Das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg stellt nicht nur einen Meilenstein für den Gewässerschutz in ganz Europa dar, sondern setzt auch strengere Maßstäbe für den Schutz und die Entwicklung der Tideelbe. Das Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU und WWF sieht sich durch das Urteil bestätigt:
Das Parallel-Verfahren zur Elbvertiefung verdeutlicht, dass nunmehr ein strengerer Maßstab an die Planung des Eingriffs anzulegen ist. Die bisherige Theorie der Zustandsklassen, nach der eine Verschlechterung des Gewässers erst eintritt, wenn es in eine andere Qualitätsklasse einzuordnen ist, sei damit untergegangen. “Die Entscheidung des EuGH stärkt den Gewässerschutz in ganz Europa. Die Hürden für eine Genehmigung der Elbvertiefung sind höher geworden. Hamburg muss jetzt glaubhaft darlegen, wie trotz Vertiefung ein guter Zustand der Tideelbe konkret erreicht werden soll”, so das Aktionsbündnis aus BUND, NABU und WWF. Die Umweltverbände gehen davon aus, dass die Planungsbehörden noch umfangreiche Planänderungen vornehmen müssen und die Öffentlichkeit erneut zu beteiligen ist. Mit einer abschließenden Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht werde nach Einschätzung der Umweltverbände erst in 2016 zu rechnen sein.
Pressemitteilung des Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe aus BUND, NABU, WWF
Maßgaben des EuGH machbar für die Fahrrinnenanpassung der Elbe
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Maßgaben des Europäischen Gerichtshofes als “machbar für die Fahrrinnenanpassung der Elbe” bezeichnet. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel: “Endlich haben wir Klarheit, wie die europäische Wasserrahmenrichtlinie auszulegen ist. Die Möglichkeit der Ausnahme im Einzelfall hat der EuGH betont. Ich habe keinerlei Zweifel, dass die dringend notwendige Elbvertiefung als Projekt von nationalem Rang die Voraussetzungen einer Ausnahme im öffentlichen Interesse erfüllt. Wir haben hierfür im Koalitionsvertrag entsprechend Vorsorge getroffen. Ich bin sicher, dass wir unserem Ziel, die Fahrrinnenanpassung durchzusetzen und umzusetzen, weiter Schritt für Schritt näher kommen. Was wir allerdings nicht brauchen, ist parteipolitische Oppositionsrhetorik – das hilft weder Hafen noch Elbe. Dieser Senat hat seine Hausaufgaben in Sachen Elbvertiefung gemacht.” Schwierige Folgen des Richterspruchs sieht die SPD-Fraktion allerdings für andere, kleinere Vorhaben an europäischen Fließgewässern, bei denen sich eine Ausnahme anders als bei der Elbe deutlich schwieriger herleiten lässt: “Ich weiß nicht, ob die Luxemburger Richter diese Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung an den europäischen Flüssen hinreichend bedacht haben”, so Dressel.
Joachim Seeler, hafenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, ergänzt: “Die Fahrrinnenanpassung der Elbe ist notwendig, um im Vergleich mit anderen europäischen Häfen konkurrenz- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies gilt ausdrücklich auch vor dem Hintergrund der Schiffsgrößenentwicklung. Der geplante Ausbau der Fahrrinne von Hamburg bis zur Nordsee wurde so bemessen, dass künftig auch die neue Generation großer Containerschiffe den Hamburger Hafen unter wirtschaftlich attraktiven Bedingungen bedienen können. Das generiert nicht nur Wertschöpfung, sondern sichert auch über 150.000 Arbeitsplätze, die in Hamburg und der Metropolregion direkt und indirekt vom Hafen abhängen.”
Pressemitteilung SPD-Bürgerschaftsfraktion
EuGH zur Wasserrahmenrichtlinie – Tjarks: „Der Ball liegt jetzt in Leipzig“
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute sein Urteil zur Wasserrahmenrichtlinie verkündet, das sich eng am Plädoyer des Generalanwalts orientiert. Damit ist nach Ansicht der Grünen noch keine Entscheidung für oder gegen eine Weser- oder Elbvertiefung abzusehen.
Dr. Anjes Tjarks, Vorsitzender und hafenpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, sagt dazu: „Die heutige Entscheidung des EuGH kommt nicht überraschend, sondern bestätigt die Empfehlungen vom EU-Generalanwalt Niilo Jääskinen. Unser Ziel in Hamburg ist es, die Wasserqualität der Elbe zu verbessern. Wir werden, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, die erforderlichen Maßnahmen rund um die Wasserrahmenlinie konsequent und zeitnah umsetzen.
Gleichwohl ist mit diesem Urteil keine Entscheidung für oder gegen eine Weser- oder Elbvertiefung gefallen. Nun bleibt abzuwarten, welche Schlüsse das Bundesverwaltungsgericht daraus zieht. Der Ball liegt jetzt in Leipzig. Auch wenn wir uns mit der SPD uneinig sind über die Beurteilung der Notwendigkeit einer weiteren Elbvertiefung, ist klar, dass alle gerichtlichen Maßgaben verbindlich und zeitnah umgesetzt werden müssen. Darüber hinaus haben wir uns auf ein umfangreiches Paket zum Schutz der Elbe geeinigt.“
Hintergrund
Im Koalitionsvertrag ist folgendes zur Verbesserung der Wasserqualität und ökologischen Situation der Elbe vereinbart (siehe Seite 25):
„Es erfolgt eine konsequente Umsetzung der einschlägigen Maßnahmenkataloge nach Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und des Integrierten Bewirtschaftungsplans (IBP) an der Tideelbe. Dies wird mit einem konkreten Umsetzungsfahrplan von zu vereinbarenden Maßnahmen für die Zeiträume der nächsten sechs und zwölf Jahre und der Bereitstellung ausreichender Finanzmittel abgesichert. Insbesondere verständigen sich die Koalitionspartner dabei neben den Kohärenzmaßnahmen auf weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Wassergüte, die zeitnah in der Legislaturperiode umgesetzt werden sollen.
Dabei werden in den IBP und den Maßnahmenkatalog zur WRRL ausreichend große und effektive Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässergüte aufgenommen und umgesetzt.“
Mit der SPD ist vereinbart, dass einer möglichen Elbvertiefung ein umfangreiches Paket zur Ökologisierung des Hafens entgegensteht.
Dazu zählen die Verbesserung der Luftqualität, Landstromanlagen für Containerschiffe, Verlagerung von Hafentransporten vom Lkw aufs Wasser, Lkw-Verkehr im Hafen mit Euronorm 5 und eine bessere finanzielle Ausstattung der Stiftung „Lebensraum Elbe“.
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion Hamburg
Senator Frank Horch zur heutigen Entscheidung des EuGH zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie:
„Die Fahrrinnenanpassung ist das wichtigste strategische Ausbauprojekt für den Hamburger Hafen. Angesichts der rasant wachsenden Schiffe ist Hamburg langfristig darauf angewiesen, seine seewärtige Zufahrt an diese technische Entwicklung anzupassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Hamburg zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen angelaufen werden kann und sein Hafen wettbewerbsfähig bleibt.
Darum haben wir heute mit Spannung zum EuGH geschaut, weil das Urteil zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie ja auch für die Fahrrinnenanpassung der Elbe wegweisend ist.
Der Europäische Gerichtshof hat heute klargestellt,
– dass eine Verschlechterung eines Oberflächenwasserkörpers immer dann anzunehmen ist, wenn sich in Bezug auf einzelne Qualitätskomponenten eine Verschlechterung in den Einstufungsklassen der Qualitätskomponenten ergibt. Damit hat der EuGH eine praktikable Handreichung geschaffen.
– dass Verschlechterungen, die aus Ausbauvorhaben resultieren, allerdings immer dann hinzunehmen sind, wenn eine entsprechende Ausnahme erteilt wird.
Das bedeutet für die Fahrrinnenanpassung: Wir werden nun zu prüfen haben, ob die für die Fahrrinnenanpassung bereits erteilte Ausnahme schon ausreicht, um den Pflichten aus der Wasserrahmenrichtlinie gerecht zu werden. Sollte das nicht der Fall sein, wird die Ausnahmeentscheidung neu zu fassen sein. Dazu würden die Umweltverbände die Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Danach wird der Prozess beim Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt.
Welche Auswirkungen die heutige EuGH-Entscheidung auf künftige Vorhaben an Gewässern europaweit haben wird, wird noch sehr sorgfältig zu prüfen sein.
Was allerdings die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe angeht, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir das Projekt umsetzen können. Denn ich bin davon überzeugt, dass gute Gründe für eine Ausnahmeentscheidung bestehen. An dem unstrittigen öffentlichen Interesse am Fahrrinnenausbau hat ja weder die EU-Kommission noch das Bundesverwaltungsgericht jemals irgendeinen Zweifel gelassen!! Und auch der EuGH hat seine heutige Entscheidung ja ausdrücklich unter den Vorbehalt einer Ausnahmemöglichkeit gestellt.
Wenn Sie fragen, wie es jetzt weitergeht, so kann ich zum jetzigen Zeitpunkt folgendes dazu sagen: Falls unsere bisherigen Unterlagen nach der der heutigen EuGH Entscheidung nicht ohnehin schon ausreichen, werden sie überarbeitet und angepasst. Einen Zeitpunkt kann man noch nicht sagen. Es geht aber auf jeden Fall Sorgfalt vor Schnelligkeit. Denn am Ende wollen wir das für den Standort Deutschland und Hamburg beste Ergebnis erreichen.“
Pressemitteilung der Wirtschaftsbehörde