, wird jede Hand gebraucht. Es ist gut, dass wir mit dem Europäischen Solidaritätsfonds (EUSF) ein Instrument haben, das betroffene Regionen im Krisenfall unterstützt. Es muss schneller, flexibel und ohne bürokratische Hürden dort wirken, wo es am dringendsten gebraucht wird. Die Kohäsionspolitik muss daher die europäische Solidarität zukünftig auf eine solide finanzielle Basis stellen. Das heißt konkret, dass europäische Gelder insbesondere den Menschen und Organisationen vor Ort, also Ersthelfer:innen und Expert:innen, die tagtäglich in ihren Regionen anpacken, unkompliziert zu Gute kommen müssen.“

Pressemitteilung SPD im EU-Parlament

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