Klimaschutzplan 2050 droht Abkommen von Paris zu verraten

Greenpeace-LogoAm Vortag der womöglich entscheidenden Kabinettssitzung zum Klimaschutzplan 2050 demonstrieren Greenpeace Aktivisten heute für einen ambitionierten Beschluss. Mit einem brennenden, gut zwei Meter großen CO2-Zeichen fordern die Klimaschützer in den frühen Morgenstunden vor dem Bundeskanzleramt mehr Engagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

 

Mit dem Bannerspruch „Klimaschutz: In Paris versprochen. In Berlin gebrochen?“ fordern sie die Kanzlerin zu einem deutschen Klimaschutzfahrplan auf, der im Einklang steht mit dem international vereinbarten Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Mit einer 30-stündigen Mahnwache bis zur anstehenden Kabinettsitzung am Mittwoch wollen die Aktivisten den Prozess begleiten. „In den kommenden Stunden muss die letzte Chance genutzt werden, ein ehrgeiziges Klimaschutzkonzept ohne faule Kompromisse zu beschließen“, sagt Greenpeace Klimaexperte Karsten Smid. „Ohne klare Zwischenziele und ohne Kohleausstieg ist der Klimaschutzplan nichts wert.“

Der Ende 2015 in Paris beschlossene Weltklimavertrag fordert auch von Deutschland deutlich weniger Treibhausgase. Der Klimaschutzplan 2050 soll den Weg zu diesem Ziel beschreiben. Das Kabinett könnte ihn in seiner morgigen Sitzung noch rechtzeitig beschließen, damit Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nicht mit leeren Händen zur Weltklimakonferenz fährt. Nach den gestrigen Beratungen aller beteiligten Ressorts Umwelt, Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft liegt der aktuelle Entwurf nun zur Abstimmung im Bundeskanzleramt.

Die internationalen Vereinbarungen verlangen, dass die nationalen Klimaschutzpläne regelmäßig aktualisiert und angepasst werden müssen. Greenpeace kritisiert, dass genau dieser Punkt im vorliegenden Entwurf nicht berücksichtigt wird. Die Formulierung „Mindestziele“ wurde aus der aktuellen Fassung gestrichen.

19 Braunkohleblöcke zusätzlich bis 2020 abschalten – Fleischproduktion verringern

Die unabhängige Umweltschutzorganisation fordert von Kanzlerin Merkel wirksame Maßnahmen, um die Menge der klimaschädlichen Treibhausgase schnell deutlich zu senken. Bis zum Jahr 2020 müssen 19 Braunkohleblöcke mit einer Kapazität von sechs Gigawatt zusätzlich abgeschaltet werden, um den Kohleausstieg einzuleiten. Der Kohleausstieg muss spätestens bis zum Jahr 2030 beendet sein. Ab dem Jahr 2025 dürfen keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden. Die Fleischproduktion muss bis zum Jahr 2050 um mindestens 50 Prozent verringert werden, um die Landwirtschaft anteilig an der Einsparung von Treibhausgasen zu beteiligen. Wälder müssen geschützt und wieder aufgeforstet werden.

Merkel riskiert Klimaschutz-Versprechen von Paris

Vor einem Scheitern der deutschen Klimapolitik warnen rund 50 Greenpeace Aktivisten heute Morgen (6.11.) vor dem Berliner Reichstag. Auf die Reichstagswiese haben sie ein 35 Meter langes Symbol eines Thermometers gelegt. Dessen Quecksilbersäule wird durch einen Feuerring illuminiert. Auf einem Banner steht „Klimaschutz: In Paris versprochen. In Berlin gebrochen“.

Deutschlands Klimaschutzbemühungen bleiben weit hinter dem auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris vereinbarten Ziel zurück, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch der jüngste, am Wochenende bekannt gewordene Entwurf zum Klimaschutzplan 2050 wird den deutschen Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase nicht ausreichend verringern – selbst wenn sich alle beteiligten Ministerien noch einigen. „Kanzlerin Merkel darf den Klimaschutz nicht einigen trägen Industriebranchen opfern“, fordert Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. „Ohne einen festgeschriebenen Kohleausstieg ist die Unterschrift unter dem Pariser Klimaschutzabkommen wertlos.“

Das am vergangenen Freitag in Kraft getretene Klimaschutzabkommen fordert von allen Staaten nationale Maßnahmenkataloge dafür wie sie den Klimawandel begrenzen wollen. Deutschland hat es sich als ersten Schritt zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern. Doch bereits diesen Vorsatz wird die Bundesregierung nach Berechnungen des Umweltministeriums deutlich verfehlen. In den vergangenen zehn Jahren sind die deutschen Treibhausgasemissionen nur um durchschnittlich 8,6 Millionen Tonnen pro Jahr gesunken. Um die 40 Prozent also noch zu erreichen, muss Deutschland ab sofort seine Anstrengungen auf 31,8 Millionen Tonnen vervierfachen. Nach Greenpeace Berechnungen müssten dafür in den kommenden drei Jahren 19 Braunkohleblöcke mit einer Kapazität von sechs Gigawatt zusätzlich abgeschaltet und so der Kohleausstieg eingeleitet werden.

Kohleausstieg, Verkehrswende und weniger Fleischkonsum wichtig für Klimaschutz

Unter Merkel ist der Klimaschutz zwischen 2009 und 2015 praktisch zum Stillstand gekommen. Industrielobbyisten und der Wirtschaftsflügel der CDU torpedieren jegliche Ansätze, Deutschlands Wirtschaft klimaverträglich umzubauen. Den aktuellen Entwurf des Klimaschutzplans 2050 blockieren konservative Kräfte in CDU und CSU genauso wie Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Für den Klimaschutz notwendig sind aber neben dem schrittweisen Kohleausstieg bis 2030 auch grundlegende Veränderungen unter anderem im Verkehrssektor und in der Landwirtschaft. Bis zum Jahr 2025 muss die Produktion von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren beendet werden. Auch der Fleischkonsum muss deutlich verringert und Wälder wieder aufgeforstet werden. Nur so kann die Bundesregierung, einen klimaverträglichen Pfad einschlagen, der dem Pariser Abkommen entspricht.

Während Deutschland untätig zusieht, stiegen die Temperaturen auch im Jahr 2016 in neue Rekordhöhen. Die Erderwärmung liegt bereits jetzt bei mehr als einem Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. „Deutschland blamiert sich beim Klimaschutz derzeit nicht nur vor der internationalen Weltgemeinschaft, wir leisten vor allem einen Offenbarungseid den kommenden Generationen gegenüber“, so Smid.

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