Anlässlich des heute von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurfs der EU-Verpackungsverordnung fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein ambitionierteres Abfallvermeidungsziel und höhere Mehrwegquoten. Zwar begrüßt der Umwelt- und Verbraucherschutzverband, dass auf europäischer Ebene erstmals Vorgaben zur Abfallvermeidung und zum Einsatz umweltfreundlicher Mehrwegverpackungen gemacht werden. Allerdings sind diese zu niedrig angesetzt, um das gewaltige Verpackungsmüllproblem in Europa zu lösen.
Seit 2009 ist in der EU die Menge an Verpackungsmüll pro Kopf und Jahr um mehr als 20 Prozent auf 177 Kilogramm angestiegen.
Die DUH begrüßt zudem Vorgaben, die zu Pfandsystemen für Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen führen werden. Dadurch wird die Vermüllung der Umwelt drastisch reduziert. Auch das geplante Verbot von Einweg-Verpackungen beim Vor-Ort-Verzehr in der Gastronomie ist ein notwendiger Schritt zur Vermeidung von unnötigem Müll, kommt allerdings in 2030 zu spät und enthält zu viele Ausnahmen. Bedauerlich sind außerdem zu späte und unkonkrete Vorgaben zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen und eine nach wie vor nicht geschlossene Regelungslücke zur Umgehung nationaler Plastiktütenverbote durch Händler.
„Dass die EU-Kommission ein Vermeidungsziel für Verpackungsmüll festgelegt hat, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch der zweite und notwendigere Schritt einer ambitionierten Quote wurde nicht gegangen. Seit 2009 ist die Verpackungsmüllmenge in Europa um über 20 Prozent angestiegen und bis 2030 sollen gerade einmal 5 Prozent der Verpackungen im Vergleich zu 2018 vermieden werden. Das entspricht lediglich einem Viertel des Verpackungszuwachses der letzten Jahre. Um den Trend der größer werdenden Müllberge umzukehren, muss das Vermeidungsziel deutlich ambitionierter sein“, fordert DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
Auch bei der Festlegung von Mehrwegquoten hat die EU-Kommission nicht genug Mut bewiesen, so die DUH. Eine Mehrwegquote für die wichtigsten Getränkesegmente Mineralwasser und Erfrischungsgetränke von 25 Prozent bis 2040 lässt die Potentiale zur Abfallvermeidung sowie zum Klima- und Ressourcenschutz weitestgehend ungenutzt. In einem vor wenigen Wochen öffentlich gewordenen Entwurf der EU-Verpackungsverordnung hat das Mehrwegziel noch 75 Prozent betragen. Auch die ursprünglich angedachten Mehrwegquoten für Transport- und Versandverpackungen waren höher und wurden nun abgeschwächt. „Die EU-Kommission darf sich dem Druck der Plastik-, Papier- und Verpackungsindustrie nicht beugen. Wir brauchen zur Bewältigung der Müllkrise deutlich mehr Mehrweg: mindestens 75 Prozent für Wasser und Softdrinks“, so Barbara Metz weiter.
Besonders Deutschland steht in der Verantwortung, sich in den anstehenden Verhandlungen für eine ambitioniertere EU-Verpackungsverordnung stark zu machen. Als Land mit den höchsten Abfallmengen Europas und dem größten Mehrwegsystem für Getränkeverpackungen weltweit ist es gleichermaßen Teil und Lösung des Problems. Die DUH fordert die Bundesregierung auf, sich gemeinsam mit anderen progressiv agierenden Staaten wie Luxemburg, den Niederlanden und Österreich für Mehrweg und Abfallvermeidung einzusetzen.
„Die Vorgaben der EU-Kommission zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen sind nicht ambitioniert genug. Bis 2030 sollen Verpackungen, die zu weniger als 70 Prozent recyclingfähig sind, verschwinden. Einige große Produzenten und Händler haben sich bereits für 2025 das Ziel gesetzt, ihre Verpackungen vollständig recyclingfähig zu machen. Nicht oder schlecht recyclingfähige Verpackungen können also viel schneller vom Markt verschwinden“, sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.
Geht es nach dem Entwurf der EU-Verpackungsverordnung, wird eine Umgehung des deutschen Plastiktütenverbots durch Händler weiterhin möglich sein. So haben sie die Möglichkeit, ihre Einweg-Plastiktüten etwas dicker als 50 Mikrometer zu machen, um aus dem Regelungsbereich herauszufallen. Nach Einschätzung der DUH kann erst ab mindestens 120 Mikrometern Wandstärke von wirklichen Mehrwegtragetaschen für eine vielfache Wiederverwendung ausgegangen werden. Die DUH fordert von der EU-Kommission daher eine entsprechende Anpassung des Regelungsbereichs für nationale Verbote von Einweg-Plastiktüten.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
Verpackungsmüll: „Nachhaltige Einkäufe dürfen kein Privileg bleiben“
Vorschläge der EU-Kommission für Kreislaufwirtschaft und gegen Verpackungsmüll
Die EU-Kommission stellt heute ihr zweites Kreislaufpaket vor. Dazu gehören Vorschläge für Regeln zu Verpackungen und Verpackungsabfällen, biobasierten und kompostierbaren Kunststoffen und ursprünglich auch Vorschläge gegen Greenwashing. Die EU-Kommission hatte sich verpflichtet, bis zum Jahr 2030 alle Verpackungen aus EU-Herstellung wiederverwendbar oder recyclebar zu machen.
Delara BURKHARDT, umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD:
„Jede*r EU-Bürger*in soll die Möglichkeit haben, möglichst unverpackte oder zumindest nachhaltig verpackte Produkte zu kaufen. Bislang ist es ein Privileg derer, die zufällig einen Unverpacktladen um die Ecke oder die Zeit haben, sich das Kleingedruckte auf den Verpackungen durchzulesen. Das zweite Kreislaufpaket muss hier für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sorgen.
Sollte sich bestätigen, dass die EU-Kommission erneut den Vorschlag gegen Greenwashing verschiebt, ist das ein herber Schlag für Verbraucher*innenrechte und die Nachhaltigkeitsziele der EU. Die Verpackungsbranche, aber auch der Texilsektor warten auf Klarheit. Mit den richtigen Maßnahmen könnte die Kommission nicht nur den Verbraucher*innen Sicherheit am Supermarktregal geben, sondern auch der Industrie Planungs- und Investitionssicherheit bieten.
Von der Leyens Kommission darf sich von der Verpackungsindustrie nicht die Recycling-Quoten vorschreiben lassen. Wir brauchen ambitionierte Mehrweg – und Recyclingquoten für die nächsten Jahre. Nur so können wir das Ziel erreichen, in der EU bis 2030 alle Verpackungen wiederverwendbar oder recyclebar zu machen.
Der Griff zur Verpackung aus Papier statt aus Plastik ist verlockend, weil es nachhaltiger scheint. Das ist aber oft ein Trugschluss, denn auch die Herstellung von Papier ist oft mit Umweltschädigungen verbunden. Die neue Verpackungsverordnung muss verhindern, dass Alternativen zu Kunststoffverpackungen auf Kosten von Wäldern gehen.“
Im Anschluss an die Kommissionsvorstellung starten die Trilog-Verhandlungen mit Vertreter*innen von EU-Parlament, Kommission und Mitgliedstaaten.
Pressemitteilung SPD im EU Parlament