Kastaniensterben: Edelkastanien sind ein guter Ersatz

Die Mitglieder im Pomologenverein engagieren sich für Erhaltung und Schaffung von Obstkulturen, die Biodiversität fördern und dauerhaft die Bodenfruchtbarkeit sichern. Der Lebensraum der meisten unserer Enkel wird eine Stadt sein. Daher ist es heute eine zentrale Anforderung an Stadtgestaltung in Hamburg dazu beizutragen, dass unsere Enkel gerne in unserer Stadt leben werden.

 

Auch wir Pomologen bemühen uns verstärkt, Beiträge zu einer „enkeltauglichen“, grüneren, wo möglich auch essbaren städtischen Lebenswelt zu entwickeln.
Das offensichtlich nicht abwendbare Sterben von mehreren tausend Rosskastanien in Hamburg erfordert Ersatzpflanzungen, die das künftige Hamburg prägen werden. Die Landesgruppe Schleswig-Holstein / Hamburg des Pomologenvereins schlägt viele Pflanzungen von Edelkastanien (Castenea sativa) als Ersatz für die prachtvollen Rosskastanien vor. Statt Bastelmaterial werden Hamburger Kinder Maronen sammeln und rösten können. Honig von Edelkastanien werden die Stadtimker ernten, wenn wir das Elend der schönen Rosskastanien zu einem kleinen Beitrag für ein lebenswertes und essbares Hamburg nutzen.

Leider kursieren Missverständnisse, die das geringe Vorkommen dieser Baumart in Norddeutschland erklären und Widerstände gegen die Pflanzung von Esskastanien begründen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass alle Biotope, die heute geschützt werden, eine Folge anthropogener Eingriffe in die „Natur“ sind. Für die stark gefährdete Biodiversität ist entscheidend, dass eine Baumart der gesamten heimischen Fauna auf unterschiedliche Weise Lebensräume bietet und klimageeignet ist. Umfangreiche Studien staatlicher Forschungsanstalten haben für diese Fragestellungen eine gute Eignung von Castanea sativa in fast ganz Deutschland ermittelt, wobei Hamburg klimatisch sogar als sehr gut klassifiziert wurde (Quellen: www.peterlock.de). Vor allem, Edelkastanien sind von den Schaderregern der Rosskastanie nicht betroffen, da es sich botanisch um unterschiedliche Gattungen handelt. Sie bilden eine Pfahlwurzel und überstehen daher auch längere Trockenperioden.

Die sehr späte voluminöse, lange anhaltende Blüte macht Castanea sativa zu ausgezeichneten Bienenweiden zeitlich im Anschluss an Frühjahrsblüher. Angesichts der agrar-industriell verstärkten Verödung ländlicher Räume wird unsere Stadt zwangsläufig zu einem Refugium für Biodiversität, das durch die Pflanzung vieler Edelkastanien verstärkt wird. Erste Edelkastanien gibt es bereits in Wandsbek und Eimsbüttel, viele weitere sollten folgen.

Peter Lock: „Wir sind dem Artensterben nicht hilflos ausgeliefert und können Alternativen entwickeln – die robuste Esskastanie ist ein großer Gewinn für Hamburg“
Joachim Reinig: „Die wachsende Stadt braucht Blüten und Früchte. Esskastantienbäume sind soziales Grün für Insekten und Menschen.“

Hintergrund:

Kastanie in Gefahr
PSEUDOMONAS SYRINGAE: BAKTERIELLES ROSSKASTANIEN­STERBEN
Seit 2007 ist in Deutschland eine neue Krankheit an Rosskastanie bekannt. Das bakterielle Rosskastanien-Sterben befällt Bäume jeglichen Alters. Das Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi löst die Krankheit aus. Die Krankheit kann vom Absterben der Rinde des Baumes über Sekundärinfektionen unterschiedlicher Pilzarten bis zum Absterben des ganzen Baumes führen. Durch die schnelle Ausbreitung der Krankheit Krankheit gehen Forscher davon aus, dass die Übertragung über die Luft und den Niederschlag passiert.
BEFALLSSYMPTOME
Der Befall des Bakteriums Pseudomonas syringae pv. aesculi löst schwarze Stellen am Stamm aus. Der Baum blutet und es bilden sich großflächige Verfärbungen an der Rinde . Im zweiten Schritt siedeln sich Pilze durch die Eintrittspforten am Stamm an. Am einfachsten sind diese erkennbar, wenn sie gegen Herbst ihre Fruchtkörper aus dem Stamm schieben. Somit sind sie vor allem im Winter ohne Belaubung gut erkennbar. Gleichzeitig bilden sich durch die Spannungen im Holz tiefe, senkrecht verlaufene Risse. Im fortgeschrittenen Stadium sterben Teile der Krone ab, da der Stamm sie nicht mehr mit Nährstoffen und Wasser versorgt. Sind bereits Pilzkörper am Baum sichtbar, kann es sein, dass das Holz bereits von massiver Weißfäule zerfressen ist. In schlimmen Fällen werden die Bäume zur Erhaltung der Verkehrssicherheit gefällt.
VERBREITUNG DER KRANKHEIT
Beim Rosskastanien-Sterben handelt es sich um eine Komplexkrankheit. Das Bakterium an sich richtet keinen großen Schaden an. Gefährlich sind die Pilze, welche die entstehenden Eintrittspforten nutzen. Sie zerstören den stabilen Holzkörper, durchtrennen Leitbahnen und lassen das Holz aufreißen.
Die ersten Funde der Krankheit waren im Jahr 2007 in Hamburg. Von da hat sich das Bakterium im Nord-Westen Deutschlands ausgebreitet. Mittlerweile gehen Wissenschaftler von einer Besiedlung in ganz Deutschland und teilen Mitteleuropas aus. Warum sich die Krankheit plötzlich so stark ausbreiten konnte ich nicht bekannt. Eine Möglichkeit ist das vermehrte Vorkommen der Rosskastanien-Miniermotte in den letzten Jahren. Sie schwächt die Bäume über Jahre hinweg und macht sie anfällig für neue Krankheitserreger. Dadurch erklärt sich jedoch nur der Befall von weißblühenden Kastanien. Pseudomonas befällt aber beide, rot- und weißblühende Kastanien.
Quelle: Baumpflegeportal

Pressemitteilung der Landesgruppe Schleswig-Holstein / Hamburg des Pomologenvereins

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