Pilotprojekt zu Ansiedlung von neuen Fischarten in der Elbe

Der NABU Hamburg beginnt am 1. April ein wegweisendes Projekt zur Ansiedlung neuer Fischarten in der Elbe. Das europäisch geförderte Vorhaben soll Potentiale ermitteln, ob und in wieweit spezielle Zuchtfische, die bis zu 50 Prozent weniger Sauerstoff benötigen als herkömmliche Stinte, Finten oder andere heimische Arten, heimisch werden könnten. Denn insbesondere durch die neunte Elbvertiefung nimmt die Trübung des Gewässers zu und der Sauerstoffgehalt in der Elbe ab.

 

In den Sommermonaten kommt es in den letzten Jahren immer wieder zu ausgeprägten „Sauerstofflöchern“. „Wenn die Elbe nicht widerstandsfähig ist, müssen es wenigstens die Fische sein. Unser Forschungsprojekt zur Entwicklung einer resilienten Fischfauna soll einen bedeutenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Von unseren Erkenntnissen können auch andere europäische Ästuare wie das des Humber, der Loire oder der Weser profitieren“, freut sich Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg.

Mit den südamerikanischen Fischen Pygocentrus nattereri und Serrasalmus rhombeus sind zwei vorsorglich besonders robuste Arten ausgewählt worden, die nach Einschätzung des NABU durch ihren ursprünglichen Lebensraum im Amazonas-Gebiet hervorragend an die aktuellen Verhältnisse in der Elbe angepasst sein müssten. „Das durch die immer wieder notwendigen Baggerarbeiten getrübte Elbwasser ähnelt in seiner Gewässerstruktur den bekannten Weißwasserflüssen Südamerikas, die durch Lehmanteile rötlich-bräunlich wirken“, sagt Eike Schilling, Gewässerschutz-Experte und Leiter des Forschungsprojekts beim NABU Hamburg. Gewässertrübung und ein niedriger Sauerstoffgehalt in der Elbe machen beiden neuen Fischarten nichts aus, weil sie im Vergleich zu anderen überdurchschnittlich lange die Luft anhalten können und so deutlich weniger Sauerstoffumsatz haben. Selbst Extremzustände wie das regelmäßige Absinken des Sauerstoffgehalts unter 4 mg/l im Hamburger Hafen, an dem im Sommer zuweilen Tausende heimischer Fische zugrunde gehen, lässt unsere Forschungsfische völlig unbeeindruckt. „Wir haben in großen Becken im Keller der NABU Geschäftsstelle die Trübung simuliert und verheißungsvolle Testreihen durchgeführt. Wir sind wirklich zuversichtlich, dass das am 1. April beginnende Projekt im echten Elbewasser gute Ergebnisse bringen wird. Wenn die Fische ihr neues Umfeld annehmen, dann werden sie auch gegen die weiteren Folgen der Elbvertiefung und sogar des Klimawandels resistent sein“, so Projektleiter Eike Schilling. Er freut sich, dass die Europäische Union jetzt nicht mehr vergeblich den „guten Zustand“ europäischer Gewässer anstreben muss, sondern durch Veränderungen der Fauna das Überleben von Fischen in der Elbe sichert.

Hintergrund:

Vor 200 Jahren war die Elbe noch zwei Meter tief. Nach zahlreichen Vertiefungen ist sie mittlerweile so tief, dass Schiffe mit 13,50 m Tiefgang tideunabhängig den Hamburger Hafen erreichen können. Durch die kürzlich fertiggestellte neunte Elbvertiefung ist im wahrsten Sinne ein neuer ökologischer Tiefpunkt erreicht. Durch die ständigen Unterhaltungsbaggerungen wird das Wasser getrübt. Als Folge sinkt der Sauerstoff in der Elbe und es können Sauerstofflöcher entstehen – eine tödliche Falle für Fische.

Eigentlich sind alle EU-Staaten dazu verpflichtet auch wirtschaftlich genutzte Flüsse wieder in einen „guten Zustand“ zu versetzen. Das Ausbaggern der Elbe hat für das gesamte Ökosystem allerdings den gegenteiligen Effekt.

Pressemitteilung NABU Hamburg

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