Kritik zur Parlamentsabstimmung über EU-Abgasnorm Euro 7
Eine rechte Mehrheit der Europa-Abgeordneten aus den Fraktionen EVP, Renew, EKR und ID hat am Donnerstag in Brüssel für Änderungen der EU-Abgasnormen für PKW, LKW und Busse gestimmt. Die SPD-Europaabgeordneten kritisieren die geringen Ambitionen der Parlamentsposition, die durch den tschechischen Berichterstatter Alexandr Vondra von der nationalkonservativen EKR-Fraktion erarbeitet worden war.
Europaweit sterben laut EU-Kommission jährlich mehr als 300.000 Menschen vorzeitig auf Grund der Folgen von Luftverschmutzung. Zudem ist der Abrieb von Autoreifen für einen Großteil des Mikroplastiks in der Umwelt verantwortlich.
Tiemo Wölken, S&D-Sprecher im Umweltausschuss:
„Für den Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger ist diese Einigung eine Enttäuschung. Schlechte Luft ist immer noch einer der schädlichsten Umwelteinflüsse überhaupt und führt zu vielen vorzeitigen Todesfällen. Wir konnten diesem Vorschlag nicht zustimmen, da er die bestehende Euro-6-Verordnung in vielen wichtigen Punkten nicht signifikant verbessert. Die von uns vorgeschlagenen Änderungen für die Grenzwerte hätten hier wichtige Verbesserungen mit sich gebracht– haben jedoch leider keine Mehrheit gefunden. Allerdings gibt es auch einige positive Aspekte im Text: so etwa die neuen Standards für die Mindestlebensdauer von E-Auto-Batterien sowie für den Abrieb von Bremsen und Reifen, die insbesondere auch die Mikroplastik-Belastung der Umwelt verringern werden. Gut ist zudem, dass synthetische Kraftstoffe es nicht in den Text geschafft haben. Sie sind eine Scheinlösung, die für die allermeisten unerschwinglich bleiben wird, und gefährden den Umstieg der Automobilindustrie zur Elektromobilität.“
Matthias Ecke, sozialdemokratischer Verhandler der Verordnung im Industrieausschuss:
„Autofahren muss sauberer werden und dabei bezahlbar bleiben. All dies wäre mit realistischen Regeln möglich – das haben die Konservativen im EU-Parlament leider verhindert. Dass auch der Kommissions-Vorschlag viele Unklarheiten enthielt, hat die Verhandlungen erschwert. Mit ausreichend Zeit für die Umstellung und realistischen, rechtssicheren Testbedingungen hätte die innovationsstarke Auto- und Zulieferindustrie den Schadstoff-Ausstoß europäischer Autos stärker reduzieren können. Unsere Vorschläge hätten zu sauberer Luft geführt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im globalen Markt gestärkt. Das sind zwei vertane Chancen. Unsere Auto- und Zulieferindustrie kann mehr, als die Konservativen ihr zutrauen.“
Da eine Mehrheit der Abgeordneten heute für eine gemeinsame Parlamentsposition gestimmt hat, können in Kürze die Trilog-Verhandlungen mit dem Ministerrat beginnen.
Pressemitteilung SPD im EU-Parlament
EU-Parlament stimmt für gesundheitsschädliche Abgasnormen für Kraftfahrzeuge
Eine Mehrheit der Konservativen, Rechten und Liberalen im Europäischen Parlament hat heute (Donnerstag, 9. November) für schwache Emissionsstandards für Kraftfahrzeuge (Euro 7-Norm) gestimmt. Die Euro-Normen setzen Standards für den Schadstoffausstoß wie Feinstaub und Stickstoffdioxid von Pkw, Bussen und Lkw. Mit einem Mandat für abgeschwächte Emissionsstandards geht das EU-Parlament in die Trilog-Verhandlungen mit dem Rat und der Europäischen Kommission.
Michael Bloss, Grünen/EFA-Mitglied im Industrieausschuss, kommentiert:
„Die Euro 7 ist ein Geschenk an die Autolobby. Eine fossile Allianz der Konservativen, Rechten und Liberalen hat die Abgasnormen auf ein gefährlich niedriges Niveau verwässert. Es gibt kaum eine Verbesserung gegenüber den vorherigen Standards. Wir Grünen/EFA fordern die EU auf, die besten Standards weltweit zu setzen. Nur so können wir die gute Luftqualität und die Zukunft des europäischen Industriestandorts sichern.
Die Technologien, um die Emissionen schnell zu reduzieren, stehen bereit. Zulieferer fordern bessere Standards, weil sie wissen, dass sie sonst durch Billigprodukte verdrängt werden. Berechnungen unabhängiger Expertinnen und Experten und der Europäischen Kommission zeigen, dass der Gesellschaft Milliardenkosten entstehen, wenn sich die Autoindustrie vor höheren Abgasstandards drückt.
Mit den Euro 7-Normen verpasst die EU die Chance, einen Vorsprung durch Technik zu schaffen. Anstatt die Kurve zu kriegen und auf High-Tech zu setzen, klebt die fossile Allianz im Europäischen Parlament an der Technik von gestern fest.”
Hintergrund:
Laut der Europäischen Kommission sterben vorzeitig über siebzigtausend Menschen in der EU jedes Jahr an der Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr. Die aktuellen Euro-6-Normen sind nach fast einem Jahrzehnt stark veraltet.
Pressemitteilung Grüne im EU-Parlament