Die Umweltverbände BUND, NABU und WWF halten die heute (3.5.) erteilte Teil-Freigabe der Elbvertiefung für einen verkappten Verzweiflungsakt, der gesichtswahrend als Erfolg gefeiert wird. Es ist der Hamburg Port Authority (HPA) und der Bundeswasserstraßenverwaltung (GWDS) nicht gelungen, die komplette Fahrrinnentiefe herzustellen. Ursache dafür sind massive Schwierigkeiten insbesondere im Hamburger Hafen, mit dem hohen Sedimenteintrag fertig zu werden.
Verstärkt durch die abgeschlossene Elbvertiefung fällt deutlich mehr Sediment an als von den Planern vorhergesehen. Bereits im ersten Quartal 2021 wurde mehr als die übliche Jahresdurchschnittsmenge bei Neßsand verbracht. Nur der relativ hohe Oberwasserzufluss zwischen Januar und März 2021 hat dafür gesorgt, dass das Problem nicht noch größer geworden ist.
Weil der Ausbau des Flussbetts den Sedimenttransport nachhaltig negativ verändert hat, gehen die Umweltverbände BUND, NABU und WWF davon aus, dass es in Zukunft nicht möglich sein wird, die planfestgestellten Fahrwassertiefen im Hamburger Hafen dauerhaft aufrechtzuerhalten. Die Befürchtungen, dass durch die Vertiefung und den Ausbau der Unter- und Außenelbe sehr viel mehr Sediment die Elbe stromauf transportiert wird als in den Planunterlagen veranschlagt wurde, bestätigen sich jetzt. Dies wird zu einer deutlichen Zunahme der Unterhaltungsbaggerungen und damit zu einem stetig negativen ökologischen Eingriff in das sensible Tideelbe-System führen.
„Es ist skandalös, dass das Flussökosystem der Elbe massiv und dauerhaft geschädigt wird, und dies ohne absehbaren wirtschaftlichen Nutzen. Sicher ist, dass vielmehr die Unterhaltungskosten für die Freihaltung der Fahrrinne und des Hafens, die jetzt schon bei 150 Mio. Euro pro Jahr liegen, noch weiter zunehmen werden“, so die Prognose der Umweltverbände BUND, NABU und WWF. „Zweifelhafter Nutzen, dauerhafte Mehrkosten und der Verlust wertvoller Naturräume sind eine katastrophale Bilanz für das umstrittene Großprojekt. Die Elbvertiefung stellt sich mit Blick auf die absehbare Umschlagsentwicklung des Hamburger Hafens als unverantwortlich heraus.“
Von den zu Beginn der Elbvertiefungsplanung erwarteten 25 Mio. Standardcontainern pro Jahr ist nicht mehr viel übriggeblieben. In 2020 hat der Hamburger Hafen lediglich 8,5 Mio. Container umgeschlagen. Angesichts globaler Verlagerungen von Transportwegen gehen Experten für Hamburg nur noch von einer geringfügigen Steigerung aus. Als Folge der Ausbaumaßnahmen verliert die Elbe viele ökologisch wertvolle Flachwasserzonen durch Verlandung und veränderte Tidewasserstände. Außerdem verstärkt sich der Sauerstoffmangel im Fluss, die Brut vieler gefährdeter Vogelarten wird vernichtet und europaweit geschützte Lebensräume wie der Tideauwald an den Elbufern werden zerstört.
Pressemitteilung WWF Hamburg / BUND Hamburg / NABU Hamburg
Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe – stufenweise Freigabe der verbesserten Tiefgänge startet jetzt
Nach dem planmäßigen Abschluss der Baggerarbeiten für die Fahrrinnenanpassung in diesem Frühjahr wird heute die erste Freigabestufe für die verbesserten Tiefgänge umgesetzt. Ab sofort können große Containerschiffe die neue Fahrwassertiefe mit einem bis zu 0,9 Meter erhöhten Tiefgang nutzen.
Senator Michael Westhagemann: „Ein guter Tag für den Hamburger Hafen, der endlich wieder seine Marktpotenziale voll ausschöpfen kann. Und ein guter Tag für die deutsche Wirtschaft, da damit ein leistungsfähiger Zugang zu den Weltmärkten nachhaltig gesichert ist. Last but not least ein guter Tag für die Umwelt, da durch den Fahrrinnenausbau das Seeschiff als umweltverträgliches und klimaschonendes Verkehrsmittel eine deutliche Stärkung erfahren hat.“
Die von den nautischen Dienststellen Hamburgs und des Bundes vorgenommene Freigabe der neuen Tiefgänge erfolgt in zwei Stufen: Mit der heutigen Umsetzung der ersten Stufe können Containerschiffe die durch die Fahrrinnenanpassung gewonnenen Tiefgangsverbesserungen zu etwa 50 Prozent ausnutzen. Je nach Größenklasse erhöhen sich die Tiefgänge um 0,3 Meter bis 0,9 Meter.
Prof. Dr.-Ing. Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt: „Die heutige Tiefenfreigabe ist das Ergebnis einer überaus konstruktiven Zusammenarbeit von Bund und Hamburg. Die hohe Kompetenz aller Beteiligten schuf die Voraussetzungen für den planmäßigen Abschluss der Baggerarbeiten und für das Erreichen der neuen Tiefgänge. Dies ist neben den wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen auch Ausdruck einen hochkompetenten fachlichen Arbeit von HPA, WSV und der beauftragten Firmen.“
Die bisherigen Tiefgangsrestriktionen auf Unter- und Außenelbe, die für den Hamburger Hafen zu deutlichen Wettbewerbsnachteilen geführt haben, gehören damit der Vergangenheit an. Als erstes Großcontainerschiff nutze am 3. Mai die CMA CGM Jacques Saadé die verbesserten Tiefgänge bei ihrem Anlauf im Hamburger Hafen.
Jens Meier, CEO der Hamburg Port Authority: „Der Hamburger Hafen hat heute zusammen mit der Reederei und Logistik-Gruppe CMA CGM Geschichte geschrieben. Wir haben jetzt die besten Voraussetzungen, die größten Containerschiffe der Welt zu empfangen. Für die enge Zusammenarbeit mit der WSV möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Sie hat entscheidend dazu beigetragen, dass ein Fahrrinnenausbau umgesetzt wurde, der ökonomische Notwendigkeiten und ökologische Belange in Einklang bringt.“
Die Fahrrinne von Unter- und Außenelbe wurde sowohl vertieft als auch bereichsweise verbreitert. Zwischen Wedel und Blankenese wurde in diesem Zusammenhang eine sog. Begegnungsstrecke geschaffen, in der sich besonders breite Seeschiffe begegnen können.
Pressemitteilung Behörde für Wirtschaft und Innovation / Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt