Koalitionsverhandlungen: Dach ist noch nicht sturmfest

Krüger: Transparenz, Mitsprache und Naturschutz sind Pfeiler unserer Demokratie
Mit dem Eintritt in die zweite Phase der Koalitionsverhandlungen gehen diese in ihre entscheidende Phase. In den bisher bekannt gewordenen Verhandlungsergebnissen zwischen CDU/CSU und SPD sollen unter anderem Informationsrechte, Klagerechte und Mitsprache der Zivilgesellschaft reduziert werden. Auch Naturschutz spielt nur eine untergeordnete Rolle. Dazu sagt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:

„Wer die Stützpfeiler eines Hauses entfernt, macht das Dach nicht sturmfester – genauso wenig wird eine Demokratie stabiler, wenn Transparenz und Beteiligung eingeschränkt werden. Statt tragende Elemente zu schwächen, gilt es, sie gezielt zu stärken und weiterzuentwickeln. Eine dieser tragenden Säulen ist der Naturschutz mit seinen Rechten und Pflichten. Angesichts der bereits stark belasteten Ökosysteme braucht es keine Abstriche, sondern eine entschlossene Stärkung ökologischer und erneuerbarer Infrastrukturen. Denn nur gesunde Lebensgrundlagen sichern langfristig Wohlstand und Lebensqualität.”

Hintergrund:

Verbandsklagen: Ein bewährtes Instrument für rechtssichere Projekte

Anerkannte Umweltorganisationen spielen eine entscheidende Rolle bei der Wahrung des öffentlichen Interesses. Ihre Verbandsklagen sind äußerst erfolgreich – über 50 Prozent führen zu einer Korrektur rechtswidriger Genehmigungen, während die Erfolgsquote bei verwaltungsrechtlichen Klagen insgesamt nur bei 12 Prozent liegt. Diese Klagen tragen dazu bei, Infrastrukturprojekte rechtssicher zu gestalten, indem sie Mängel frühzeitig aufdecken und so spätere Verzögerungen oder Rechtsstreitigkeiten vermeiden.

Umweltorganisationen gleichen zudem die bestehende Asymmetrie zwischen dem Rechtsschutz individueller Interessen und dem Schutz der Umwelt aus. Eine Beschneidung dieses Klagerechts würde nicht nur den Naturschutz schwächen, sondern auch die zivilgesellschaftliche Mitbestimmung erheblich einschränken. Zudem ist das Klagerecht international in der Aarhus-Konvention verankert, an die Deutschland und die EU gebunden sind. Eine Einschränkung würde daher gegen geltendes EU- und Völkerrecht verstoßen.

Planungsbeschleunigung durch bessere Ausstattung, nicht durch weniger Beteiligung

Der Personalmangel in der Verwaltung stellt ein zentrales Hindernis für effiziente Planungsverfahren dar. Angesichts der steigenden Zahl an Projekten ist der Abbau von Beteiligungsrechten keine Lösung – im Gegenteil: Weniger Mitbestimmung führt zu geringerer Akzeptanz und erhöht das Risiko von Konflikten und Rechtsunsicherheiten. Statt Rechte zu beschneiden, braucht es daher mehr Personal und eine konsequente Digitalisierung. Eine bundesweite Datenplattform und die bessere Bereitstellung vorhandener Informationen würden Planungsverfahren erheblich beschleunigen, ohne den Rechtsschutz zu gefährden.

Starke Finanzierung für Naturschutz und Klimaanpassung

Ein wirksamer Naturschutz erfordert eine solide finanzielle Grundlage. Der aktuelle Koalitionsvertrag adressiert zwar einige zentrale Herausforderungen, bleibt aber in Bezug auf konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Artensterbens und zur Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen vage. Dabei braucht es nicht weniger, sondern deutlich mehr Naturschutz.

Ein zentraler Hebel hierfür ist die Finanzierung: Sowohl Kommunen als auch Länder benötigen eine stabile Finanzierungsbasis, um effektiven Naturschutz und Maßnahmen zur Klimaanpassung umsetzen zu können. Die in den Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandlungen erarbeiteten Vorschläge zur Finanzierung gehen in die richtige Richtung, sind aber bei Weitem nicht ausreichend. Wenn Deutschland seine ökologischen Verpflichtungen ernst nimmt, muss es endlich in ausreichendem Maße in den Schutz und die Anpassungsfähigkeit seiner natürlichen Lebensgrundlagen investieren.

Pressemitteilung NABU

Foto: Das Blaukehlchen ist durch Aus- und Umbaumaßnahmen an Gewässern gefährdet

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