Greenpeace-Aktive fordern angesichts drohender Hungerkrise ein Ende der Verarbeitung von Getreide und Ölpflanzen zu biokraftstoffen
Getreide und Pflanzenöle sollten als wertvolle Lebensmittel zur Verfügung stehen und nicht länger zu Biokraftstoffen verarbeitet werden. Dafür demonstrieren heute 20 Aktivist:innen von Greenpeace an der Ölmühle von ADM im Hamburger Hafen. An den etwa 30 Meter hohen Silos unterhalb der Köhlbrandbrücke haben sie ein 250 Quadratmeter großes Banner mit der Aufschrift „Kein Essen in den Tank!“ gehängt. Mit dem Protest an Deutschlands größter Ölmühle fordern die Aktivist:innen von der Bundesregierung, die Beimischung von Biokraftstoffen zu Diesel und Benzin umgehend zu beenden. Bereits seit Jahren ist klar, dass der intensive Anbau von Getreide und Ölpflanzen für Kraftstoff auf immer mehr Flächen dem Klima schadet und die Artenvielfalt gefährdet. Die Maßnahme ist jetzt besonders dringend, da durch den Angriff Russlands große Mengen Getreide aus der Ukraine fehlen. „Die Bundesregierung muss ihre Verantwortung übernehmen, um eine weltweite Hungerkrise abzuwenden“, sagt Matthias Lambrecht, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. „Sie darf nicht länger zulassen, dass es in Deutschland Nahrungsmittel für Biokraftstoffe verheizt werden, während Millionen Menschen anderswo das Nötigste zum Leben fehlt.“
Die Ukraine und Russland gehören zu den größten Exporteuren von Weizen und Sonnenblumenöl. Der Krieg und das Embargo lassen weltweit die Preise für Lebensmittel in die Höhe schießen. Besonders im Mittleren Osten oder in Regionen Ostafrikas, die unter Dürre leiden, ist die Versorgung mit Lebensmitteln gefährdet.
Zwei Milliarden Brote statt Biokraftstoff
Ständen die Agrarprodukte für den Biokraftstoffverbrauch in Deutschland zur Erzeugung von Lebensmitteln zur Verfügung, könnte das den Preisdruck dämpfen und die drohende Hungerkrise abmildern. Für Biodiesel und Bioethanol in deutschen Tanks wachsen insgesamt auf gut 1,2 Millionen Hektar Getreide und Ölpflanzen – das ist mehr als die Ackerfläche Nordrhein-Westfalens. Allein aus Ernten in Deutschland werden jährlich rund zwei Millionen Tonnen Getreide und eine Million Tonnen Pflanzenöl zu Biokraftstoffen verarbeitet. Damit ließen sich mehr als zwei Milliarden Brote backen und fast zwei Drittel des Jahresverbrauchs von Speiseöl in Deutschland erzeugen.
Die weltweite Ausweitung von Anbauflächen für Biokraftstoffe gefährdet nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln, sondern ist auch wenig effizient. Zusätzliche Emissionen durch die geänderte Landnutzung heizen das Klima weiter an. Die Renaturierung bislang intensiv genutzter Flächen durch Aufforstung oder die Wiedervernässung von Mooren könnte mehr Treibhausgasemissionen vermeiden als der Anbau von Energiepflanzen. Mit Photovoltaik könnte auf einem Bruchteil der Anbaufläche die gleiche Energiemenge erzeugt werden. „Die Korrektur dieser verfehlten Energiepolitik, die mit Essen im Tank versucht, klimaschädliche Verbrenner länger laufen zu lassen, ist überfällig“, sagt Lambrecht.
Pressemitteilung Greenpeace