Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird heute ihren Gesetzentwurf zur Vermeidung von Plastikmüll im Bundeskabinett vorlegen. Wer Kaffee oder Speisen zum Mitnehmen anbietet, soll künftig damit verpflichtet werden, auch eine Mehrwegvariante anzubieten, berichten mehrere Medien. Zudem solle die Pfandpflicht bei Getränken auf alle Plastikflaschen und Dosen ausgeweitet werden.
Mit dem Gesetz wolle Schulze eine EU-Richtlinie von 2019 umsetzen. Onlinehändler, die Plastik als Verpackung versenden, sollen künftig ein Recycling-System unterstützen.
Es kommentiert Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin von Greenpeace:
“Ministerin Schulze springt mit ihrem Entwurf zu kurz. Statt allein die Plastikfluten aus Schnellrestaurants und Bäckereiketten einzudämmen, muss die Ministerin Mehrweg zum Standard in ganz Deutschland machen. Es ist nicht verständlich, warum Svenja Schulze jetzt nicht auch Lieferdienste und Onlinehandel in die Mehrwegpflicht nimmt. Nur mit einem Paradigmenwechsel weg von Wegwerf-Verpackungen hin zu verbindlichen Mehrweglösungen und mehr Unverpacktangeboten lässt sich die Plastikflut bremsen.
Schulzes Gesetzentwurf unterstützt faktisch bislang nicht einmal den Recycling Ansatz des grünen Punktes. Wenn es künftig überhaupt noch neue Wegwerf-Plastikverpackungen geben darf, dann dürfen diese nicht aus sauberen PET-Flaschen hergestellt werden, sondern aus recycelten Kunststoffen aus dem gelben Sack. Dafür wird er gesammelt, seit 30 Jahren!”
Pressemitteilung Greenpeace
Verpackungsgesetz: Immer mehr Verpackungsmüll – BUND fordert schnelle Einführung von Pfand-Mehrwegsystem
Der Verbrauch von Einwegverpackungen hat in der Corona-Pandemie spürbar zugenommen. Menschen bestellen mehr „to go“ oder lassen sich Essen und Artikel von Onlinehändlern nach Hause liefern. Angesichts steigender Verpackungsmüllberge fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Bundesumweltministerin Svenja Schulze auf, die Überarbeitung des Verpackungsgesetzes auch dafür zu nutzen, einheitliche und firmenübergreifende Pfand-Mehrwegsysteme verbindlich einzuführen.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Mehrweg sollte schnellstens der günstigere und übliche Standard werden, noch fristen wiederverwendbare Verpackungen ein absolutes Nischendasein. Einheitliche Pfandsysteme machen Mehrwegverpackungen für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen aller Größen gleichermaßen zugänglich. Hier muss die Politik handeln, dann kann es keine Ausreden mehr geben.“ Nach dem aktuellen Entwurf der Novelle würde es vielen Unternehmen weiterhin freigestellt sein, ob sie Mehrwegalternativen überhaupt anbieten. Umweltfreundliche Verpackungen müssen aus Sicht des BUND jedoch verpflichtend angeboten werden und leicht zugänglich für alle sein.
Besonders im Verpackungsbereich wird deutlich, wie leichtfertig wir Plastik für Wegwerfartikel nutzen: Essen und Getränke werden teilweise nur für wenige Minuten in ein Material verpackt, für dessen Produktion wertvolle Ressourcen eingesetzt wurden und das anschließend über Jahrzehnte die Umwelt belastet.
Doch auch im Business-to-Business-Bereich fällt vermeidbarer Verpackungsmüll an. „Einweg-Folien oder Kartonagen, die beim Handel und Transport zwischen Unternehmen anfallen, sind für Endverbraucherinnen und Endverbraucher meist unsichtbar, verursachen aber ebenso große Müllmengen“, sagt Janine Korduan, BUND-Expertin für Kreislaufwirtschaft. „Dabei gibt es gute Ansätze für einheitliche Poolsysteme, wie beispielsweise Europlatten und stabile Kunststofffässer. Auch hier brauchen wir dringend bundes- und europaweit funktionierende Mehrweglösungen.“
Neben der verbindlichen Einführung von einheitlichen Pfand-Mehrwegsystemen befürwortet der BUND, dass Einwegflaschen aus Kunststoff aus einem hohen Anteil an recyceltem Material, sogenanntem Rezyklat, bestehen müssen. Bis 2025 ist ein Anteil von 40 Prozent Rezyklat realistisch. Zusätzlich müssen ähnliche Festlegungen für weitere Verpackungsbereiche erfolgen, beispielsweise Transportverpackungen wie Folien, Kanister, Eimer, Fässer und Paletten oder auch Pflanztöpfe.
„Unsere planetaren Grenzen erlauben es uns schlichtweg nicht, weiterhin vermeidbare Wegwerfprodukte zu tolerieren. Wir müssen jetzt substanziell Ressourcen im Verpackungssektor einsparen. Wenn das Ziel des Gesetzentwurfes ist, den Ressourcenverbrauch ernsthaft zu verringern, die Recyclingquoten zu erhöhen und die Umwelt vor Plastikabfall zu schützen, muss das Verpackungsgesetz konsequent und umfassend für Abfallvermeidung sorgen“, so Bandt.
Pressemitteilung BUND
Gesetzentwurf zu Mehrweg muss ohne Ausnahmen gelten
Einführung der Mehrwegpflicht schützt Meere
Die im Entwurf des Verpackungsgesetzes vorgesehene Pflicht, neben Einweg auch Mehrweg für To-Go-Angebote bereitstellen zu müssen, ist ein Erfolg. Kritisch zu sehen sind die Ausnahmen, die im Vergleich zum Referentenentwurf aus dem November 2020 ausgeweitet wurden.
Heute stellt Umweltministerin Svenja Schulze im Bundeskabinett einen neuen Entwurf zur Novellierung des Verpackungsgesetzes vor. Die Vorlage ist Teil der nationalen Umsetzung der europäischen Einwegkunststoff-Richtlinie, mit der der Müll in den europäischen Meeren reduziert werden soll.
Der NABU begrüßt die im Entwurf vorgesehene Pflicht, neben Einweg auch Mehrweg für To-Go-Angebote bereitstellen zu müssen, kritisiert aber gleichzeitig die Ausweitung der Ausnahmen im Vergleich zum Referentenentwurf aus dem November 2020.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:
„Die Einführung einer Mehrwegpflicht ist wichtig, um unsere Meere vor der Plastikflut zu schützen. Allerdings sollte diese nicht nur auf Geschäfte größer als 80 m² beschränkt werden. Auch in kleinen gastronomischen Betrieben oder Kiosken fallen erhebliche Mengen an To-Go-Einwegverpackungen und Einweggetränkebechern an. Mit dem aktuellen Gesetzesentwurf wird hier eine Chance verpasst, einen großen Beitrag zur Vermeidung von Einwegkunststoff zu leisten. Deshalb muss das Mehrweggebot, von fallspezifischen Ausnahmen abgesehen, für alle Betriebe gelten“, mahnt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Genauso wichtig ist es nach Ansicht des NABU, mehr Anreize zu schaffen, um die Verbraucher zur Nutzung von Mehrweglösungen zu motivieren. Deshalb sollten auch steuerliche Begünstigungen für Mehrwegverpackungen entwickelt und eingeführt werden. Mehrweg sollte gesetzlich immer billiger sein als die Einwegvariante und nicht nur nicht teurer, wie im Gesetzesentwurf bisher vorgesehen.
Die Einwegplastik-Richtlinie der EU verpflichtet Deutschland, die längst überfälligen Maßnahmen gegen die Vermüllung der Meere umzusetzen. Angesichts des dramatisch schlechten Zustands auch der Nord- und Ostsee kann sich Deutschland kein Zögern und Verwässern mehr erlauben. Jetzt ist es nötig, Einwegprodukte vom Markt zu drängen, Mehrweg zu stärken und auch die Produzenten viel stärker in die Verantwortung zu nehmen.
Pressemitteilung NABU