Mehr als 500.000 Stimmen für dauerhaftes Böllerverbot:

Aktionsbündnis aus Umwelt-, Tierschützern und Ärzten übergibt Petition an Innenministerin Faeser
Ein breites Aktionsbündnis hat mehr als eine halbe Million Unterschriften für ein dauerhaftes und vollständiges Böllerverbot in Deutschland an Bundesinnenministerin Faeser übergeben. Zum Bündnis gehören neben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Organisationen Vier Pfoten, das Deutsche Tierschutzbüro, TASSO, das Jane Goodall Institut Deutschland sowie Ärztevertreter. Auch die Gewerkschaft der Polizei beteiligte sich in diesem Jahr erstmals an der Forderung nach einem Böllerverbot.

 

Die Stimmen aus insgesamt 30 zusammengehörigen bundesweiten und lokalen Petitionen übergab die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz am Donnerstagnachmittag beim Bundesinnenministerium in Berlin. Ein Vertreter des Hauses, Peter Beiderwieden, Ministerialdirigent und ständiger Vertreter der Abteilungsleitung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz, nahm die Unterschriften entgegen. Das Bündnis fordert, den Verkauf und den Gebrauch von Böllern und Raketen zu Silvester dauerhaft zu verbieten. Dazu muss die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser die 1. Sprengstoffverordnung überarbeiten.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Über eine halbe Million Menschen haben ihre Stimme erhoben und laut unabhängigen Umfragen unterstützen mehr als 60 Prozent der Bevölkerung das Böllerverbot – das ist ein klares Signal und ein eindeutiger Handlungsauftrag an die neue Bundesregierung. Die vergangenen zwei Jahre, in denen es immerhin schon mal ein Verkaufsverbot gab, haben den durchschlagenden Erfolg gezeigt: Saubere Luft, weniger Verletzte, entlastete Rettungsdienste, weniger Tiere und Menschen in Panik, weniger Müll. Und ein vollständiges Böllerverbot würde noch besser wirken, damit wir die traurigen Nachrichten von getöteten Tieren, Polizisten mit Knalltraumata und schwer verletzten Kindern endgültig hinter uns lassen können. Das hat Frau Faeser nun in der Hand. Sie kann die Rechtsgrundlage für ein vollständiges Verbot von privater Pyrotechnik in ganz Deutschland schaffen. Die archaische Böllerei muss spätestens in diesem Jahr zu einem Ende kommen, dafür setzen wir uns weiter mit aller Kraft ein und werden weiterhin das Gespräch mit der Bundesinnenministerin suchen.“

Etliche Städte und einige Bundesländer hatten sich im Vorfeld der letzten beiden Jahreswechsel bemüht, neben dem vom Bund beschlossenen Verkaufsverbot, Böller und Raketen ganz im öffentlichen Raum zu verbieten oder Verbotszonen auszuweisen. Leider zwingt die derzeitige Rechtslage die Kommunen immer noch zu vielen aufwändigen Einzelverordnungen. Münchens Oberbürgermeister Reiter betonte bereits in einem Brief, dass er ein Verbot von Böllern und Feuerwerk im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfe, der Bund hier aber dringend aktiv werden müsse, um den Kommunen den Erlass von Verboten zu erleichtern.

Vertreter und Vertreterinnen des Bündnisses äußerten sich ebenfalls zu den Gründen für ein dauerhaftes Böllerverbot:

Daniela Schneider, Kampagnenverantwortliche Heimtiere VIER PFOTEN: „Während sich einige Menschen jedes Jahr auf den Jahresausklang freuen, bedeutet Silvester für Millionen von Heimtieren, heimischen Wildtieren und sogenannten Nutztieren schlichtweg Stress und Terror. Knallgeräusche oder aufflammende Lichter von Feuerwerkskörpern oder Böllern können insbesondere auf Hunde sehr beängstigend wirken. Das äußert sich häufig schon Wochen vor und nach dem 31. Dezember durch Angst, Panik, Verweigerung der Nahrungsaufnahme, Durchfall oder stundenlanges Zittern. Wir sind erschrocken darüber, dass noch immer auf eine so grausame Art und Weise der Start ins neue Jahr gefeiert wird. VIER PFOTEN fordert gemeinsam mit den Bündnis-Partnerinnen und -Partnern und mehr als 500.000 Bürgerinnen und Bürgern ein Böllerverbot zum Schutz aller Tiere.“

„Trotz des Böller-Verkaufsverbotes erreichten uns rund um Silvester wieder hunderte Anrufe verzweifelter Tierhalter, die ihr Tier bei uns als vermisst meldeten. Allein mehr als 450 entlaufene Hunde verzeichnet die TASSO-Statistik an den beiden Tagen des Jahreswechsels 2021/22 – das ist um ein Vielfaches mehr als an durchschnittlichen Tagen. Diese in Panik entlaufenen Haustiere stehen nur für einen Bruchteil aller Heim-, Wild- und sogenannter Nutztiere, für die die Silvesternacht Jahr für Jahr Stress, Leiden bis hin zu Todesangst bedeutet. Damit muss endlich Schluss sein“, erklärt Mike Ruckelshaus, Leiter Tierschutz Inland bei der Tierschutzorganisation TASSO.

„Wir wollen keinesfalls weniger feiern, aber lasst uns Wege finden, dies zu tun, ohne tausenden von Tieren Leid und Schaden zuzufügen! Lassen wir uns von den vielen kreativen Lösungen aus anderen Ländern inspirieren wie Lasershows oder ähnliches, die jedes Jahr tausende von begeisterten Zuschauern anziehen“, so Franziska Wulff, Mitglied im Vorstand des Jane Goodall Instituts Deutschland.

Hintergrund:

Die DUH setzt sich seit Jahren für ein böllerfreies Silvester ein. In diesem Jahr erstmal in einem breiten Bündnis gemeinsam mit Vier Pfoten, dem Deutschen Tierschutzbüro, TASSO, dem Jane Goodall Institut Deutschland, der Gewerkschaft der Polizei sowie Ärztevertretern. Feuerwerk führt jedes Jahr zu hoher Luftbelastung, schädigt Millionen schutzlos ausgelieferte Haustiere sowie Nutz- und Wildtiere und verschmutzt die Umwelt. Dazu sorgt es durch tausende teils schwere Verletzungen für die Überlastung von Einsatzkräften und Krankenhäusern. Das Bündnis fordert deshalb den Verkaufs- und Gebrauchsstopp privater Pyrotechnik sowie für die Zukunft eine grundsätzliche Überarbeitung der Ersten Sprengstoffverordnung.

Für ein bundesweites Verbot von privatem Silvesterfeuerwerk muss der letzte Satz der 1. Sprengstoffverordnung § 23 Abs. 2 S. gestrichen werden. Dort heißt es: „(2) Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 dürfen in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27, eines Befähigungsscheines nach § 20 des Gesetzes oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Absatz 1 verwendet (abgebrannt) werden. Am 31. Dezember und 1. Januar dürfen sie auch von Personen abgebrannt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.“ Um Kommunen weitere Handlungsspielräume zu ermöglichen, muss die Regelung des § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 1. Sprengstoffverordnung angepasst werden. Diese ermöglicht ein Verbot von Feuerwerkskörpern mit ausschließlicher Knallwirkung in dicht besiedelten Gebieten. Würde man hier die fünf Worte „ausschließlicher Knallwirkung“ und „in besiedelten Gebieten“ streichen, könnte jede Kommune großflächige Verbote verhängen. Bereits vor zwei Jahren hatte der ehemalige Bundesinnenminister Seehofer angekündigt, entsprechende kommunale Verbote zu erleichtern – die Ankündigung ist aber nicht umgesetzt worden.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe

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