„Jeder weitere Kilometer Autobahn zerstört Natur“

Greenpeace zur Ampel-Einigung bei Verkehrsreformen
Die Ampel Fraktionen haben gestern (16.10.) weitreichende Verkehrsreformen beschlossen, etwa zur Beschleunigung von Planungsprozessen und Änderungen der Lkw-Maut. Für Greenpeace-Mobilitätsexpertin Lena Donat geht vor allem der beschleunigte Bau von über 130 Autobahnprojekten in die falsche Richtung:

 

„Wenn die Ampel heute noch weit über 100 Autobahnprojekte als ’im überragenden öffentlichen Interesse’ bezeichnet, dann zeugt das von überragendem Desinteresse am Schutz von Natur und Klima. Jeder weitere Kilometer Autobahn zerstört Natur, verursacht noch mehr Stau und verschwendet viele Millionen an Steuergeldern für falsche Verkehrsprojekte. Es ist schockierend, dass SPD und Grüne die 70er-Jahre-Autobahnpolitik der FDP nicht stoppen konnten oder wollten.

Der größte Hoffnungsschimmer in dieser Reform liegt in den Änderungen der Lkw-Maut. Endlich finanziert das Geld aus der Lkw-Maut nicht mehr ausschließlich weitere Straßen, sondern auch den Ausbau der klimaschonenden Schiene. Von solchen Umbrüchen braucht die Verkehrspolitik viel mehr, damit die Mobilitätswende Fahrt aufnimmt.“

Pressemitteilung Greenpeace


Geplante Verkehrsreformen der Bundesregierung: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Gesetzesvorhaben als vollkommen unzureichend und teilweise kontraproduktiv
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das vom Bundeskabinett vorgestellte Paket an Verkehrsreformen als vollkommen unzureichend und teilweise kontraproduktiv. Die Pläne zur Beschleunigung bei Genehmigungen von Verkehrsinfrastruktur stellen keine Priorisierung besonders wichtiger Vorhaben im Verkehrssektor dar. Stattdessen sollen ohne Rücksicht auf verbindliche Vorgaben zu Klimaschutz, Schutz der Artenvielfalt oder weniger Flächenversiegelung noch mehr klimaschädliche Autobahnen im Eiltempo entstehen. Auch bei der Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) verzichtet die Bundesregierung auf jegliche Ambition und schiebt alle wesentlichen Entscheidungen auf die Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO), deren aktueller Entwurf im Wesentlichen die Dominanz des Autos in Städten fortschreibt. Lediglich das Mautgesetz, durch das deutlich mehr Geld in den Ausbau des Schienenverkehrs investiert werden kann, stellt einen Hoffnungsschimmer dar. Das Reformpaket soll am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Wir brauchen eine beschleunigte Planung und Realisierung von dringend notwendigen Infrastrukturmaßnahmen im Verkehrsbereich: Aus- und Neubau von Schienenwegen, die Elektrifizierung der Schiene und die Sanierung unzähliger Brücken. Stattdessen will die Bundesregierung das Land mit neuen Autobahnen zupflastern. Es ist peinlich, wie dieses erneute Einknicken vor der Automobilindustrie jetzt durch ein „Solar-Upgrade“ grüngewaschen werden soll. Eine wirkliche Reform des Straßenverkehrsgesetzes mit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit, die Bus und Bahn, Rad- und Fußverkehr gegenüber dem klimaschädlichen Kfz-Verkehr priorisiert, ist nicht in Sicht. Werden SPD und Grüne diese vertane Chance in der Verkehrspolitik erneut akzeptieren?“

Dorothee Saar, Bereichsleiterin Verkehr und Luftreinhaltung, ergänzt: „Die Ausweitung der Lkw-Maut ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dass große Teile der Einnahmen in die Schiene investiert werden sollen, ist begrüßenswert. Angesichts der Beschränkung der Maut auf Bundesstraßen und auf Lkw ist dies jedoch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen dringend eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen, um die Verlagerung des Verkehrs auf urbane Wohn- oder Nebenstraßen zu vermeiden. Mit zunehmender Elektrifizierung der Autoflotte und einem Rückgang der Einnahmen aus der Energiesteuer muss die Maut auch auf Pkw ausgeweitet werden, um die Kosten des Kfz-Verkehrs durch Umweltbelastung sowie für Infrastruktur zumindest teilweise auszugleichen.“

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe


VCD zur Einigung bei Verkehrsgesetzen: Neben Licht viel Schatten

Nach zum Teil heftigen Diskussionen zwischen SPD, Grünen und FDP hat sich die Ampelkoalition auf die Reform wichtiger Verkehrsgesetze geeinigt. Diese Woche werden die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der mautrechtlichen Vorschriften sowie das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz abschließend im Bundestag beraten. Der ökologische Verkehrsclub VCD begrüßt die Einigung, bemängelt aber den fehlenden Mut der Koalitionäre. Neben Licht bleibt viel Schatten.

Kerstin Haarmann, die VCD-Bundesvorsitzende, begrüßt, dass jetzt die Weichen für einen beschleunigten Ausbau der Schiene gestellt wurden: „Damit kommt die Koalition ihrem Ziel näher, die Fahrgastzahlen der Bahn bis 2030 zu verdoppeln und den Schienen-Anteil am Güterverkehr auf 25 Prozent zu erhöhen. Die dafür nötigen Investitionen werden auch durch die erweiterte Lkw-Maut sichergestellt, was besonders sinnvoll ist.“ So werde die Maut nicht nur auf alle Lkw ab 3,5 Tonnen und auf CO2 ausgeweitet, sondern­ der Großteil der Mehreinnahmen solle in die Schiene fließen, so Haarmann: „Damit setzt die neue Lkw-Maut einen Anreiz, Güter auf die Bahn zu verlagern und emissionsfreie Lkw anzuschaffen.“

Kritisch sieht der VCD, dass mit dem Planungsbeschleunigungsgesetz auch der Ausbau von Autobahnen beschleunigt wird. Haarmann schlägt einen anderen Weg vor: „Die Koalition muss sich beim Straßenausbau ehrlich machen – angesichts knapper Mittel und zu wenig Personal sollte sie sich auf den Erhalt und die Sanierung von Straßen und Brücken beschränken.“ Die geänderte Lkw-Maut soll zum 1. Dezember in Kraft treten. Da also die Zeit drängt, wird der Bundesrat ebenfalls bereits diese Woche darüber abstimmen.

Die Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Straßenverkehrsordnung (StVO) stehen dort erst später auf der Tagesordnung. Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, hält besonders diese Reformen für überfällig: „Die Kommunen brauchen mehr Freiheit, um vor Ort die Verkehrswende voranzubringen. Und prinzipiell setzt das neue StVG auch den Rahmen dafür – doch jetzt kommt es darauf an, dass die neue StVO diesen Rahmen voll ausschöpft.“

Der bisherige Ampel-Entwurf zur StVO sei in dieser Hinsicht ungenügend, kritisiert Müller-Görnert: „Er beschränkt den Spielraum der Kommunen weiterhin und knüpft zahlreiche, notwendige Maßnahmen an das Primat eines flüssigen Autoverkehrs. Hier muss der Bundesrat nachbessern, damit künftig nicht mehr das Auto im Fokus des Verkehrsrechts steht, sondern Mensch und Umwelt.“

Pressemitteilung VCD (Verkehrsclub Deutschland; https://www.vcd.org)

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