Lange Gesichter bei Senatorin Blankau, den Vertretern von Behörden, Flughafen, Fluglärmschutz und Flugsicherung. Damit scheinen sie nicht gerechnet zu haben. In nicht gewohnter Deutlichkeit und Einigkeit hat die Bürgerschaft eine Liste von 16 Punkten überreicht und erwartet innerhalb des laufenden Jahres greifbare Ergebnisse in der Verbesserung des Fluglärmschutzes. Mit betretenen Mienen und ohne Widerworte mussten die Angesprochenen diesen Auftrag zur Kenntnis nehmen.
Die jetzt einstimmig beschlossene Initiative von SPD, CDU, Grünen und FDP für mehr Fluglärmschutz, entspricht in wesentlichen Punkten den Forderungen der BAW und der Fluglärminitiativen in Hamburg und Schleswig-Holstein. BAW Sprecher Martin Mosel: „Das jetzt Beschlossene lässt uns verhalten optimistisch in die Zukunft schauen. Mit den hier nun beschlossenen 16 Punkten erwarten wir im ersten Schritt eine spürbare Verbesserung der Fluglärmsituation. Im nun wieder gefundene Konsens finden sich eine Vielzahl der Forderungen der BAW wieder.
Mit einer gewissen Spannung erwarte ich die Reformierung der Position des Fluglärmschutzbeauftragten und ich bin gespannt, wie sich die Gesetzesvorlage lesen lässt. Dass Hamburg hier möglicherweise Beispielgebend im Gesetzesverfahren sein wird, hat einen besonderen Reiz und stärkt auch die Position der Initiativen, weil dieser Punkt auf unseren Vorschlag hin Berücksichtigung gefunden hat. Auch eine enge Einbindung der bürgerlichen Initiativen in künftige Entscheidungsprozesse ist begrüßenswert.
Das auch die Notwendigkeit einer breit aufgestellten ‚Allianz für den Lärmschutz‘ als erforderlich erkannt wurde, zeigt, dass ich mit meiner Allianzinitiative richtig gelegen habe. Die Federführung des Flughafens hierbei sehe ich aber noch kritisch. Wie sich zukünftig die neuen Verspätungsgebühren und die intensivere Ausschöpfung des Bußgeldrahmens auf die Entwicklung der Verspätungen auswirken wird, dass lässt sich relativ kurzfristig in der Statistik ablesen. Eine konkretere Formulierung habe ich mir auch bei der Festlegung des Anflugverfahrens erhofft.
Der jetzt etablierte Prüfauftrag lässt zwar hoffen, dass unsere Forderung nach einer Verlängerung auf den Standard von 10 Nautische Meilen (rd. 19 km) das Ergebnis sein wird. Eigentlich habe aber unsere vorgelegten Forderungen sach- und fachgerecht aufgezeigt, dass es zur Verlängerung der Anflüge auf 10 Nautische Meilen (rd. 19 km) keine Alternative gibt. Wir werden die Verantwortlichen an dem hier Beschlossenen messen und die Umsetzung sehr kritisch begleiten. Letztlich hat auch die konsequente Haltung der BAW und der anderen Initiativen einen Erkenntnisprozess in Gang gesetzt.
Die Fluglärmschutzbeauftragte Pieroh-Joußen bestätigt nun die von der BAW vorgetragenen Argumente gegen den kurzen Anflug über Ahrensburg mit erheblichen Fluglärmbelastungen dort und revidiert ihre Aussage beim Bürgermeistertreffen in Großhansdorf zu einer Fluglärmumverteilung in den Bereich Bargteheide, Großhansdorf und Jersbek. Dort sei, wie die BAW seit Anbeginn der Diskussion vorträgt, aufgrund der Flughöhe weit weniger Fluglärm vorhanden als mit dem jetzigen kurzen Anflugverfahren in Ahrensburg. Der verlängerte Anflug bietet letztlich auch eine Chance für die Walddörfer bis Poppenbüttel. Nur mit dem verlängerten Anflug über mindestens 10 Nautische Meilen (rd. 19 km) lassen sich die lärmärmeren Anflugverfahren umsetzen, die dann auch für uns konkrete Entlastungen bewirken können.
Die Liste der bisher nicht berücksichtigten Forderungen ist noch lang. So konnten wir leider Starts und Abflugverfahren diesmal nicht unterbringen. Aber wie Herr Dressel treffend festgestellt hat, beginnt die Arbeit erst und wir werden ihnen genau auf die Finger schauen und ggf. auch die Schrauben noch weiter andrehen. Das etwas machbar ist hat unsere Arbeit gezeigt. Das unsere Arbeit noch lange nicht beendet ist, zeigen die vielen unberücksichtigt gebliebenen Forderungen.“
Hier gibt es den so genannten 16-Punkte-Plan: Fluglärm Interfraktionelles Petitum
Pressemitteilung BAW Bürgerinitiative Alstertal/Walddörfer/Ahrensburg für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein
Fluglärm: Neue Initiative für mehr Kontrolle und mehr Anreize für weniger Lärm
Am gestrigen Abend hat der Umweltausschuss eine gemeinsame Initiative von SPD, CDU, Grünen und FDP für mehr Fluglärmschutz in Hamburg beschlossen (siehe Anlage). Der Antrag mit 16 Themenkomplexen geht noch über die 10-Punkte-Initiative vom April 2014 hinaus. Neben einem erneuten Anlauf für ein lärmoptimiertes Anflugverfahren im Einvernehmen mit den Hamburger Nachbarn im Nordosten, einer erstmals gesetzlichen Stärkung der Fluglärmschutzbeauftragten, einer strengeren Genehmigungs-, Bußgeld- und Entgeltpraxis setzt die Initiative auf wesentlich mehr Transparenz, zum Beispiel durch eine Öffnung der Fluglärmschutzkommission. In der letzten Sitzung vor der Wahl soll die Bürgerschaft am 4. Februar die Empfehlung beschließen, damit Senat, Flugsicherung und Flughafen in die Umsetzung gehen können.
Andreas Dressel, SPD-Fraktionschef: „Trotz Wahlkampf ist uns ein breiter überparteilicher Konsens beim Fluglärmschutz gelungen. Wir alle nehmen die Fluglärmbeschwerden ernst und haben einen guten Interessenausgleich erreicht. Mein Dank geht an alle, die dabei mitgeholfen haben. Die jetzt beschlossene Initiative geht mit 16 Einzelthemen über den 10-Punkte-Plan aus dem Frühjahr 2014 deutlich hinaus. Die Fluglärmschutzbeauftragte wird bundesweit einmalig mit einer umfassenden Ombudsfunktion und einer erstmals eigenen gesetzlichen Grundlage gestärkt, sie wird mit einem eigenen Büro auch am Flughafen präsent sein. Weitere Verschärfungen bei der Gebühren-, Bußgeld- und Genehmigungspraxis werden helfen, die Zahl später und lauter Flieger zu minimieren. Mehrerlöse sollen in den passiven Lärmschutz fließen. Neben der strikten Einhaltung der Bahnbenutzungsregeln wollen wir insbesondere mehr Transparenz: Die Fluglärmschutzkommission soll – soweit bundesgesetzlich möglich – wie jede Ausschusssitzung in der Bürgerschaft öffentlich tagen. Unter anderem mit einem Jahresbericht der Fluglärmschutzbeauftragten, einem regelmäßigen Reporting zu wichtigen Fragen des Ersuchens werden Parlament und Öffentlichkeit noch mehr informiert. Eine unter Federführung des Flughafens zu startende Allianz für den Lärmschutz soll alle Beteiligten, von den Airlines über die Betriebsräte bis zu den Fluglärminitiativen an einen Tisch holen. Die Umsetzung wird viel Arbeit bedeuten, aber die Akzeptanz unseres Stadtflughafens sollte uns allen wichtig sein.“
Dazu erklärt Dennis Thering, Wahlkreisabgeordneter der CDU aus dem Alstertal und Walddörfer: „Es ist gelungen, einen wichtigen Schritt zum Schutz der von Fluglärm betroffenen Menschen zu gehen. Die strenge Einhaltung sämtlicher Bahnbenutzungsregeln, die Öffnung der Fluglärmschutzkommission für die Öffentlichkeit und eine Allianz für Lärmschutz, in der alle Initiativen vertreten sind, sind Maßnahmen, die die Situation der Anwohner deutlich verbessern werden. Der Senat ist jetzt in der Pflicht, für eine schnelle Umsetzung der beschlossenen Schritte zu sorgen. Eine Verschleppung und Blockade durch die Behörden, wie es beim alten 10-Punkte-Plan der Fall war, darf es nicht wieder geben. Es muss das Bestmögliche für die Gesundheit der betroffenen Bürgerinnen und Bürger getan werden.“
Dr. Anjes Tjarks, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt: „Dieser interfraktionelle Kompromiss ist das klare Signal an den Senat und alle anderen Beteiligten, dass sie sich ernsthaft und sorgfältig um eine Reduzierung des Fluglärms bemühen müssen. Die Beschwerden über Fluglärm sind in den letzten drei Jahren angestiegen. Eine spürbare Entlastung wird wahrscheinlich nicht von heute auf morgen erreicht werden können. Umso wichtiger ist aber die Stärkung der Fluglärmschutzbeauftragten und ihrer Ausstattung mit besseren Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten. Ein jährlicher Fluglärmbericht wird außerdem dafür sorgen, dass die Bürgerschaft die Fluglärmentwicklung in Hamburg besser kontrollieren kann. Nachdem der Senat das Karten-Kuddelmuddel mittlerweile aufgeklärt hat, haben wir uns darauf geeinigt, dass die Anflüge möglichst früh auf einen eng begrenzten Korridor begrenzt werden sollen. Ziel muss es sein, die Anflüge so zu konzentrieren, dass sie möglichst über unbewohnten Gebieten auf den Anflugstrahl einfädeln. Sinnvoll ist es deshalb insbesondere, mit den Nachbargemeinden einen erneuten Anlauf zu unternehmen, um das Anflugverfahren über mindestens 10 Nautische Meilen zu erproben. Wir haben nach wie vor Zweifel daran, dass die neue Entgeltordnung des Flughafens einen Anreiz für die Nutzung leiserer Flugzeuge schafft. Deshalb bin ich froh, dass wir uns auf eine Überprüfung der Neuregelung und gegebenenfalls auf eine Verschärfung geeinigt haben.“
Kurt Duwe, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion: “Die Bürgerschaft hat sich der Abwägung zwischen der Zukunftsfähigkeit eines innerstädtischen Flughafens und den Anforderungen des Lärmschutzes gestellt. Wir Freie Demokraten haben darauf gedrungen, dass in der interfraktionellen Initiative für mehr Transparenz auf der Basis nachvollziehbarer Lärm-Messungen und strikte Einhaltung von Bahnnutzungsregeln gesorgt ist. Oberste Priorität behält die Flugsicherheit. Der Kompromiss zwischen den Interessen der Anwohner und des Flughafens sowie seiner Passagiere ist gelungen.“
Gemeinsame Pressemitteilung SPD, GRÜNE, CDU, LINKE Bürgerschaftsfraktionen