Die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD wollen Volksdorfs Ortskern während eines mehrwöchigen Pilotprojekts für mehr Aufenthaltsqualität und weniger Autos umgestalten.
In Volksdorf gibt es schon seit einiger Zeit den Wunsch, den öffentlichen Raum im sogenannten „Dorfkern“ neu auszurichten. Nach vielen Gesprächen im Stadtteil wollen GRÜNE und SPD nun im Rahmen eines breiten Beteiligungsverfahrens eine mehrwöchige autoarme Umnutzung auf den Weg bringen.
Maryam Blumenthal, bisherige Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN Fraktion in der Bezirksversammlung Wandsbek: „Wir stehen seit längerer Zeit in dieser Thematik mit dem Stadtteil im Dialog. Es wird immer wieder die Unzufriedenheit mit der derzeitigen Verkehrssituation im Volksdorfer Ortskern an uns heran getragen. Fußgänger*innen haben zu wenig Platz, Radfahrer*innen werden übersehen und auch die Autofahrer*innen sind mit der Situation unzufrieden. Gerade in diesen Zeiten merken wir durch das Abstandhalten zueinander aber alle einmal mehr, wie begrenzt unser öffentlicher Raum – insbesondere für Fußgänger*innen – eigentlich ist. Das integrierte Klimaschutzkonzept für Wandsbek, das wir in der letzten Legislatur in Auftrag gegeben haben und dessen Ergebnisse uns nun vorliegen, empfiehlt ebenso, den Volksdorfer Ortskern zu einem Flanierquartier umzugestalten. Gemeinsam mit allen Interessierten wollen wir nun ein Pilotprojekt entwickeln und in den Sommermonaten 2021 verwirklichen. Wichtig ist uns, eine Lösung zu finden, von der alle profitieren: Anwohner*innen, Gewerbetreibende und der restliche Stadtteil. Durch das Pilotprojekt kann sich das Zentrum der Walddörfer neu erfinden und über den Stadtteil hinaus als nachahmenswertes Beispiel dienen. Eine begleitende Überprüfung soll Erkenntnisse über eine mögliche Dauerlösung liefern.“
Peter Pape, Regionalsprecher Walddörfer der Wandsbeker SPD-Fraktion: „Wir setzen uns dafür ein, dass das Projekt „Autoarmer Ortskern Volksdorf“ unter breiter Beteiligung der Akteure vor Ort entwickelt und im Anschluss ausgewertet wird. Es könnte zeitlich mit dem Stadtteilfest verknüpft werden und es wird geprüft, ob die Buslinien im Ortskern während des Projektes zu den Öffnungszeiten der Geschäfte mit kürzeren Taktzeiten fahren können.“
Hintergrund:
Andere Städte und Gemeinden und auch Modellquartiere in Hamburg haben gezeigt, dass sich die Aufenthaltsqualität deutlich verbessert, wenn Autos nur noch begrenzten Zugang zu Straßen bekommen, die vor allem von Fußgängern genutzt werden. In New York wurde der von Autos dominierte Times Square bereits 2009 zur Fußgängerzone mit Straßencafé. Vor allem der ruhende Verkehr – Autos die die meiste Zeit ungenutzt am Straßenrand stehen – und der Parkplatzsuchverkehr widersprechen einer sinnvollen Nutzung des Straßenraumes. Um eine hohe Akzeptanz zu erreichen, wird das Modellquartier in Volksdorf auf die Straßen Im Alten Dorfe und Claus-Ferck-Straße zwischen Haspa und Uppenhof und auf einen Zeitraum von mehreren Wochen im Sommer begrenzt. Der Verkehrsversuch soll ohne aufwendige Umbaumaßnahmen realisiert werden. Während des Versuchszeitraumes soll die Hochbahn insbesondere während der üblichen Öffnungszeiten der Ladengeschäfte im Volksdorfer Ortskern, die Ringlinie 375 mit kürzeren Taktzeiten zu betreiben.
Pressemitteilung rot-grüne Koalition Wandsbek
Hoppermann: Autofreies Volksdorf ohne Bürgerbeteiligung ist zum Scheitern verurteilt
Im Hauptausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek haben SPD und Grüne ohne vorherige Bürgerbeteiligung ein mehrwöchiges Pilotprojekt „autofreies Volksdorf“ beschlossen.
Dazu erklärt Franziska Hoppermann, Vorsitzende der CDU-Bezirksfraktion und Wahlkreisabgeordnete aus den Walddörfern: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum SPD und Grüne so einschneidende Projekte in diesen Zeiten beschließen, wo es kaum Öffentlichkeit und keine Bürgerbeteiligung in der Bezirkspolitik gibt. Das ist schlechter Stil. Der Vorstoß der rot-grünen Koalition ist im Vorfeld weder mit Bürgern noch Gewerbetreibenden abgestimmt und vor Ort hoch umstritten. Die Pandemie und die Kontakteinschränkungen werden uns noch länger begleiten, daher kann ein Beteiligungsverfahren, wie im Antrag in Aussicht gestellt, jetzt gar nicht gestartet werden. Die Verwaltung ist deswegen auch nicht unter Druck, zum jetzigen Zeitpunkt eine Ausschreibung dafür starten zu müssen. Und selbst wenn dem so wäre: Verwaltung hat Politik zu folgen und nicht andersherum. Leider drängt sich hier der Verdacht auf, dass es weniger um die Sache als vielmehr um Abschiedsgeschenke für scheidende BV-Abgeordnete der Grünen geht. An anderer Stelle in Hamburg wie in Ottensen haben wir gesehen, dass ein autofreies Quartier alles andere als ein Selbstgänger ist. Ein solches Projekt wirft viele rechtliche und praktische Fragen auf, und darf nicht gegen Anwohner und betroffene Gewerbetreibende durchgedrückt werden. SPD und Grüne gehen hier mit ihrer Mehrheit unverantwortlich um, so weckt man Widerstand im Stadtteil.“
Pressemitteilung der CDU Fraktion Wandsbek
FDP Fraktion Wandsbek: Onlineumfrage zum Plan „autoarmen Ortskern“ in Volksdorf
Was der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek am 30. April mehrheitlich beschlossen hat, stößt nicht bei allen Volksdorfern auf Gegenliebe: Ihr „Dorfkern“, der zentrale Platz der ganzen Walddörfer, soll im Rahmen eines „Verkehrsversuchs“ im Sommer 2021 „autoarm“ werden. Initiatoren dieses Antrags sind die in der Bezirksversammlung regierenden Koalitionspartner SPD und Grüne. Dass in den geplanten Entscheidungsprozess mit Beteiligten vor Ort auch die Autofahrer, repräsentiert durch den ADAC, einbezogen werden sollen, ist erst durch Nachdruck der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP mit aufgenommen worden.
Der Plan, dieses Herzstück von Handel und Wirtschaft in den weitläufigen Walddörfern „autoarm“ zu machen, widerspricht den Bedürfnissen vieler Geschäftsleute und auch Kunden, wie sich an ersten Rückmeldungen auf die Ankündigung in den Sozialen Medien zeigte. Dass schon vor Beginn der Hauptausschuss-Sitzung und der Debatte über den Antrag auf Facebook über die Medien der erfolgreiche Beschluss verbreitet wurde, wertet die FDP Fraktion Wandsbek als Affront gegenüber den Mitgliedern der Bezirksversammlung und gestörtes Verständnis von Demokratie. Magnus Mayer, FDP-Fraktion Wandsbek: „Zudem war aus angeblichem Eilbedarf eine Debatte des Antrags in entsprechenden Fachausschüssen wie dem Ausschuss ‚Wirtschaft und Verkehr‘ oder auch dem ‚Regionalausschuss Walddörfer‘ verhindert worden.“
Nicht nur medial und politisch gibt es kritische Positionen gegenüber dem Plan, das Zentrum von Volksdorf „autoarm“ zu machen: Auf Rückfrage der Wandsbeker FDP Fraktion äußerten sich vor Ort auch Geschäftsleute und Kunden. „Ich bin dagegen, weil ich hauptsächlich ältere Kunden habe, die noch mit dem Auto mobil unterwegs sind, jedoch schlecht zu Fuß. Mit dem Auto bewahren sie sich ihre Mobilität“, sagt beispielsweise Nenci Nonn-Münch, die im Ortskern einen Kosmetiksalon führt. „Die alten Lüüt, die sowieso schlecht zu Fuß sind, kommen dann weder in die Geschäfte noch zu ihren Ärzten“, meint eine Volksdorferin. Viele Befragten denken wie Monika Borgtest: „Wo sollen die Anfahrenden denn hin? Das gibt nur ein noch größeres Chaos.“ Kunden kommen nicht nur aus den teilweise weit entfernten und mit öffentlichem Nahverkehr schlecht bis gar nicht angeschlossenen Walddörfern, sondern auch aus Sasel, Poppenbüttel und Hummelsbüttel. Anstelle eines autofreien Ortskerns wünschen sich viele Geschäftsleute und Kunden daher eher ein besser gesteuertes Parkleitsystem.
Online-Umfrage: „autoarmes Volksdorf“?
Da sich bereits bei Bekanntwerden der Pläne deutlich Unmut unter den betroffenen Bürgern zeigte, erkundet die Wandsbeker FDP-Fraktion jetzt per Online-Umfrage die Vorstellungen für den Volksdorfer Ortskern. „Uns ist wichtig, dass wir vor Eintritt in jegliche weiteren Überlegungen einen Eindruck davon bekommen, was sich Anwohner, Geschäftsleute und Kunden wünschen“, sagt Birgit Wolff, FDP-Fraktionsvorsitzende, „denn für sie sollte Politik gemacht werden, nicht für eine Ideologie.“
https://www.fdp-wandsbek.de/bezirksfraktion
Pressemitteilung FDP-Fraktion Wandsbek
Die WUZ fragt: Wieviele Volksdorfer beteiligen sich wohl an dieser Umfrage – und ist sie dann repräsentativ? Ob die FDP anschließend veröffentlicht, wie viele Menschen teilgenommen haben? Volksdorf hat rund 21.000 Einwohner. (Quelle: https://www.statistik-nord.de)