Lichtverschmutzung beeinträchtigt die städtische Biodiversität, daher sieht der NABU Hamburg das Veranstaltungsformat „Christmas Garden“ im Botanischen Garten kritisch.
Eine wochenlange Lichtinstallation in einem Park, der eigentlich als Ort der Ruhe und des jahreszeitlichen Erlebens der Natur – auch in den Wintermonaten – dienen sollte, ist aus ökologischer Sicht fragwürdig. Besonders bedenklich ist der Umstand, dass die Veranstaltung ausgerechnet in einem Landschaftsschutzgebiet stattfindet. Laut Verordnung ist es in solchen Gebieten untersagt, „die Ruhe der Natur oder den Naturgenuss durch Lärmen oder auf andere Weise zu stören“. Vor diesem Hintergrund ist der Botanische Garten als Veranstaltungsort äußerst ungeeignet. Im Winter, wenn die Tierwelt ohnehin mit Nahrungsknappheit und Kälte zu kämpfen hat, benötigen Tiere in der Stadt besonders dringend ungestörte Rückzugsräume – und genau dafür sind Natur- und Landschaftsschutzgebiete vorgesehen. Zwar wurden in diesem Jahr erfreulicherweise mehr naturschutzfachliche Auflagen erteilt als im Vorjahr, trotzdem ist der Sinn dieser Veranstaltung an diesem Ort nicht nachzuvollziehen.
„Die Natur braucht keine Lichtshow. Wir Menschen sind nicht völlig allein auf dieser Welt, sondern Teil eines sensiblen Systems, in dem auch andere Lebewesen wie Insekten, Vögel oder Fledermäuse ihren Platz haben“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender NABU Hamburg. „Es ist absurd, dass auf der einen Seite in Hamburg Anstrengungen unternommen werden, die Lichtverschmutzung einzudämmen, z.B. wird aktuell an der Außenalster die Beleuchtung zurückgenommen. Auch in der Bauleitplanung gibt es mittlerweile klare Vorschriften zu Lichtstärke und -farbe von Beleuchtung. Und auf der anderen Seite wird eine Lichtshow wie der Christmas Garden durchgeführt. Der NABU kann aus Natur- und Artenschutzgründen nicht nachvollziehen, warum hier, ausgerechnet in einem Natur- und Landschaftsschutzgebiet, der Lichtverschmutzung weiterhin Raum gegeben wird.“
Es ist verständlich, dass sich viele Menschen in der dunklen Jahreszeit nach mehr Licht sehnen und der öffentliche Raum in stimmungsvollem Licht beleuchtet sein soll. Doch wenn die Veranstaltung unbedingt fortgeführt werden soll, darf sie nicht in einem Landschaftsschutzgebiet stattfinden. Bei einer Veranstaltung, die primär profitorientiert ist und über zwei Monate bis ins neue Jahr durchgeführt wird, muss die Planung so erfolgen, dass auch die Bedürfnisse der heimischen Tierwelt berücksichtigt werden. Denn ein Leben ohne andere Tiere im öffentlichen Raum wollen wir schließlich auch nicht. Für Lichtinstallationen gäbe es sicher alternative städtisch geprägte Gebiete, die außerhalb von Schutzgebieten liegen und geeigneter wären. Leider sind inzwischen auch andere Gebiete betroffen – das Veranstaltungsformat wird beispielsweise auch in einem Wildpark umgesetzt.
Hintergrund:
Durch eine dauerhafte Beleuchtung geht der für die Natur elementar wichtige Tag-Nacht-Rhythmus verloren. Vögel werden durch helles Licht in ihrem Zugverhalten gestört. Fledermäuse verlieren ihre Quartiere und Insekten werden vom Licht massiv angezogen, wodurch sie entweder als leichte Beute für andere Tiere enden oder durch Kollision und Erschöpfung sterben. Durch diese Störungen fehlen sie als Bestäuber von Blütenpflanzen oder als Glieder in der Nahrungskette. Das viele Licht hat also seine Schattenseiten: Übermäßige Beleuchtung stellt im städtischen Raum eine der größten Gefahren für die urbane Biodiversität dar.
Der Biorhythmus von tag-, nacht- oder dämmerungsaktiven Tieren unterscheidet sich oft deutlich vom menschlichen, und ihre Sensibilität gegenüber zunehmender Beleuchtung, insbesondere in städtischen Gebieten, ist wesentlich ausgeprägter.
Es gibt rechtliche Grundlagen wie beispielsweise die LSG-Verordnung, die den Schutz der Natur in Landschaftsschutzgebieten eigentlich wahren sollen. Wem das nicht reicht, kann sich sogar auf die Hamburger Verfassung berufen. Dort steht bereits in der Präambel, dass die natürlichen Lebensgrundlagen unter dem besonderen Schutz des Staates stehen. Wenn das keine leeren Worte sein sollen, dann muss man solche Veranstaltung, die rein dem menschlichen Vergnügen dienen, in der Abwägung auch mal zum Wohle der Natur nicht genehmigen. Bisher passiert das aber nicht, trotz stetig voranschreitendem Verlust von Arten und Lebensräumen.
Pressemitteilung NABU Hamburg