Ob Seife oder Mehrwegbesteck: Viele Ökoprodukte werden gezielt an Frauen vermarktet und von Frauen gekauft. Nimmt das Männern die Motivation, selbst Verantwortung zu übernehmen – weil ihnen umweltschonendes Verhalten als zu feminin erscheint?
Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war es so: Wenn man als Verbraucherin oder Verbraucher etwas für Umwelt tun wollte, war die einzige Möglichkeit, seinen eigenen Einkaufsbeutel mitzubringen. Heutzutage jedoch wird die ökologisch gesinnte Einkäuferin geradezu überschüttet mit “grünen” Optionen. Kosmetika werden vermehrt in Glasbehältern verkauft. Strumpfwarenhersteller ersetzen Nylon durch umweltfreundlicheres Material. Dank wiederverwendbarer Damenbinden und Menstruationstassen kann jetzt auch die Monatsregel ohne Plastik ablaufen.
Angesichts der immensen Belastung des Planeten durch Konsumabfälle mag man dieses sichtliche Bemühen um Nachhaltigkeit in den Supermarkt-Regalen erfreulich finden. Doch wenn man genau hinschaut, dann richten sich die meisten umweltfreundlichen Produkte an Frauen.
Dafür gibt es einen offensichtlichen (und deprimierenden) Grund: Frauen sind nicht nur die einflussreicheren Verbraucher(innen), sondern immer noch überproportional häufig für den häuslichen Bereich verantwortlich. Das Ergebnis bezeichnet die Marktforschungsfirma Mintel als “ökologisches Gender Gap” – salopp gesagt könnten die Marken, die als “grün” vermarktet werden, genauso gut pink sein. In einem Report von Mintel zu diesem Thema aus dem Jahr 2018 stellte der Consumer-Lifestyle-Analyst Jack Duckett fest, dass sich Frauen “immer noch tendenziell um den ganzen Haushalt kümmern”, die Wäsche, das Putzen oder das Recycling. Wenn sich aber Werbefirmen mit ihren umweltbezogenen Kampagnen und Produktbotschaften vor allem an weibliche Adressaten wendeten, riskierten sie damit, die Botschaft zu vermitteln: Nachhaltigkeit sei Frauensache.
Das traditionelle Frauenbild ist das einer Sorgenden – und nun eben auch für den Planeten. Janet K Swim, Professorin für Psychologie an der US-amerikanischen Pennsylvania State University, forscht seit langem über die sozialen Folgen umweltfreundlichen Handelns geforscht. Sie hat auf eine rund hundert Jahre alte politische Karikatur hingewiesen, die den US-Präsidenten Theodore Roosevelt (1901-1909) mit Schürze darstellte – um ihn wegen seiner Umweltpolitik “als weiblich zu verspotten”.
Es stimmt ja auch, dass Frauen mit höherer Wahrscheinlichkeit als Männer “grüne” Einstellungen haben. Forschungsarbeiten aus der Mitte der 90er oder den 2000er Jahren verwiesen auf eine größere Neigung von Frauen, prosozial, altruistisch oder empathisch zu sein sowie eine stärkere Ethik der Fürsorge an den Tag zu legen oder eine zukunftsorientierte Perspektive einzunehmen. “Die Forschung deutet darauf hin, dass Frauen stärker dazu sozialisiert worden sind, sich um Andere zu kümmern und sozial verantwortlich zu sein, was wiederum dazu führt, dass sie sich mit Umweltproblemen befassen und willens sind, sich ökologisch zu verhalten”, sagt Rachel Howell, Dozentin für Nachhaltige Entwicklung an der Universität Edinburgh (wie sie anmerkt ein Fach, das im Bachelor vor allem Frauen studieren).
Der Text ist ein – leicht gekürzter und bearbeiteter – Nachdruck aus dem Guardian
Mehr Infos und der gesamte Text unter: https://www.klimafakten.de/meldung/gender-gap-beim-klimaschutz-ist-die-rettung-des-planeten-frauensache