Kein Eden für jeden

Mit der Reform der gesetzlichen Grundlagen Mehr Demokratie HHfür Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sollte mehr Rechtsklarheit für alle Beteiligten erreicht werden. Der Beschluss des Hamburger Verwaltungsgerichts zum Bürgerbegehren „Eden für Jeden“ (15 E 5573/14) lehrt jetzt etwas Schlechteres.

Worum ging es? Mit dem Bürgerbegehren sollte das sogenannte Pergolenviertel östlich der City Nord in Barmbek mit seinen 350 Kleingärten erhalten und nicht durch Wohnungsbau umgenutzt werden. Das Bezirksamt Nord erklärte das Bürgerbegehren für unzulässig – und wurde in dieser Einschätzung nun vom Gericht bestätigt. Grundlage für die Entscheidung ist eine Weisung der Senatskommission für Stadtentwicklung und Wohnungsbau vom 28.2.2013, in der es heißt: „Das Bezirksamt Hamburg-Nord wird angewiesen, das eingeleitete Bebauungsplanverfahren…. mit den Eckpunkten: 1.400 Wohnungen (60%) öffentlich gefördert, 160 Kleingärten und 5 ha öffentliche Grünanlagen)… zügig und mit Priorität durchzuführen und unter Beachtung des Abwägungsgebots festzustellen.“
Die rechtlichen Fragen, die sich daraus ergeben, sollen hier nicht näher angesprochen werden: Wurde mit der Weisung das Abwägungsgebot unzulässig eingeschränkt? Wurden Planungsgrundsätze wie ergebnisoffene Abwägung, Vermeidung und Minimierung des Eingriffs ausgehebelt?

Die Bezirksversammlung Nord soll also nun den Bebauungsplan so beschließen, wie das die Senatskommission verlangt. Eine Abwägung etwa in dem Sinne, dass auf das Vorhaben verzichtet wird, ist nicht erlaubt – im Rahmen der Weisung kann nur noch abgenickt werden. Alles andere wäre genauso unzulässig wie das Bürgerbegehren, denn für beide – die Beschlüsse der Bezirksversammlung und die Bürgerbegehren – gelten die gleichen gesetzlichen Zulässigkeitsbestimmungen. Manfred Brandt von „Mehr Demokratie“: „Das ergibt sich zwingend aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts“. Auch das Bezirksamt Nord stellt fest: „Die Entscheidungen der Bezirksversammlung unterliegen den gleichen rechtlichen Grenzen wie das Bürgerbegehren.“ (Drucksache – XX-3133 Bezirksversammlung Hamburg-Nord)

Für „Mehr Demokratie“ ist das Vorgehen der Senatskommission demokratisch nicht zu rechtfertigen, denn die vom Volk gewählte Bezirksversammlung wird in ihrer Entscheidungsfreiheit gegängelt und kann keinen von der Weisung abweichenden Beschluss fassen. Folgt man der Logik des Verwaltungsgerichts, wäre eine solche Abstimmung unzulässig, selbst wenn es nur ein empfehlender Beschluss wäre. Manfred Brandt: „Wenn der Senat den Bebauungsplan durchsetzen will, soll er das Verfahren an sich ziehen und auf Landesebene durchführen. Eine solche Evokation ist unpopulär, aber rechtlich die einzig saubere Lösung. Hier aber versteckt sich der Senat feige hinter der Senatskommission und der Bezirksversammlung, die dann den politischen Schaden ausbaden soll.“ Für Mehr-Demokratie-Sprecher Brandt zeigt sich an diesem Beispiel wieder einmal, wie dringend nötig eine Strukturreform ist. „Deutlicher kann man die derzeitige Machtlosigkeit von Bezirksgremien in Hamburg nicht darstellen. Das Problem werden wir nur mit einer Verfassungsänderung lösen können. Nach diesem Gerichtsbeschluss ist das noch klarer. Wir werden die Ärmel noch etwas weiter aufkrempeln müssen.“
Pressemitteilung Mehr Demokratie HH

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