NABU: EU-Naturschutzrichtlinien bleiben

ffh-richtlinieDer NABU begrüßt die heutige Entscheidung der EU-Kommission zur Beibehaltung der EU-Naturschutzrichtlinien. Bei ihrem wöchentlichen Treffen beendete das Kollegium der 28 EU-Kommissare unter Jean-Claude Juncker damit eine heftige Debatte, die der Präsident vor über zwei Jahren selbst gestartet hatte: Unter dem Vorwand der „Entbürokratisierung“ hatte Juncker seinen Umweltkommissar Vella aufgefordert, eine „Modernisierung und Verschmelzung“ der beiden Richtlinien zu prüfen.

 

NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Diese Entscheidung ist ein Meilenstein – nicht nur für alle, denen die Bewahrung unseres Naturerbes am Herzen liegt. Dass sich Kommissar Vella durchgesetzt hat, ist richtungsweisend auch für den Schutz von Klima, Wasser, Luft und Boden. Der erste bedeutende Versuch in der EU-Umweltpolitik, den Rückwärtsgang einzulegen, ist damit gescheitert. Bürgerinnen und Bürger wollen eine EU mit hohen Umweltstandards – und keine, in der kurzfristige Profitinteressen die Agenda bestimmen.“

Im vergangenen Jahr hatte eine Bürgerbefragung der EU zu den Naturschutzrichtlinien zu einer Rekordbeteiligung geführt. Über eine halbe Million Menschen nahmen daran teil, fast alle forderten die Beibehaltung der Richtlinien. Im Anschluss forderten auch das EU-Parlament und der Rat der Umweltminister die Kommission auf, die Richtlinien nicht zu ändern, sondern besser umzusetzen und zu finanzieren. Die Bundesregierung setzte sich ebenfalls dafür ein, insbesondere Bundesumweltministerin Barbara Hendricks.

Mit ihrer Entscheidung sendet die EU-Kommission damit auch ein wichtiges Signal an die UN-Biodiversitätskonferenz, die aktuell in Cancún/Mexiko über den Stopp des weltweiten Artensterbens verhandelt. „Nach zwei Jahren Unsicherheit geht die Europäische Union nun wieder mit ihrer erstklassigen Gesetzgebung voran“, kommentiert Konstantin Kreiser, NABU-Leiter für Globale und EU-Naturschutzpolitik. Für den NABU hatte er die Koordination der deutschen Umweltverbände zur Rettung der Naturschutzrichtlinien übernommen.

„Nun muss die Umsetzung der beiden Richtlinien endlich wieder im Vordergrund stehen. Wir erwarten von der Kommission Anfang 2017 hierzu konkrete Vorschläge. Der Fokus muss dabei auf einem konsequenteren Vollzug vor Ort sowie einer besseren finanziellen Honorierung der Naturschutzleistungen von Landnutzern liegen. Hierzu ist ein Umbau der Gemeinsamen Agrarpolitik entscheidend“, so Kreiser.

Bei einer Aufweichung der Richtlinien hätten bislang streng geschützte Tierarten wie der Wolf oder auch viele Zugvögel zum Abschuss frei gegeben werden können. Natura 2000, das weltgrößte Netzwerk an Schutzgebieten stünde zur Debatte. Die unvermeidlichen jahrelangen Verhandlungen hätten zudem sofort das Engagement vieler Regierungen bei der Verfolgung von Umweltdelikten reduziert, wie zum Beispiel dem Abholzen von Urwäldern in Polen, der Jagd auf Singvögel in Zypern oder dem Umpflügen von artenreichen Wiesen in Deutschland.

Zum Hintergrund:
Die EU hat ihre beiden wichtigsten Naturschutzrichtlinien, die EU-Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie überprüft. Dieser Prozess ist Teil des sogenannten REFIT-Programms zur „Besseren Rechtsetzung“ der EU. Seit 2014 läuft dieser aufwändige Überprüfungsprozess für die beiden Naturschutzrichtlinien. Während dieser Phase sprachen sich in der bislang größten EU-Bürgerbefragung aller Zeiten mehr als eine halbe Million Bürgerinnen und Bürger für die Beibehaltung der Naturschutzgesetze aus. Ebenso votierten EU-Parlament, die nationalen Umweltminister, der EU-Ausschuss der Regionen sowie über 300 Kleine und Mittelständige Unternehmen und viele weitere Akteure.

Die EU-Vogelschutz- und die FFH-Richtlinie sind das Herzstück des europäischen Naturschutzes. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt und haben das einzigartige und größte Schutzgebietssystem weltweit, das Natura-2000-Netzwerk, etabliert.

Mehr zum Fitness-Check der EU-Naturschutzrichtlinien:
https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/
www.nabu.de/naturschaetze

Pressemitteilung NABU Hamburg

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