Am Morgen des Erörterungstermins zur A26 Ost protestierte der NABU Hamburg mit anderen Umweltverbänden und Bürgerinitiativen vor der Katholischen Akademie gegen das Autobahnvorhaben. Bei der Teilnahme der anschließenden Erörterung selbst stellte sich gleich zu Beginn heraus, dass eine gleichberechtigte Teilnahme weder erwünscht noch möglich war.
Der Termin wurde zwar fristgerecht mit zwei Wochen Vorlauf im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht. Separat eingeladen wurden die einwendenden Parteien, die wie der NABU umfangreiche Einwendungen gemacht hatten, jedoch nicht. Dabei war den Vorhabenträgern, die in enger Abstimmung mit der Planfeststellungsbehörde stehen, der Termin Monate im Voraus bekannt. Im Gegensatz zu den Einwendern wurde den Vorhabenträgern die Gelegenheit gegeben, sich inhaltlich und zeitlich intensiv auf den Erörterungstermin vorzubereiten.
“Obwohl die Parteien eigentlich gleichberechtigt sind, wird nicht auf Augenhöhe verhandelt. Es gab für uns keine Information vorab, keine detaillierte Tagesordnung, keine Chance für eine gute Vorbereitung des Termins. Es ist eindeutig, dass die Planfeststellungsbehörde überhaupt kein Interesse an Erkenntnisgewinn hat, und dass sie als Teil der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nicht unabhängig sein kann”, sagt Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg.
Angesichts offenkundiger Absprachen zwischen Planfeststellungsbehörde und Vorhabenträger reichten der Vorsitzende des NABU Hamburg, Alexander Porschke und der Leiter Umweltpolitik, Malte Siegert, im Laufe des Vormittags Befangenheitsanträge gegen am Erörterungstermin beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Planfeststellungsbehörde ein. Sichtlich befangen sehen beide vor allem den Vorsitzenden der Planfeststellungsbehörde Patrick Tripcke-Jahnke. Die Antragsteller nahmen daraufhin nicht weiter an der Erörterung teil.
Die Umweltverbände fordern seit Langem die Unabhängigkeit von Planfeststellungsbehörden, so dass deren Abwägung für einen finalen Planfeststellungsbeschluss tatsächlich unbeeinflusst erfolgen können. “Wir sehen nicht, wie die gravierenden ökologischen Folgen des Vorhabens angemessen berücksichtigt werden können, wenn die entscheidende Instanz der Planfeststellungsbehörde Steigbügelhalter der Interessen der Vorhabenträger ist. Mit dieser Art des Umgangs werden Umweltverbände geradezu gezwungen, am Ende juristisch gegen Vorgaben vorzugehen. Das ist nicht, was wir wollen, es ist aber das, wozu wir gezwungen werden”, so Siegert.
Pressemitteilung NABU HH vom 27.8.19
Kritik an den Planungen zur A26 Ost
Für morgen, den 27. August, hat die Hamburger Wirtschaftsbehörde kurzfristig den Beginn des Erörterungstermins zur A26 Ost angesetzt. Der NABU Hamburg stellt sich entschieden gegen das geplante Autobahnvorhaben. Seine Kritikpunkte richten sich an erster Stelle gegen die Zerstörung von wichtigen Lebensräumen und damit die Vernichtung der Lebensgrundlage vieler geschützter Arten.
Darüber hinaus startet die Planung bereits zu einem Zeitpunkt, an dem die Finanzierung der Köhlbrandquerung noch nicht geklärt ist. Erkenntnisse und Innovationen aus dem für Herbst angesetzten „Hafengipfel“ werden ausgeklammert. Während sich Formen der Mobilität rasend schnell entwickeln, die Digitalisierung voranschreitet, rückt parallel auch immer stärker die Klimakrise in den Fokus der breiten Gesellschaft.
Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg, bewertet das Autobahnprojekt wie folgt: „Die Autobahnplanung ist ein Relikt alter Betonpolitik. Der Rückgang der Artenvielfalt und die Klimakrise sind reale, anerkannte Bedrohungen unserer Lebensgrundlagen. Auch die Fridays for Future – Bewegung mahnt ein schnelles Umdenken an. Eine neue Stadtautobahn ist ökologisch von Vorgestern und finanziell nicht vertretbar. Die Pendlerautobahn A26 Ost darf nicht gebaut werden.“
Aus Sicht des NABU Hamburg ist es beschämend, dass ein vor mehr als 40 Jahren erdachtes Projekt angesichts fundamentaler Veränderungen nicht erneut auf den Prüfstand kommt. Je länger sich Planung und Finanzierung über die Jahre hingezogen haben, desto mehr zeigt sich gegenwärtig, wie infrastrukturell unnötig das Vorhaben über die Jahre geworden ist.
Kritik an der Finanzierung der Doppelinfrastruktur
Die neue Autobahn bringt den Hamburger Senat in eine finanzielle Zwickmühle. Wie der NABU Hamburg in Gesprächen mit Bundespolitikern unterschiedlicher Parteien erfahren hat, scheint es mehr als unwahrscheinlich, dass die Bundesebene eine Doppelinfrastruktur finanzieren wird; sprich eine A26 Ost im Süden Hamburgs und zudem eine nördlich verlaufende Köhlbrandquerung. Müsste die Freie und Hansestadt Hamburg die ab 2030 zu erneuernde Köhlbrandquerung für schätzungsweise drei Milliarden Euro vollständig selbst bezahlen, würde voraussichtlich das Geld für den zügigen Ausbau des Hamburger ÖPNV fehlen. Weil durch die drohende konjunkturelle Abkühlung Spielräume perspektivisch kleiner würden, ist fraglich, ob überhaupt noch genug Mittel zur Verfügung stehen- für die U 5, die Optimierung der S 3 / S 31 Richtung Harburg, der Weiterführung der U 4 Richtung Wilhelmsburg und andere klimafreundliche Mobilitätsangebote. Durch die A26 Ost droht Hamburg die Verlagerung von Pendlerströmen von der Schiene auf die Straße, anstatt umgekehrt.
Innovationen werden bei der Planung ausgeklammert
Ob eine A26 Ost für den Hafen grundsätzlich zielführend ist, bleibt fraglich. Im Rahmen des „Hafengipfels“ will Verkehrssenator Westhagemann ab September in vier Workshops die Zukunft des Hafens mit maritimen Stakeholdern, Gewerkschaften und Umweltverbänden diskutieren. Der erste Workshop befasst sich mit der Infrastruktur im Hafen. „Dass die A26 Ost in diesem hafeninternen Dialogprozess plötzlich explizit ausgeklammert wird, ist ein Armutszeugnis und zeigt die betonlastige Haltung der Verkehrsbehörde. Es scheint, nicht ernsthaft um neue Ideen für einen zukunftsfähigen Hafen zu gehen. Ziel ist wohl eher- wie auch schon bei der Elbvertiefung – die möglichst geräuscharme Umsetzung des Alten, des Überholten, des Bekannten. Zu mehr Kreativität und Anpassungsbereitschaft reicht es- trotz einer sich rasend schnell verändernden Welt- aktuell in Politik und Verwaltung offensichtlich nicht“, sagt Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg.
Eine Alternativverbindung ist möglich
Statt zwei teure Vorhaben im Norden und Süden des Hafens zu realisieren, setzt sich der NABU Hamburg für den Ausbau des Veddeler Damms, der Hauptschlagader des Hamburger Hafens, ein. Mit einem hochwertigen Anschluss im Osten an die A 252 / A 1 sowie im Westen mit einer Bohrtunnel-Querung unter dem Köhlbrandt an die A7. Das wäre finanziell vernünftig und ökologisch angebracht.
Pressemitteilung NABU HH vom 26.8.19
A26 Ost: „Die Hafenpassage ist richtig und wichtig für Hamburg“
Anlässlich des heutigen Erörterungstermins zum Bau der A26 Ost erklärt Dorothee Martin, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion:
„Die Hafenpassage ist richtig und wichtig für Hamburg. Mit ihr schaffen wir eine verbesserte Hafenanbindung sowie eine Alternative für die B73 und damit zusätzliche Entlastung auf den Straßen von Harburg und Wilhelmsburg. Das bringt wirtschaftliche Vorteile, aber vor allem bringt es mehr Lebensqualität im Hamburger Süden. Als SPD stehen wir deshalb weiterhin hinter dem Projekt. Der Bau der A26 Ost ist nicht nur für Hamburg wichtig, sondern auch überregional von besonderer Bedeutung, denn er schafft die Verbindung zwischen A1 und A7. Das gemeinsame Vorgehen beim Ausbau der Hafenpassage haben wir 2015 mit unserem Koalitionspartner im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben, seit 2017 läuft das Planfeststellungsverfahren. Deshalb habe ich keine Bedenken, dass das Bundesprojekt und damit die verkehrliche Entlastung von Harburg und Wilhelmsburg bald an den Start gehen kann.“
Pressemitteilung SPD Bürgerschaftsfraktion