Luftreinhalteplan: Noch viel Luft nach oben

NABU Hamburg fordert Verschärfung der Grenzwerte und wirksame Maßnahmen
Zum Start der öffentlichen Auslegung kritisiert der NABU Hamburg die nur zögerliche Fortschreibung des bestehenden Luftreinhalteplans. Der überfällige Paradigmenwechsel bei der Reduzierung von Stickoxiden und anderen Luftschadstoffen bleibt weiterhin auf der Strecke. Weil zunächst lediglich niedrigschwellige Maßnahmen wie beispielsweise optimierte Ampelschaltungen umgesetzt werden, gibt es besonders für die Anwohnenden vielbefahrener Straßen kaum Aussicht auf schnelle Besserung.

 

An andere Stelle wird sogar ganz auf gerichtlich angemahnte Maßnahmen verzichtet, weil die Werte nun ohne regulatorisches Zutun unter den geltenden Grenzwerten liegen.

„Kosmetische Maßnahmen in homöopathischen Dosen machen Hamburgs Luft nicht sauberer. Mit Ach und Krach schafft es Hamburg gerade mal knapp unter die aktuell noch geltenden, jedoch unzureichenden europäischen Grenzwerte. Denn der Senat ignoriert, dass die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO mit Blick auf den Gesundheitsschutz schon deutlich weitreichender sind und lässt wissenschaftliche Ratschläge außer Acht, die zur Verschärfung der EU-Grenzwerte führen werden“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg.

Die europäischen Luftreinhaltungsgrenzwerte liegen mit 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) seit Jahren über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Gleichzeitig steht auf europäischer Ebene eine Revision der „AirQuality Directive“ mit dem klaren Ziel an, neue Grenzwerte zu erörtern, die den Schutz der Gesundheit besser gewährleisten. Die EU-Kommission startet diesen Prozess mit der eingängigen Begründung, dass die derzeitigen Standards höhere Verschmutzungen erlauben als wissenschaftlich geboten sind. Die WHO empfiehlt, den Grenzwert für Stickstoffdioxid zum effektiven Schutz der Gesundheit auf 10 µg/m³ zu verschärfen.

“Den Wert von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter schafft Hamburg vielleicht in Volksdorf, aber wohl kaum innerhalb des Ring 2. Der Senat muss endlich akzeptieren, dass sowohl in der Luftreinhaltung als auch im Klimaschutz kein Weg an der Reduzierung des Autoverkehrs vorbeigeht. Wenn Maßnahmen wie Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit, flächendeckende Parkraumbewirtschaftung oder Einfahrtsbeschränkungen am Ende wieder Gerichte erzwingen müssen, damit der Senat gesetzeskonform wird, wäre das ein Armutszeugnis für die umwelt- und klimapolitischen Ambitionen des Senats“, beklagt Sönke Diesener, Referent für Umweltpolitik beim NABU Hamburg.

Gerade auch vor dem Hintergrund der aktuell umso dringender gebotenen Einsparung fossiler Treibstoffe muss die Transformation zu sauberen Antrieben und die Mobilitätswende hin zu umweltfreundlicheren Verkehrsträgern deutlich beschleunigt werden. Die Luftreinhaltung gerät im Zuge der Konzentration auf den Klimaschutz zuweilen etwas in Hintertreffen – die meisten Maßnahmen helfen aber zur Lösung beider Probleme. Neue Straßen oder mit der A26 Ost gar neue Autobahnen bauen zu wollen, läuft sowohl dem Klimaschutz als auch der Luftreinhaltung zuwider. Hamburg täte gut daran einen Luftreinhalteplan vorzulegen, der die neuen Grenzwerte antizipiert und zugleich mit den Klimaplan sinnvoll abgestimmt ist.

Hintergrund:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2021 nach mehr als 15 Jahren neue Leitlinien zur Luftqualität veröffentlicht. Sie enthalten Empfehlungen für neue Richtwerte bei verschiedenen Schadstoffen. Vor allem die Belastungen mit Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2) müssten demnach deutlich gesenkt werden.

Der nun von der WHO empfohlene Wert für Stickstoffdioxid liegt bei zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In den alten Leitlinien von 2005 waren es noch 40 Mikrogramm. So hoch ist bislang auch der rechtlich bindende Grenzwert, den die EU vorschreibt. Dieser Grenzwert befindet sich aber bereits in Revision, da auf europäischer Ebene bereits Einigkeit herrscht, dass die bestehenden Grenzwerte nicht mehr mit dem übereinstimmen, was wissenschaftlich empfohlen wird.

Pressemitteilung NABU Hamburg

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