Insektensterben in Schutzgebieten bremsen

Schutzgebiete auszuweisen genügt nicht / Naturverträgliche Nutzung, wirksames Management & bessere Vernetzung der Schutzgebiete erforderlich
Selbst in Naturschutzgebieten ist die Insektenvielfalt massiv bedroht – mit diesem Ergebnis sorgte eine Studie des Entomologischen Verein Krefeld vor sechs Jahren für Aufsehen. Demnach ist die Biomasse der Fluginsekten in Schutzgebieten über einen Zeitraum von rund 30 Jahren um rund 75 Prozent zurückgegangen. Was sind die Gründe dafür und was tun gegen das dramatische Insektensterben in Schutzgebieten?

 

Im NABU-Projekt DINA (Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen) haben Forscherinnen und Forscher nachgewiesen, dass Naturschutzgebiete stark unter umgebenden Faktoren, wie etwa landwirtschaftlichen Einträgen, leiden und dadurch natürliche, verbundene Habitate verloren gehen.

Basierend auf diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen haben sie nun zentrale Handlungsempfehlungen veröffentlicht. So müssen Insekten aufgrund ihrer großen Bedeutung für die Stabilität von Ökosystemen bei der Definition von Erhaltungsmaßnahmen und -zielen berücksichtigt werden – in Schutzgebieten und deren Umfeld. Umliegende landwirtschaftliche Nutzflächen sollten beim Schutzgebietsmanagement berücksichtigt werden, insbesondere wenn neue Schutzgebiete ausgewiesen werden, da etwa Abdrift von Pestiziden und Umwelteinflüsse in einem Radius von bis zu zwei Kilometern auf die Schutzgebiete einwirken. Der NABU fordert vor diesem Hintergrund die Belastung durch Pestizide um 50 Prozent zu reduzieren, besonders innerhalb und in der Umgebung von Schutzgebieten. Dazu gehört eine EU-weite Regelung, wie sie derzeit in Brüssel verhandelt wird. Ebenso braucht es ein bundesweites Monitoring, um vorhandene Defizite aufzuzeigen und mit entsprechenden Maßnahmen nachzubessern. Zudem gelte es, direkt betroffene Landwirtinnen und Landwirte besser einzubinden und das Management der Schutzgebiete selbst deutlich zu verbessern.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die Ergebnisse des DINA-Projekts zeigen einmal mehr: Um die Naturkrise zu bremsen, genügt es nicht, einfach nur Schutzgebiete auszuweisen. Wir müssen die darin lebenden Tier- und Pflanzenarten auch wirklich schützen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Häufig ist die Realität jedoch eine andere. Um das zu ändern, muss die Bewirtschaftung von Schutzgebieten und ihres Umfelds naturverträglicher werden. Zerstörte Moore, Wälder, Flüsse und Auen müssen zu neuem Leben erweckt werden. Renaturierte Flächen und neu ausgewiesene Schutzgebiete können hierbei als Korridore zur Vernetzung bestehender Schutzgebiete dienen. Auch wenn die Herausforderungen groß sind: Es geht um die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen heutiger und künftiger Generationen. Das erfordert eine Kraftanstrengung aller relevanten Akteure. Vor allem die politischen Entscheidungsträger in Bund und Ländern tragen Verantwortung, einen Rahmen zu setzen, mit dem die Naturkrise beendet werden kann.”

Konkret fordert der NABU die Bundesregierung dazu auf, ihren Verpflichtungen auf internationaler Ebene nachzukommen – etwa den Zielen, 30 Prozent der Land- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen und die Pestizidbelastung und die damit verbundenen Risiken um 50 Prozent zu reduzieren, wie es im Weltnaturabkommen von Montreal und der EU-Biodiversitätsstrategie vereinbart ist. Hierfür ist Deutschland in der Verantwortung, die selbstgesetzten Ziele in konkrete Schritte und politische Entscheidungen zu übersetzen. Das von der Bundesregierung im März dieses Jahres angekündigte Naturflächengesetz muss dementsprechend ambitioniert ausgestaltet werden.

Hintergrund
Beim Projekt DINA (Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen), bestehend aus acht renommierten Institutionen, wurde von Mai 2019 bis April 2023 an bundesweit 21 repräsentativ ausgewählten Standorten die Insektenvielfalt und deren Belastung aus den umliegenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erfasst. Begleitend wurden Befragungen und Fokusgruppendiskussionen mit Landwirtinnen und Landwirten durchgeführt, um die Rahmenbedingungen für die Akzeptanz von Maßnahmen für den Insektenschutz zu untersuchen. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Gesamtsumme von 4,6 Millionen Euro gefördert.

Pressemitteilung NABU

Dieser Beitrag wurde unter Natur veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.