Nach Bericht des Weltklimarats – drei Stellungnahmen

Hamburg muss neues Klimaschutzgesetz und neuen Klimaplan als Chance nutzen
Klimabeirat Hamburg appelliert an Senat und Bürgerschaft, klimapolitische Anstrengungen zu erhöhen und sozial zu flankieren

 

Vor dem Hintergrund des aktuellen Berichts des Weltklimarats (IPCC) appelliert der Klimabeirat Hamburg an den Hamburger Senat und die Hamburgische Bürgerschaft, die laufende Novellierung des Klimaschutzgesetzes und die Fortschreibung des Klimaplans für eine deutlich ambitioniertere Klimaschutzpolitik zu nutzen. Der IPCC hat seinen Bericht Anfang der Woche im schweizerischen Interlaken vorgestellt.

Dazu Prof. Dr. Daniela Jacob, Vorsitzende des Klimabeirats Hamburg: „Der aktuelle Bericht des Weltklimarats zeigt erneut, wie dringlich Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind und dass uns die Zeit davonläuft. Zugleich betont der IPCC, dass bewährte Lösungsstrategien und Maßnahmen auf dem Tisch liegen. Diese Strategien und Maßnahmen können Städte wie Hamburg nun gezielt aufgreifen. Hierbei gilt es, Klimaschutz und Anpassung im Sinne einer klimaresilienten und sozial gerechten Stadtentwicklung zusammenzudenken und bereits bekannte Lösungen schnell in der Breite umzusetzen. Das Hamburger Klimaschutzgesetz und der Klimaplan sollten also die wissenschaftlich belegte Dringlichkeit abbilden. Außerdem müssen beschlossene Maßnahmen und dafür notwendige Budgets es ermöglichen, die durch Hamburg zu leistenden Bei- träge zur Emissionsreduktion zu realisieren.“

Der Bericht des Weltklimaberichts betont, dass durchführbare, wirksame und kostengünstige Optionen zur Emissionsreduzierung und Anpassung an den Klimawandel bereits verfügbar sind. Vor diesem Hintergrund unterstützt der Klimabeirat die in Hamburg geplanten ambitionierten Klimaschutzziele und ordnungspolitischen Vorgaben, etwa zur Photovoltaik-Pflicht oder zum Heizungstausch und Maßnahmen zur Mobilitäts- und Wärmewende. Er hält es aber ebenfalls für wichtig, den Umbau von Stadt und Wirtschaft sozial zu flankieren. Da laut IPCC untere Einkommensgruppen in besonderer Weise bei der Anpassung an den Klimawandel benachteiligt sind, muss diese Transformation immer auch unter den Aspekten von Klimagerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit stehen. Daher sollten zum Beispiel Förderprogramme nach Wirtschaftskraft der Zielgruppen gestaffelt und Härten bei der energetischen Sanierung von Gebäuden vermieden werden. Außerdem ist es erforderlich, die Menschen und die Hamburger Wirtschaft stärker von den Chancen einer klimaresilienten Entwicklung, wie sie der Weltklimarat fordert, zu überzeugen.

„Ein bisschen mehr vom Bisherigen“ wird allerdings nicht ausreichen, so Prof. Jacob. „Hamburg sollte vielmehr die riesigen Potentiale, die in einer klimaresilienten Stadtentwicklung gemeinsam mit einer klugen und sozial ausgewogenen Strategie zu CO2- Einsparung liegen, erkennen und nutzen.“ Dafür sollten aus Sicht des Klimabeirats – auch vor dem Hintergrund der verschärften Klimaschutzziele – ausreichend Ressourcen zur Verfügung gestellt und das Management des Klimaschutzes in der Stadt optimiert werden. Der Klimabeirat ist zuversichtlich, dass Hamburg über das Potenzial verfügt, sich zu einem Vorreiter bei Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln. Neben einem richtungsweisenden neuen Klimaschutzgesetz und einem ambitionierten Klimaplan könnte die Stadt beispielsweise unter der Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters eine internationale Transformationsmesse ausrichten, die erfolgreiche Lösungsansätze und Innovationen für Klimaschutz und Anpassung in Städten zusammenführt.

Der Hamburger Klimabeirat besteht aus 15 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und berät auf der Grundlage von § 7 des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes den Hamburger Senat.

Die aktuelle Empfehlung des Klimabeirats Hamburg zum Eckpunktepapier zur zweiten Fortschreibung des Klimaplans gibt es hier: www.klimabeirat.hamburg.

Pressemitteilung Klimabeirat Hamburg


Verbändeanhörung zum neuen Hamburger Klimaschutzgesetz: Hamburger*innen müssen Einhaltung des Gesetzes einklagen dürfen

Koalitionsvertragsvereinbarung scheitert / Klimacheck dringend nötig

Morgen endet die Verbändeanhörung für das neue Hamburger Klimaschutzgesetz. Der BUND Hamburg kommt zu einem ernüchternden Prüfergebnis des Senatsentwurfs: Mit dem neuen Klimaschutzgesetz missachtet der Hamburger Senat den eigenen Koalitionsvertrag. Dort heißt es, „die Koalitionspartner prüfen systematisch alle relevanten Entscheidungsvorlagen auf ihre Konsistenz und Vereinbarkeit mit den Klimazielen sowie auf klimafreundlichere Alternativen“. Der vorliegende Gesetzesentwurf bricht dieses Versprechen.

So sei der Berichtszeitraum von zwei Jahren bei weitem zu lang. Soll der Zwischenbericht seine Funktion erfüllen, muss er mit aktuellen Daten hinterlegt werden. „Die bisherigen Daten liegen stets mehr als zwei Jahre zurück. Ein Zwischenbericht im Jahr 2023 macht Aussagen über den Zustand von 2020. Wir brauchen daher eine jährliche Überprüfung, ob die jeweiligen Ziele erreicht wurden“, so BUND-Geschäftsführer Lucas Schäfer.

Ein weiterer Kritikpunkt des BUND ist, dass der Gesetzesentwurf den Begriff „erneuerbare Energie“ verwendet, ohne ihn klar zu definieren und ggf. zu limitieren. So schließt der Begriff die Verbrennung von Biomasse mit ein, diese schädigt jedoch im größeren Umfang das Klima ebenfalls massiv. Der BUND Hamburg hält daher eine Begrenzung der klimaschädlichen Verbrennung von Biomasse bei der Wärmeversorgung auf maximal 15 Prozent für dringend erforderlich.

In einem von der Hamburger Umweltbehörde selbst in Auftrag gegebenen Gutachten plädieren Umweltinstitute für die Einführung eines Klimachecks. Dabei sollten alle Vorhaben der Stadt auf ihre Klimaverträglichkeit geprüft werden. Der Hamburger Senat sollte einen solchen Check dringend einführen, um den Koalitionsvertrag zu erfüllen.

Schäfers Fazit: „Für eine tatsächliche Umsetzung und zeitlich angemessene Überprüfung des Klimaschutzgesetzes muss für Hamburgs Bürger*innen und Umweltverbände die Möglichkeit eingeräumt werden, das Gesetz einzuklagen. Auf europäischer und Bundes-Ebene ist dieses Recht insbesondere im Naturschutzbereich bereits etabliert. Denn erst im Jahr 2030 zu erkennen, dass die Klimaziele leider nicht erreicht wurden, können wir uns unter keinen Umständen mehr leisten.“

Pressemitteilung BUND Hamburg


Ökologische Dienstleister: Natürlicher Klimaschutz muss mit ins Gesetz

NABU Hamburg reicht Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzgesetzes ein

Der NABU hat die Möglichkeit genutzt, den vom Hamburger Senat Mitte Februar beschlossenen Entwurf des neuen Hamburgischen Klimaschutzgesetzes im Rahmen der Verbändeanhörung fristgerecht zu kommentieren. Während es grundsätzlich begrüßenswert ist, dass der Hamburger Senat sich ambitionierte Klimaziele setzt, zeigt der Gesetzentwurf jedoch juristische und inhaltliche Schwächen, die korrigiert bzw. ergänzt werden sollten. Nach Auffassung des NABU nimmt das Hamburger Landesgesetz vor allem unzureichend Rücksicht auf die bestehende Bundesgesetzgebung. So lassen sich CO2-Einsparungen – ebenso wenig wie die der meisten anderen Bundesländer – kaum vernünftig vergleichen. Inhaltlich legt der Gesetzentwurf einen starken Fokus auf den Gebäudesektor und die Energieerzeugung, während andere Sektoren nicht oder nur ansatzweise adressiert werden.

„Der Gesetzentwurf selbst ist detailliert und für manche Sektoren äußerst umfangreich. Deshalb ist es unverständlich, warum ausgerechnet der natürliche Klimaschutz im Entwurf nicht ebenfalls prominent abgebildet wird. Das ist ein falsches Signal. Die Bundesregierung stellt über das „Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz“ Milliarden bereit und auch die Europäische Union plant viel Geld in die Renaturierung und Wiederherstellung kaputter Ökosysteme zu stecken. Denn sie erbringen dem Menschen unverzichtbare und vor allem vergleichsweise günstige natürliche Leistungen, von denen die Kohlenstoffbindung eine der wichtigsten ist. Langsam sickert die herausragende Bedeutung natürlicher Senken wie wiedervernässter Moore und Feuchtwiesen oder intakter und resilienter Wälder durch. Und genau deswegen sollten diese Maßnahmen in einem Klimaschutzgesetz ganz weit vorne stehen“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg.

Insgesamt sollte Hamburgische Klimaschutzgesetz neu strukturiert werden, um im Zusammenspiel mit dem Klimaschutzgesetz des Bundes einen möglichst effektiven und aufeinander angepassten Rechtsrahmen zu schaffen.

Im Gesetzentwurf finden sich lediglich Reduktionsziele für die Jahre 2030 und 2045. Es fehlen allerdings festgesetzte jährliche Minderungsziele durch die Vorgabe von Jahresemissionsmengen für die maßgeblichen Sektoren, wie sie im Klimaschutzgesetz des Bundes festgesetzt worden sind. Dazu gehören auch festgesetzte Sanktionsmechanismen für die verantwortlichen Ressorts, die gerade auf der Bundesebene intensiv diskutiert werden. Stattdessen verweist der Entwurf auf den Hamburger Klimaplan, der verbindliche Ziele und nötige Maßnahmen enthalten soll.

„Auf der Bundesebene ist es nun so, dass die wesentlichen Ziele und Handlungsinstrumente sowie Sanktionsmechanismen normativ und damit wirklich verbindlich festgelegt worden sind, während in Hamburg das Gesetz in ganz zentralen Regelungsbereichen auf einen Senatsbeschluss zu einem Plan unklarer rechtlicher Kontur verweist“, sagt Rüdiger Nebelsieck, Fachanwalt für Verwaltungsrecht.

Eine inhaltliche Bewertung des Entwurfes wird dadurch erschwert, dass die im Gesetz adressierten, teils durchaus sehr konkreten und ambitionierten Maßnahmen ihrerseits weder den Sektoren zugeordnet, noch in ihrer Wirksamkeit bilanziert werden. Zugleich verweist § 6 eigentlich für die zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen auf den Hamburger Klimaplan. Dadurch entsteht eine methodisch unklare und in der Erfolgskontrolle schwer nachvollziehbare Gemengelage zwischen den im Gesetz und den im Klimaplan festzusetzenden Maßnahmen.

Pressemitteilung NABU Hamburg

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