NABU begrünt Rathausmarkt und protestiert gegen Baupolitik

Ein Flecken grüne Wiese vor grauer Häuserkulisse. Stärker kann der Kontrast nicht sein – und doch steht die gestellte Szenerie vor dem Hamburger Rathaus stellvertretend für viele Orte in der Hansestadt. Für die Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“ setzt der NABU Hamburg heute (9.5.) ein starkes Zeichen und fragt: Wie sehr wird sich das Stadtbild verändern, wenn der Senat weiterhin stur seine Baupolitik verfolgt? Wieviel Grün soll noch zugebaut werden?

 

Mit der Aktion auf dem Rathausmarkt, fordert der NABU Hamburg „Grün statt Grau“ und spricht aus, was viele Hamburger*innen bewegt: „Ohne Grün fehlt mir was!“

„Die Initiative „Hamburgs Grün erhalten“ ist im Dezember an den Start gegangen und hat mittlerweile die formale Hürde von 10.000 Unterschriften überschritten. Noch bis zum 25. Mai sammeln wir weiter. Der große Zuspruch zeigt uns, dass viele Bürger*innen mit der derzeitigen Stadtentwicklung nicht einverstanden sind und diese ein Korrektiv braucht. Wir wollen aufdecken, wo bereits Grün verschwunden ist oder wo es in Zukunft geopfert werden soll“, so Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg.

Änderungen grüner Milieus sind gängige Praxis

Während Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt gebetsmühlenartig betont, dass Hamburgs Grün Lebensqualität sei, und dass dies so bleiben solle, sprechen die Fakten aus der Bürgerschaftsdrucksache 21/11487 eine ganz andere Sprache. Dort wurden vom CDU-Abgeordneten Stephan Gamm die Bauvorhaben der letzten 10 Jahre abgefragt, die Änderungen des Landschaftsprogramms (LAPRO) in Bezug auf die Kategorien der „grünen Milieus“* zur Folge hatten. Außerdem ging es um Bauvorhaben in den kommenden fünf Jahren. Der Senat hat in seiner Antwort auf die Kleine Schriftliche Anfrage (SKA) die abgeschlossenen und geplanten Bauvorhaben offengelegt. Allerdings behauptete er, nicht in der Lage zu sein, die genaue Milieuänderung und die negative Bilanz an Teilflächen aus den grünen Milieus zu benennen.

*Die Volksinitiative bezieht sich auf folgende grüne Milieus: Grünanlagen, Kleingärten, Friedhöfe, Parkanlagen, Naturnahe Landschaften, Wälder, Landwirtschaftliche Kulturlandschaften sowie Gewässerlandschaften und Auenentwicklungsbereiche.

Bislang werden die Milieus im LAPRO, die eigentlich Planungsvorgaben für die Verwaltung sind, lediglich als unverbindliche Wunschvorstellungen angesehen und für Bebauungsvorhaben immer wieder geändert, bzw. hin- und hergeschoben. „Die Volksinitiative ist mit dem Ziel angetreten, ausgewiesene grüne Milieus im LAPRO so zu schützen, dass Hamburgs Grün erhalten bleibt. Aktuell gleicht das LAPRO eher einem Spielbrett der unbegrenzten Möglichkeiten für Bauprojekte – frei nach dem Motto: ‚Was nicht passt, wird passend gemacht’ – um Bebauung auch in grünen Milieus durchzusetzen“, verdeutlicht Porschke.

Da der Senat in seiner Antwort auf die SKA Art und Umfang der Betroffenheit grüner Milieus offenließ, hat der NABU die fehlenden Angaben recherchiert. Seit Mitte 2010 stehen LAPRO-Änderungsverfahren online zur Verfügung, die für die folgende Auswertung herangezogen wurden. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

* Änderungen der grünen Milieus für Bauvorhaben kommen häufiger vor als von der Politik zugegeben wird. Sie gehören seit Jahren zur gängigen Praxis.
* Rückblickend hat es seit 2010 vier Mal mehr Änderungen zu Lasten der grünen Milieus gegeben als zu deren Gunsten.
* Um baurechtliche Vorrausetzungen für Wohnen und gewerbliche Nutzung zu schaffen, wurden nicht nur Milieuänderungen vorgenommen, sondern Änderungen betrafen auch mehrfach Flächen in Landschaftsschutzgebieten, die im LAPRO als bestehend oder geplant ausgewiesen sind.
* Die SKA listet über 20 weitere LAPRO-Änderungen für geplante Bauvorhaben auf, die zu Lasten der Grün-Milieus führen und die außerdem die Aufhebung von weiteren Flächen in Landschaftsschutzgebieten zur Folge hätten.

Alexander Porschke greift genau diese Vorgehensweise an: „Die Angaben aus der vorliegenden Schriftlichen Kleinen Anfrage zeigen eindeutig, dass der Grünverlust Realität ist und sich nicht verleugnen lässt. Es reicht nicht in Sonntagsreden immer wieder die Bedeutung des Grüns zu betonen, aber es in der alltäglichen Praxis Stück für Stück zu verbrauchen. Diesem Vorgehen wollen wir mit dem Druck der Volksinitiative einen Riegel vorschieben.“

Gute Konzepte zum Schutz des Grüns werden ignoriert

Noch im März wehrte sich Staatsrat Kock auf einer NABU-Veranstaltung gegen den Vorwurf, die aktuelle Wohnungsbaupolitik hätte keinen Respekt vor Landschaftsschutzgebieten. Nur in Ausnahmefälle sei der Schutzstatus für den Wohnungsbau beseitigt worden. Die Liste der abgeschlossenen und geplanten Bauvorhaben aus der SKA legt dagegen 14 Fälle offen, in denen LSG-Flächen im LAPRO von Änderungen für Gewerbe oder Wohnungsbau betroffen sind. Weiter argumentierte Kock mit zahlreichen Regelwerken, die es bereits zum Schutz des Hamburger Grüns gäbe. Er verwies unter anderem auf den „Grünen Ring“, das Achsenkonzept, die Freiraumbedarfsanalyse, den Klimaplan mit Frischluftachsen und auch auf das Landschaftsprogramm mit der Ausweisung von grünen Milieus.

Porschke widerspricht: „Was nutzt es, wenn der Senat gute Konzepte erstellt, diese aber ignoriert, sobald zahlungskräftige Investoren locken. Die Umwidmung grüner Milieus und Änderungen von Landschaftsschutz-Zielsetzungen sind da nur zwei Beispiele von vielen Missachtungen. Genau deshalb setzt die Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“ eine wichtige Debatte in Gang – nämlich wie in Zukunft mit dem Grün unserer Stadt umgegangen werden soll. Wir wollen erreichen, das grüne Milieus, in vollem Umfang grün bleiben.“

Weitere Informationen online zur Initiative „Hamburgs Grün erhalten“
Foto-Mitmach-Aktion >> www.NABU-Hamburg.de/ohnegruen
Unterschriftenliste >> www.NABU-Hamburg.de/unterschreiben

Pressemitteilung NABU HH

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