Libellen sind schön. Naturbegeisterte Menschen lieben sie für ihre Anmut. Sie leben in der Nähe von Gewässern und gelten als Indikator-Art für den ökologischen Zustand von Torfmooren, natürlichen Bachläufen und Gartenteichen. Mit dem jetzt erschienen Libellenatlas 2020 liegt eine aktuelle Darstellung zum Vorkommen und dem Gefährdungsstatus der Libellen in Hamburg vor. Die Hälfte aller in der Hansestadt nachgewiesenen Arten gilt als gefährdet.
In Deutschland wurden bislang 81 Libellenarten nachgewiesen. Für den Hamburger Libellen-Atlas konnten 62 Arten beschrieben werden, die in den letzten Jahren auch auf Hamburger Stadtgebiet beobachtet wurden. Von den 62 bewerteten Arten gelten 20 noch ungefährdet, während für 30 Arten eine Gefährdung unterschiedlichen Ausmaßes angenommen wird. Sechs weitere Arten gelten als verschollen und bei sechs Arten reichten die Daten zur Einstufung nicht aus. Seit der letzten Roten Liste 2008 ist der die Art „Kleiner Blaupfeil“ nach langer Zeit wieder in Hamburg aufgetaucht, möglicherweise in Folge der Erderwärmung.
Der Libellen-Atlas stellt fest, dass der Klimawandel insbesondere für Libellen eine große Herausforderung darstellt. Nordische Arten wie die Moorlibelle weichen zurück, da sie meist auf Sonderstandorte wie Moore angewiesen sind. Südliche, mediterrane Arten wie die Frühe Heidelibelle wandern in Hamburg ein.
Umweltsenator Jens Kerstan erklärt: „Wir arbeiten daran, die Lebensbedingungen in Hamburg für Libellen und andere Insekten zu verbessern. Wir weisen weitere Naturschutzgebiete aus und setzen neue Pflege- und Entwicklungspläne um. Nur mit einem funktionierenden Biotopverbund mit ausreichenden und unterschiedlichen Gewässern zwischen den Schutzgebieten, den Parks und Grünanlagen bis in die Stadt hinein, können sich seltene Libellen-Arten halten und bestenfalls auch wieder in Hamburg ausbreiten.“
Insgesamt standen für die Auswertungen im Artenkataster mehr als 43.000 Datensätze von Libellen aus den Jahren 1900 bis 2018 zur Verfügung. Besorgniserregend ist der Rückgang der gefleckten Heidelibelle. In der letzten Roten Liste von 2008 galt sie noch als ungefährdet. Die vorzeitige und langandauernde Austrocknung ihrer Fortpflanzungsgewässer, kleine und flache Gewässer und Überschwemmungsbereiche, ist ein Grund für den starken Rückgang der Art. Als besonders artenreich erwiesen sich die Schutzgebiete mit einem hohen und diversen Wasseranteil wie z. B. mit Teichen, Bächen und Mooren wie u. a. im Duvenstedter Brook, im Moorgürtel und in den Vier- und Marschlanden. Die Naturschutzgebiete dienen seltenen Arten wie der Grünen Mosaikjungfer als Rückzugsräume, in denen spezielle Maßnahmen umgesetzt werden.
Rote Listen
Rote Listen dienen als Instrument zur Beschreibung der Situation von Tieren und Pflanzen, sollen Gefährdungen und auch Schutzmaßnahmen beschreiben. Das Vorkommen von Arten lässt Aussagen zum Zustand der Lebensräume zu und wird oft im Rahmen von Natur- und Landschaftsplanung genutzt. Es ist nach 1989 und 2008 die dritte Fassung der Roten Liste der Libellen in Hamburg. Der Bund und die Länder sind verpflichtet, den Zustand der Natur fortlaufend zu ermitteln und zu bewerten, dies erfolgt unter anderem durch die regelmäßige Erstellung von Roten Listen. Sie sind ein wichtiges und bewährtes Instrument im Arten- und Naturschutz, sowie in der Landschaftsplanung. Sie dienen den Behörden als Grundlage für ihr Handeln in Bezug auf den Natur- und Umweltschutz. Dies setzt voraus, dass sie regelmäßig aktualisiert werden.
Der Atlas kann unter https://www.hamburg.de/14973706/libellen-atlas-2020 heruntergeladen werden.
Pressemitteilung der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA)
Neuer Libellenatlas für Hamburg zeigt besorgniserregenden Trend – NABU fordert gezielte Artenschutzprogramme für Libellen in Hamburg
Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) hat den neuen Libellen Atlas für Hamburg veröffentlicht. Er löst die Rote Liste aus dem Jahr 2007 ab und liefert neue Erkenntnisse über den Zustand der Libellenvorkommen in Hamburg.
Laut Vorwort von Umweltsenator Kerstan können 20 Libellenarten erfreulicherweise als ungefährdet eingestuft werden. Dies sei ein Großteil unserer Arten. Tatsächlich sind laut Libellenatlas von den 62 Libellenarten Hamburgs 33 Arten in einer der Gefährdungskategorien eingestuft. „Das heißt über die Hälfte unserer einheimischen Libellen sind gefährdet, manche sogar vom Aussterben bedroht“, so Anne Ostwald, Referentin für Artenschutz beim NABU Hamburg. „Wir müssen über die Situation unserer Libellen sehr besorgt sein.“
Libellen leben den größten Teil ihres Lebens aquatisch als Larve in unterschiedlichen Gewässertypen. Oft sind sie für die Eiablage auf bestimmte Vegetationsstrukturen und Pflanzenarten angewiesen. Sind diese nicht mehr in ausreichender Anzahl vorhanden, können sich die spezialisierten Arten nicht mehr fortpflanzen. Als Folge stehen gerade ökologisch anspruchsvolle Arten kurz vor dem Aussterben oder sind bereits verschwunden. Die Mond-Azurjungfer benötigt z.B. nährstoffarme Kleingewässer mit lockerer Vegetation, die in unserer mit Nährstoffen belasteten (eutrophierten) Umwelt immer seltener werden. Andere Arten, wie die Hochmoor-Mosaikjungfer, sind auf die letzten verbliebenen Moorgebiete angewiesen, die immer häufiger und stärker austrocknen. Auch die Bestände der FFH-Arten Große Moosjungfer und Grüne Mosaikjungfer sind extrem stark zurückgegangen. Nur wenige anspruchslose Libellen, wie die Gemeine Pechlibelle, scheinen nach wie vor häufig zu sein.
Neben den Problemen, mit denen die äußerst spezialisierten Arten durch den Verlust ihrer Lebensräume zu kämpfen haben, ist außerdem zu beobachten, dass viele früher sehr häufig vorkommende Libellen, heute nur noch sehr verstreut anzutreffen sind. Zu diesen Arten zählt beispielsweise die Schwarze Heidelibelle.
Lebensraumverlust, Nährstoffeintrag, Fragmentierung der Landschaft und damit weniger Genaustausch zwischen Populationen – es gibt vielfältige Gründe, warum viele Libellenarten zurückgehen. „Mit großer Sorge haben wir die letzten drei trockenen Jahre erlebt. Viele Kleingewässer sind über lange Strecken trockengefallen und damit die Libellenlarven verendet“, erklärt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg. „Diesen Verlust kann der neue Libellenatlas noch gar nicht abbilden und wir müssen eigentlich davon ausgehen, dass die Realität noch viel dramatischer ist.“
Der NABU fordert deshalb ein umfangreiches Artenschutzprogramm für Libellen in Hamburg. Dazu gehört ein Monitoringsystem, damit auch kurzfristige Trends und Bestandsrückgänge erfasst werden können. Weiterhin sind gezielte Naturschutzmaßnahmen nötig, um wieder geeignete Lebensräume für die unterschiedlichen Libellenarten zu schaffen.
Zum Download:
Der Atlas der Libellen für Hamburg kann bei der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft heruntergeladen werden: https://www.hamburg.de/contentblob/14973706/075d3db1561cbc97baadb4292b4c359d/data/atlas-libellen-2020.pdf
Pressemitteilung NABU Hamburg