ADFC begrüßt längst überfällige Änderung der Straßenverkehrsordnung als einen Schritt in die richtige Richtung. Um fahrradfreundliche Verhältnisse in Hamburg zu schaffen, braucht es aber mehr: den ernsthaften Willen der politisch Verantwortlichen.
Die zum 1. April 2013 in Kraft tretende Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) schafft einige überflüssige Verkehrsschilder ab und bringt kleine Verbesserungen für alle, die Rad fahren. Eine wesentliche Neuerung ist, dass die Kommunen nicht mehr bevorzugt von der Fahrbahn getrennte Radwege anlegen sollen. Radfahrstreifen auf der Fahrbahn sind ihnen künftig gleichgestellt. Außerdem wird der Bau von Fahrradstraßen und von Schutzstreifen für den Radverkehr auf der Fahrbahn erleichtert.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt die jetzigen Änderungen als einen Schritt in die richtige Richtung. „Der Gesetzgeber erkennt an, dass Radfahrende ein Fahrzeug lenken und sie daher auf die Straße gehören. Radfahren wird so schneller, komfortabler und sicherer“, sagt Dirk Lau, stellvertretender Landesvorsitzender des ADFC Hamburg. Wenn Hamburg die Vorgaben der StVO konsequent umsetze, bestünde die Hoffnung, die Stadt ein Stück fahrradfreundlicher zu machen. „Wer Auto fährt, wird sich darauf einstellen müssen, dass in Zukunft mehr Radfahrende auf der Straße unterwegs sind“, so Lau. Auf der Fahrbahn bewegen sie sich im Sichtfeld des Kfz-Verkehrs, so lassen sich Unfälle besser vermeiden.
Eine ebenfalls wichtige Änderung betrifft die Ampeln: „Wer ein Rad führt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten“, heißt es in der neuen StVO. Das heißt: Zukünftig gelten also die Ampeln für den Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn auch für Radfahrende. Nach Fußgängerampeln mit ihren kurzen Grünphasen müssen sie sich nicht mehr richten. Allerdings mit einer Einschränkung: Solange für Radwege neben Gehwegen keine Fahrradsignale eingerichtet sind, müssen Radfahrende bis Ende 2016 weiterhin die Fußgängerampeln befolgen. „Diese Übergangsfrist ist viel zu lang“, kritisiert Lau. „Das lässt sich schneller umstellen“.
Zusammen mit den seit 2009 geltenden Verwaltungsvorschriften wird die neue StVO den Radfahrenden zudem künftig Umwege ersparen. Einbahnstraßen können nun leichter für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet werden. Neue Sackgassenschilder werden laut ADFC künftig zeigen, dass ein Durchkommen für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer möglich ist.
Ab dem 1. April 2013 gibt es auf deutschen Straßen zudem keine „Radfahrer“ und auch keine „Fußgänger“ mehr. In der Neufassung der Straßenverkehrsordnung heißt es vielmehr nun geschlechtsneutral „Wer ein Rad fährt“ oder „Radfahrende“, aber auch „Wer zu Fuß geht“. Ein Aprilscherz? Nein, denn diese sprachliche Neuregelung soll mehr Gerechtigkeit in das Gesetzeswerk gebracht und Diskriminierungsvorwürfen vorgebeugt werden.
Die Änderung der StVO war nötig geworden, nachdem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die letzte Novelle von 2009 wegen Formfehlern im Frühjahr 2010 für unwirksam erklärt hatte.
Pressemitteilung ADFC HH
StVO – Radwege: „Vorfahrt für den Radverkehr“
Seit Anfang April enthält die Straßenverkehrsordnung (StVO) deutliche Verbesserungen für den Radverkehr. Die Grünen fordern in einem Antrag vom Senat, die neuen Möglichkeiten offensiv anzuwenden. Außerdem ist das Thema zur Aktuellen Stunde der Bürgerschaft angemeldet. Alltägliche Ärgernisse für den Radfahrer lassen sich relativ einfach und günstig an drei Stellen beheben: Mit der Schaffung von Fahrradstraßen, mit neuen Fahrradstreifen und mit anderen Ampelschaltungen.
Dr. Till Steffen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt dazu: „Wer in Hamburg mit dem Rad unterwegs ist, ärgert sich täglich über Hindernisse. Mit relativ einfachen und günstigen Maßnahmen lassen sich die Bedingungen für den Radverkehr spürbar verbessern. Der Senat ist hier allerdings eher träge, unwillig oder bremsend unterwegs. Die geänderte Straßenverkehrsordnung bietet neue Möglichkeiten für eine Radverkehrsoffensive. Wir fordern Vorfahrt für den Radverkehr. Das heißt konkret: Abgestimmte Ampelschaltungen speziell für den Radverkehr, mehr Fahrradstraßen und die Markierung von Radstreifen auf der Straße im Zuge von Asphaltsanierungen.“
Die Grünen haben den Senat in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage (20/7377) nach dem Einsatz von Fahrradstraßen, Fahrradampeln und der Anlage von Radfahrstreifen gefragt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Es gibt in Hamburg fast keine Fahrradstraßen, in denen Fahrräder Vorrang vor dem Autoverkehr haben.
Till Steffen sieht hier dringenden Handlungsbedarf: „Fahrradstraßen sind leicht anzuordnen, kosten wenig und schaffen eine Fahrradakzeptanz, wie kaum eine andere Maßnahme. Voraussetzung dafür ist, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist bzw. bald wird. Das trifft auf unsere Velorouten zu. Der Senat sollte daher Nebenstraßen, auf denen eine Veloroute verläuft, als Fahrradstraße umwidmen und dem Radverkehr Vorrang einräumen.“
Ebenso werden Fahrradampeln bisher nur in Einzelfällen bei der Radverkehrsführung eingesetzt. Es gibt 631 kombinierte Fuß/Rad-Ampeln, aber nur 123 Fahrradampeln. Steffen: „Die neuen Regelung der Straßenverkehrsordnung stellen den Radverkehr auf der Straße dem Autoverkehr gleich, und da gehören Räder auch hin. Das Fahren auf der Straße ist sicherer und schneller. Der Senat sollte daher seine bisherige Haltung ändern und Fahrradampeln flächendeckend einsetzen“.
In der Kleinen Anfrage gibt der Senat auch zum Planungstand bei Radfahr- und Schutzstreifen bei Grundinstandsetzungen Auskunft. Hier zeigt die Initiative der Grünen Fraktion, diese regelhaft mit zu prüfen und dann auch anzulegen, erste Erfolge. Steffen: „Von 63 geprüften, sanierungsbedürftigen Hauptverkehrsstraßen bekommen 46 nun Radfahr- oder Schutzstreifen. Das ist eine enorme Verbesserung zu dem einen einzigen Radstreifen, den der Senat 2012 bei Straßensanierungen eingerichtet hat. Allerdings gibt es hier erhebliche Unterschiede zwischen den Bezirken. Senat und Bezirke müssen dafür sorgen, dass eine Prüfung auf allen Hamburger Straßen zum Muss wird.“
Hintergrund:
Die seit Anfang April 2013 geltende Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) birgt einige Verbesserungen für Radfahrende: Unter anderem sind Radfahrstreifen auf der Fahrbahn Radwegen gleichgestellt und die Anlage von Schutzstreifen auf der Fahrbahn wird erleichtert. Auch die Einrichtung von Fahrradstraßen ist nun leichter möglich (§ 45, Absatz (9) StVO). Darüber hinaus gelten Ampeln auf der Fahrbahn auch für Räder – allerdings nur wenn es keinen Radweg oder Radfahrstreifen gibt, denn dort sind vorhandene Fahrradampeln zu beachten. Eine Gegenüberstellung der bisherigen und der neuen StVO hat der ADFC gemacht.
Pressemitteilung Grüne Bürgerschaftsfraktion