Kreetsand: Im Kleinen geht’s langsam voran

… im Großen rapide bergab – Elbvertiefungen und Unterhaltungsbaggerungen machen jeden kleinen Fortschritt zunichte
Die Fertigstellung des Tidegebiets Kreetsand an der Elbe wird heute mit einer Abschlussveranstaltung der Hamburg Port Authority gefeiert. Mit acht Jahren Verspätung umgesetzt sollte das Flachwassergebiet erst als Ausgleich für eine Deicherhöhung aus dem letzten Jahrhundert dienen, dann auch noch für die Elbvertiefung.

 

Für die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Verbände BUND, NABU und WWF ist das Projekt ein Spiegel der defizitären Umweltpolitik des Hamburger Senats. „Der Prozess hat ewig gedauert und soll ein Potpourri an Schäden ausgleichen. Diese sind in der Zwischenzeit so gewaltig gewachsen, dass die Maßnahme nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein ist“, so die Verbände.

Kreetsand wurde ursprünglich als Pilotprojekt und als freiwilliger Ausgleich von Lebensraumverlusten durch die Deicherhöhungen Ende des 20. Jahrhunderts gestartet. Die Unterstützung der Naturschutzverbände verlor das Projekt, als es überraschend zur Kohärenzmaßnahme für den Schierlings-Wasserfenchel im Rahmen der Planungen für die Elbvertiefung gemacht werden sollte. Im 2012 erlassenen Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung und in begleitenden Broschüren der HPA wurde eine Fertigstellung der Maßnahme bis Ende 2015 versprochen. Doch so kam es nicht: Das Bundesverwaltungsgericht ließ die Maßnahme Kreetsand nicht als Kohärenzmaßnahme gelten. Die Folge: Anstatt die Maßnahme wie ursprünglich geplant voranzutreiben, dauerte es nun bis Anfang 2023 bis die Maßnahmen fertiggestellt wurde.

„Verbesserungs-Maßnahmen für die Elbe werden leider meist nur dann zügig umgesetzt, wenn sie an die Umsetzung von Verschlechterungs-Vorhaben gekoppelt sind. Ist dieser Druck nicht vorhanden, geht wie im Fall von Kreetsand viel Zeit ins Land oder die Maßnahmen landen in der Schublade“, kritisieren die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Verbände BUND, NABU und WWF.

Dabei bräuchte das Ökosystem Tideelbe äußerst dringend großflächige Naturschutzmaßnahmen: Nicht nur der Hafen verschlickt, sondern auch die ökologisch wertvollen Flachwasserzonen in den Seitenbereichen der Elbe gehen zunehmend durch Verlandung verloren. Die Flachwasserzonen haben eine zentrale Funktion als Laich-, Aufwuchs-, Rückzugsgebiet und Lebensraum für Fische und andere Wasserlebewesen. Während die Fahrrinne und die Hafenbecken permanent ausgebaggert werden, legt sich der Schlick wie ein Leichentuch dauerhaft über die ökologisch wertvollen Bereiche.

„Die positive Wirkung von Kreetsand verpufft im Vergleich zu den negativen Auswirkungen der Elbvertiefung und der nun nochmal intensivierten Baggerarbeiten. An Lösungen, die die Zugänglichkeit des Hafens gewährleisten sollen, wird unter Hochdruck gearbeitet. Mindestens die gleiche Energie bräuchte es für einen Rettungsplan für den Fluss,“ so die Verbände.

Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, NABU und WWF


HPA schließt Pilotprojekt „Flachwassergebiet Kreetsand“ erfolgreich ab

Die Hamburg Port Authority (HPA) hat heute im Beisein von Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard und Umweltsenator Jens Kerstan, das Pilotprojekt „Flachwassergebiet Kreetsand“ erfolgreich abgeschlossen.

Nach rund zehnjähriger Bauzeit ist im Osten Wilhelmsburgs an der Norderelbe ein rund 30 Hektar großes, naturnahes gezeitenbeeinflusstes Flachwassergebiet entstanden, mit dem die Tideströmungen günstig beeinflusst und der Sedimenthaushalt in der Tideelbe und im Hamburger Hafen entlastet werden sollen.

Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard: „Die Elbe ist eine vielbefahrene Wasserstraße und zugleich Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dieses Projekt zeigt, dass sich beides nicht ausschließen muss. Im Rahmen der Maßnahmen, die für den Unterhalt der Schifffahrtsinfrastruktur nötig waren, konnten wir auch eine ökologische Verbesserung erreichen. Die Schaffung des Flachwassergebiets entlastet den Sedimenthaushalt in der Tideelbe und im Hamburger Hafen. Das hilft der Umwelt, das hilft dem Hafen – und Hamburg gibt ein gutes Beispiel ab!“

Umweltsenator Jens Kerstan: „Mit dieser Flachwasserbucht in Kreetsand haben wir ein Musterbeispiel in Sachen Renaturierung geschaffen, das ökonomischen und ökologischen Zielen gleichermaßen dient. Es dämpft nicht nur das Tidegeschehen, sondern schafft auch neuen Lebensraum. Fischlarven finden hier künftig eine Kinderstube und Schutz vor starker Strömung. Lichtdurchflutetes Flachwasser fördert die Fotosynthese und bietet Fischen ein Refugium bei niedrigen Sauerstoffwerten in der Elbe und das Süßwasserwatt ist ein reich gedeckter Tisch für Wasservögel. Nicht zuletzt ist das Pilotprojekt Kreetsand auch ein gelungenes Beispiel für die behördenübergreifende Zusammenarbeit in Hamburg, bei der ein ehemaliges Spülfeld in einen naturnahen Zustand zurückgeführt wurde. Ich bin mir sicher, dass wir von dem dabei erlangten Knowhow in Zukunft noch profitieren werden.“

„Mit diesem Pilotprojekt sammelt die HPA wertvolle Erfahrungen, die in die zukünftige Entwicklung der Tideelbe einfließen können. So profitiert nicht nur der Hafen von dem Projekt, sondern es entsteht ein besonders schützenswerter Lebensraum, der Teil eines größeren Naturschutzgebiets an der Norderelbe wird“, sagt Friedrich Stuhrmann, Chief Commercial Officer der HPA.

Bereits 2009 hatte sich das Projekt als Exzellenz-Projekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Hamburg qualifiziert. 2014 folgten die Zertifizierung und Verleihung des ersten Preises als „Best Practice in Working with Nature“ durch die PIANC, einer der ältesten weltweit tätigen technisch-wissenschaftlichen Vereinigungen des Hafen- und Wasserstraßenbaus und der Schifffahrt.

Fakten

Planung: 2007-2010

Genehmigungsverfahren: 2010 – 2012

Ausführung: 2012 – 2022

Investitionsvolumen: knapp 80 Mio. Euro

Neue tidebeeinflusste Wasserfläche: ca. 30 ha

Tidevolumen: (Wasseraustauschmenge bei Flut und Ebbe): ca. 1 Mio. m³

Aushubboden: ca. 2 Mio. m³

Hamburg Port Authority

Die Hamburg Port Authority (HPA) betreibt seit 2005 ein zukunftsorientiertes Hafenmanagement aus einer Hand und ist überall dort aktiv, wo es um Effizienz, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im Hamburger Hafen geht. Den wachsenden Ansprüchen des Hafens begegnet die HPA mit intelligenten und innovativen Lösungen. Die HPA ist verantwortlich für die effiziente, ressourcenschonende und nachhaltige Planung und Durchführung von Infrastruktur- maßnahmen im Hafen und ist Ansprechpartner für alle Fragen hinsichtlich der wasser- und landseitigen Infrastruktur, der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs, der Hafenbahnanlagen, des Immobilienmanagements und der wirtschaftlichen Bedingungen im Hafen. Dazu stellt die HPA die erforderlichen Flächen bereit und übernimmt alle hoheitlichen Aufgaben und hafenwirtschaftlichen Dienstleistungen. Sie vermarktet spezielles, hafenspezifisches Fachwissen und nimmt zudem die hamburgischen Hafeninteressen auf nationaler und internationaler Ebene wahr.

Pressemitteilung Hamburg Port Authority AöR

WUZ-Info: Kreetsand liegt südlich der Norderelbbrücke (A1) am BAB Dreieck Norderelbe und südlich des Naturschutzgebietes Rhee.

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