BUND: Natur und Artenschutz kommen unter die Räder / Klimaschutz und Mobilitätswende ohne Ambitionen
Mit dem Slogan „Wohnen und Arbeiten im Grünen“, einem „Quartier, in dem naturverbundenes Wohnen und innovative Arbeitswelten nebeneinander möglich sind“, bewirbt die städtische Entwicklungsgesellschaft IBA Hamburg derzeit das geplante Baugebiet „Fischbeker Reethen“ bei Neugraben. Dass die Natur hier großflächig unter die Räder kommt, erwähnt sie nicht.
Nach rund drei Jahren reichen der BUND Hamburg und die Arbeitsgemeinschaft Naturschutz heute beim Bezirk Harburg erneut eine kritische Stellungnahme zum dazugehörigen Bebauungsplan Neugraben-Fischbek 67 ein.
„Für die Fischbeker Reethen verschwinden umfangreiche Flächen unter Beton und Asphalt, es gibt keinen ausreichenden Korridor, der die Naturräume der Geest und der Marsch verbindet und die dort noch lebenden Feldlerchen sollen auf viel zu kleinen Flächen ein neues Zuhause finden“, kritisiert Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg. Dazu komme die Zerstörung von Torfböden sowie die gravierende Beeinträchtigung des angrenzenden EU-Vogelschutzgebiets und des Lebensraums mehrerer Fledermausarten, die in diesem Gebiet noch recht häufig vorkommen.
Das Bezirksamt Harburg hatte die Pläne für das Baugebiet schon vor drei Jahren erstmals zur Stellungnahme ausgelegt und nach umfangreicher Kritik der Umweltverbände eine Überarbeitung der Unterlagen zugesagt. Geändert hat sich aber fast nichts: Nach wie vor werden in dem 70 Hektar umfassenden Plangebiet rund 50 Hektar Äcker, Wiesen und Gebüschbereiche zerstört sowie weitere Biotopflächen überbaut. Neben der Wohnbebauung sollen zehn Hektar neue Gewerbeflächen entstehen.
Die Stellungnahme des BUND und der Arbeitsgemeinschaft macht deutlich, dass neben dem reinen Natur- und Artenschutz weitere Bereiche des Naturhaushalts beeinträchtigt und Chancen für eine fortschrittliche Stadtplanung vertan werden:
· Das Plangebiet befindet sich vollständig innerhalb des Wasserschutzgebietes Süderelbmarsch/ Harburger Berge (Schutzzone III) und liegt unmittelbar im Einzugsbereich der Flachbrunnen des Wasserwerks Süderelbmarsch.
Allein der Umstand, dass das Niederschlagswasser der 33 Hektar umfassenden und versiegelten Flächen für die Grundwasseranreicherung nicht mehr zur Verfügung steht, ist in Zeiten immer heißerer Sommer und drohender Wasserknappheit verantwortungslos.
· Die Potenziale für die verlässliche Gewinnung von Solarstrom auf den Dächern der neuen Anlagen werden bei weitem nicht genutzt. Die Planung schreibt lediglich die im Hamburger Klimaschutzgesetz vorgesehene Solarmindestfläche von 30 Prozent vor. Für eine staatliche Planung ist dies beschämend, zumal die Installation von Fotovoltaikanlagen im Neubau deutlich einfacher und effizienter erfolgen kann als im Gebäudebestand der Stadt.
· Im ursprünglichen Mobilitätskonzept für die Planung steht, dass mit den Fischbeker Reethen ein „autoreduziertes Quartier“ mit einem Stellplatzschlüssel von 0,37 Stellplätzen pro Wohneinheit entstehen soll. Im Bebauungsplan wird jedoch eine Parkplatzquote von 0,76 zugrunde gelegt.
„Vor dem Hintergrund des dramatischen Artensterbens und des Klimawandels dürfen neue Baugebiete am besten gar nicht mehr im Grünen entstehen. Wenn ausnahmsweise doch, müssen sie mit maximaler Berücksichtigung von Natur und Umwelt geplant werden. Bei den Fischbeker Reethen ist das leider nicht der Fall“, so die Bewertung von Sabine Sommer.
Pressemitteilung BUND Hamburg