Deutsche Umwelthilfe kritisiert Regierungsprogramme für Klimaschutz in Gebäuden und Verkehr
Das für heute angekündigte übergreifende Klimaschutzprogramm ist von der Bundesregierung abgesagt worden. Das übergreifende Programm wäre notwendig, um die Einhaltung des Klimaziels 2030 sicherzustellen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass sich die Regierung erneut nicht auf die notwendigen und gesetzlich vorgeschriebenen ausreichenden Maßnahmen für den Klimaschutz einigen kann.
Die Bundesregierung beschloss heute lediglich die gesetzlich vorgeschriebenen Sofortprogramme für den Gebäude- und den Verkehrssektor. Die Maßnahmen der Einzelprogramme bewertet die DUH als unzureichend. Die DUH kündigt an, diesen klaren Verstoß gegen das Klimaschutzgesetz in den bereits beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anhängigen Klimaklagen prüfen zu lassen, um per Gerichtsentscheid die Bundesregierung zu zwingen, ausreichend wirksame Maßnahmen im Gebäude- und Verkehrsbereich durchzusetzen.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Das Sofortprogramm für den Gebäudesektor geht peinlicherweise davon aus, dass die notwendigen CO2-Einsparungen bis 2030 um Millionen Tonnen verfehlt werden und gleichzeitig in den nächsten Jahren kein Handlungsbedarf im Gebäudesektor besteht. Dabei wissen Ministerin Geywitz und Minister Habeck sehr genau, welche Maßnahmen notwendig wären, um den Heizungssektor zu dekarbonisieren. Dazu gehören das Kriterium für 65-Prozent-Erneuerbare für Heizungen, das einem Verbot von Öl und Gasheizungen entspricht sowie ordnungsrechtliche Maßnahmen zur richtigen Einstellung von Heizsystemen. Leider fehlt es den zuständigen Ministerien an der notwendigen Durchsetzungskraft. Blind bleibt die Regierung weiterhin beim Energiesparen in Gebäuden, vor allem im Bestand. Notwendig wäre jetzt eine 180-Tage-Sanierungsoffensive für Schulen und Kindergärten sowie eine konsequente und schnelle Einführung von Mindesteffizienzstandards. Damit könnten schon in den kommenden Jahren CO2 eingespart, die vielerorts unzumutbaren Zuständen für die Schutzbedürftigsten verbessert und gleichzeitig Verbraucherinnen und Verbraucher vor explodierenden Energiekosten geschützt werden. Sonst steht Deutschland nicht nur im kommenden, sondern auch im darauffolgenden Winter vor den gleichen Problemen.“
Die DUH fordert eine schnelle und konsequente Umsetzung der Mindesteffizienz-Standards im Gebäudesektor. Das bedeutet, sehr schnell die schlechtesten Gebäude zu sanieren. Hier braucht es ordnungsrechtliche Vorgaben sowie eine gezielte Förderung für die Bestandssanierung.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der Maßnahmenplan des Verkehrsministers belegt den Offenbarungseid der FDP im Klimaschutz. Herr Wissing will anstatt realer CO2-Emissionen über nicht vorhandene ‚klimafreundliche Kraftstoffe‘ 13 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Wir brauchen ein Ende der Taschenspielertricks und den Einstieg in ehrliche, kurzfristig wirksame Maßnahmen, die den Energieverbrauch sofort reduzieren. Davon findet sich nichts im aktuell bekannten Einzelprogramm von Verkehrsminister Wissing. Obwohl im Verkehrssektor eine Klimalücke bis 2030 von 160 Millionen Tonnen CO2 existiert, will die Ampel-Regierung keine wirksamen Maßnahmen aufgreifen, die die Klimagasemissionen im Verkehrsbereich kurzfristig senken. SPD und Grüne akzeptieren weiterhin die faktische Richtlinienkompetenz der FDP im Klimaschutz. Es reicht nicht, die Menschen zum Kaltduschen aufzufordern. Wir brauchen noch in diesem Sommer den Mut, dass sich die Bundesregierung über die Anweisungen der Automobilkonzerne hinwegsetzt und kurzfristig wirksame Klimaschutzmaßnahmen beschließt.“
Die DUH fordert fünf konkrete Maßnahmen für das Sofortprogramm Verkehr:
Ein auf mindestens zwei Jahre angelegtes Tempolimit 100/80/30, mit dem jeden Tag 10 Millionen Liter Diesel und Benzin und jährlich 9,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart wird
Ein bundesweit gültiges 365-Euro-Klimaticket für Bus und Bahn
Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit auf Dienstwagen, die im realen Fahrbetrieb unter 95 g CO2/km emittieren und mit einer Obergrenze von 30.000 Euro
Stopp jeglicher Streckenstilllegungen beziehungsweise Beendigung der Personenbeförderung auf Schienenstrecken (wie aktuell bei Berlin zwischen Joachimsthal und Templin geplant)
Auf ein Jahr befristetes Verbot für Kurzstreckenflüge, wenn die jeweiligen Städte per Bahn in weniger als fünf Stunden erreichbar sind
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Es ist überfällig, dass der Konflikt darüber, was der klimapolitische Grundkonsens des Koalitionsvertrages ist, endlich öffentlich ausgetragen wird. Hier muss auch der Bundeskanzler klar Stellung nehmen. Sonst wäre zumindest für die Grünen die vertraglich vereinbarte Handlungsgrundlage nicht mehr gegeben.“
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe