Greenpeace-Aktivist:innen demonstrieren an Bohrplattform gegen Gasbohrungen – Geplante Erdgasausbeutung gefährdet Naturparadies vor Borkum
Gegen die Installation einer Gasbohrplattform rund 35 Kilometer nordwestlich der ostfriesischen Insel Borkum protestieren in der Nacht von Montag auf Dienstag Greenpeace-Aktivist:innen. Von Schlauchbooten aus haben sie die Forderung “No New Gas” an die Wand der Plattform Valaris 123 gemalt, “Gas zerstört” steht auf Transparenten.
Anfang Mai hatte die niederländische Regierung dem Energiekonzern OneDyas die Genehmigung für Bohrungen im Erdgasfeld “N04-A” erteilt, das an der deutsch niederländischen Grenze liegt. Geplante Probebohrungen im nur etwa 12 Kilometer weiter südlich gelegenen Feld “N05-A” stoppte ein niederländisches Gericht im April vorerst, bis über eine Klage mehrere Umweltorganisationen entschieden ist. Auf deutscher Seite läuft derzeit noch ein Genehmigungsverfahren hierzu. Greenpeace-Taucher:innen haben in dem Gebiet N05-A erst im April bislang unbekannte Steinriffe mit ungewöhnlicher Artenvielfalt entdeckt und fordern, diese zu schützen.
“Es ist eine Farce, dass OneDyas hier bereits Erdgas ausbeuten darf. Die Gasbohrungen bedrohen das Klima, das Wattenmeer und die Artenvielfalt”, sagt Manfred Santen, Chemieexperte von Greenpeace. “Die Gründe für den Stopp der Bohrungen im Gasfeld N05-A müssen auch für das benachbarte Feld N04-A gelten.” Gegen das geplante Vorhaben in unmittelbarer Nähe des Wattenmeers gibt es schwerwiegende Vorbehalte: Greenpeace und andere Umweltorganisationen zweifeln an der Rechtmäßigkeit dieser Bohrgenehmigung. Der gerichtliche Aufschub für das Feld N05-A untermauert diese Bedenken.
Bohrung unter Natura2000-Gebiet Borkum Riffgrund
Der Standort der Plattform befindet sich auf niederländischem Gebiet etwa 600 Meter entfernt der deutschen Grenze und in unmittelbarer Nähe des Unesco-Weltnaturerbes Wattenmeer sowie des Naturschutzgebietes Borkum Riffgrund. Das zuständige Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) genehmigte das Vorhaben im August 2022. Die Deutsche Umwelthilfe und die Bürgerinitiative “Saubere Luft Ostfriesland” zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Genehmigungsprozesses und führen schwerwiegende Verfahrensfehler an. Die LBEG-Entscheidung über die Genehmigung für N05-A könnte sich durch die neuen Erkenntnisse zu schützenswerten Steinriffen im Bohrgebiet erheblich verzögern. Im Mai deckte Greenpeace auf, dass ein entsprechendes Gutachten von niedersächsischen Behörden unter Verschluss gehalten und nicht ins Genehmigungsverfahren eingeflossen war.
Pressemitteilung Greenpeace
Foto: Greenpeace activists hold a banner that reads “NO NEW GAS” in a protested against the installation of a gas drilling platform about 35 kilometers northwest of the East Frisian island of Borkum in the night from Monday to Tuesday. While on rhibs (rigid-hulled inflatable boat), the activists painted the demand “NO NEW GAS” on the wall of the jackup rig Valaris 123. The Dutch government granted the energy company ONE-Dyas permission to drill in the “N04-A” natural gas field in may, which is located on the German-Dutch border. In April, a Dutch court temporarily halted planned test drilling in the “N05-A” field, which is only about 12 kilometers further south, until a decision is reached on a complaint filed by several environmental organizations. On the German side, a permit procedure is still underway. Greenpeace commissioned research divers discovered previously unknown rocky reefs with unusual biodiversity in the N05-A field as recently as April and are calling for their protection. © Greenpeace
Mehr Infos: https://www.greenpeace.de/
Greenpeace-Gutachten bestätigt schützenswerte Steinriffe nahe geplanter Gasbohrung vor Borkum
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen drei neue Steinriffe
Drei bisher unbekannte schützenswerte Steinriffe befinden sich in unmittelbarer Nähe zu den geplanten Gasbohrungen vor der ostfriesischen Insel Borkum. Zwei Gebiete liegen direkt auf der vorgesehenen Kabeltrasse für die Bohrplattform. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues wissenschaftliches Gutachten von Greenpeace. Bei der Untersuchung konnten mindestens 88 Tierarten bestimmt werden, von denen etwa jede fünfte auf der deutschen Roten Liste für bedrohte Arten steht, darunter der stark gefährdete Europäische Hummer, die gefährdete Tote Mannshand und verschiedene Anemonen. Der niederländische Energiekonzern One-Dyas, der hier Gas fördern will, hatte das Vorkommen von Steinriffen bisher bestritten. Auf deutscher Seite steht die Genehmigung des Bohrvorhabens noch aus, zuständig ist das Land Niedersachsen. Sollte One-Dyas seine Pläne durchsetzen, könnte das Unternehmen aus dieser Quelle ab 2024 allerdings höchstens ein Prozent des derzeitigen jährlichen deutschen Gasbedarfs decken. “Das Leben in den neu entdeckten Steinriffen darf man nicht für ein bisschen Gas opfern, daher sollte Ministerpräsident Stephan Weil das Projekt vor Borkum stoppen”, sagt Anike Peters, Energieexpertin von Greenpeace. “Energiesicherheit ist in diesem Fall nur ein Scheinargument. Zukunftsfähige Energiepolitik kommt ohne das wenige Gas vor Borkum aus.”
Steinriffe erfüllen Anforderungen für gesetzlich zu schützende Lebensräume
Von Greenpeace beauftragte Forschungstauchende der Firma Submaris dokumentierten im April insgesamt vier Flächen und werteten sie aus. Das Gutachterbüro BioConsult analysierte Kratzproben der Steine im Labor auf Kleinstlebewesen, die nicht auf Bildern bestimmt werden konnten. Eine der Flächen hatte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz bereits 2020 untersuchen lassen und als Steinriff identifiziert, die Ergebnisse dazu allerdings lange unter Verschluss gehalten. Das niedersächsische Umweltministerium veröffentlichte es erst im Mai, nachdem Greenpeace dessen Existenz aufgedeckt hatte.
Größe und Anzahl der Steine, deren Bewuchs und die dort lebenden Meerestiere erfüllen sowohl bei dem bereits bekannten und als auch bei den drei neu entdeckten Gebieten die Kriterien für gesetzlich geschützte Biotope (FFH-Lebensraumtypen Riffe). “So artenreiche und bisher weitgehend unberührte Riffe kenne ich im niedersächsischen Küstenmeer sonst nicht”, so Philipp Schubert, Meeresbiologe und Taucher von Submaris. “Was mich alarmiert: Keine der Flächen liegt bisher in einem Schutzgebiet, das sollte sich ändern.” Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind Biotope wie Riffe vor erheblichen und nachhaltigen menschlichen Eingriffen geschützt.
Gegen die Installation einer Bohrplattform an einem etwa 12 Kilometer nördlich gelegenen Gasfeld protestierten Greenpeace-Aktivist:innen in der vergangenen Nacht auf der Nordsee.
Gutachten: https://www.greenpeace.de/publikationen/oasen-vielfalt
Karte: https://greenpeace.carto.com/u/greenpeacemaps/builder/1ffefaff-3294-4961-8c34-09a7f0e555a8/embed?state=%7B%22map%22%3A%7B%22ne%22%3A%5B53.50030019180739%2C5.8769989013671875%5D%2C%22sw%22%3A%5B53.77468884583577%2C6.882247924804688%5D%2C%22center%22%3A%5B53.637717616072834%2C6.379623413085938%5D%2C%22zoom%22%3A11%7D%7D
Pressemitteilung Greenpeace
Schiffsdaten ausgewertet: Deutsche Umwelthilfe verurteilt kurz bevorstehenden Start von Gasbohrungen vor Borkum und fordert schnelles Einschreiten der Politik
Laut einer Auswertung von Schiffsdaten durch die Deutschen Umwelthilfe (DUH) steht der Konzern One-Dyas kurz davor, vor Borkum Probebohrungen für die Gasförderung durchzuführen. Demnach ist die Bohrplattform Valaris 123, die One-Dyas gechartert hat, auf dem Weg zu dem geplanten Bohrplatz in den Niederlanden. Die DUH verurteilt dieses Vorgehen von One Dyas auf das Schärfste: Trotz schwerwiegender Verfahrensfehler, nämlich ohne die vorgeschriebene Einbeziehung der deutschen Behörden, treibt der Konzern damit Gasbohrungen im Gasfeld N04 nur 650 Meter entfernt vom deutschen Naturschutzgebiet Borkum-Riffgrund voran. Aufgrund der eklatanten Missachtung von Umwelt- und Klimaschutz sowie der deutschen Beteiligungsrechte prüft die DUH nun weitere rechtliche Schritte vor niederländischen Gerichten. Im Mai hatte der Umwelt- und Verbraucherschutzverband bereits Gasbohrungen im benachbarten Gasfeld N05A gerichtlich gestoppt.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die kurz bevorstehenden Bohrungen durch One-Dyas sind eine skandalöse Missachtung des Umweltschutzes und ein Angriff auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Erneut opfert ein Konzern den Schutz der Umwelt seinen kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Es ist absolut inakzeptabel, dass der Konzern die negativen Auswirkungen auf das geschützte Riff und das Natura2000-Gebiet Borkum Riffgrund einfach ignoriert. Wir fordern die Behörden in Deutschland und den Niederlanden auf, sofort gegen die geplanten Bohrungen vorzugehen.”
Die DUH appelliert an die deutschen Behörden, One-Dyas zum Stopp der geplanten Bohrungen im Gasfeld N04 aufzufordern. Besonders das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) muss jetzt handeln. Dazu hat die Deutsche Umwelthilfe die Behörde letzte Woche in einem juristischen Schreiben aufgefordert. Gleichzeitig läuft außerdem das Widerspruchsverfahren in den Niederlanden.
Im Planfeststellungsverfahren, das derzeit bezüglich der Bohrungen im benachbarten Gasfeld N05A läuft, setzt sich die DUH gegen eine Erteilung der Genehmigung durch die deutschen Behörden ein. Im juristischen Verfahren in den Niederlanden steht im September die Verhandlung in der Hauptsache an.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe