… in Meeresschutzgebieten der Ostsee ist rechtswidrig
Ein neues Rechtsgutachten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und Ocean Vision Legal zeigt, dass die Verwendung von Grundschleppnetzen in Natura 2000-Meeresschutzgebieten des deutschen Küstenmeeres ohne eine positive Verträglichkeitsprüfung anhand der Erhaltungsziele rechtswidrig ist. Die jahrzehntelange Überfischung und die Verwendung zerstörerischer Fangmethoden wie der Grundschleppnetzfischerei, welche hohe Mengen an Beifängen von Dorsch verursacht hat, sind Gründe für die derzeitige Notlage der Dorschpopulationen in der Ostsee.
Trotz des Verbots der direkten Fischerei kann sich der Dorsch in der Ostsee nicht erholen. Angesichts dieser dramatischen Situation ruft die DUH Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und die verantwortlichen Landwirtschaftsministerien von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern dazu auf, endlich die notwendigen Schritte zu ergreifen und die rechtswidrige Grundschleppnetzfischerei einzuschränken.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Grundschleppnetzfischerei ist die destruktivste Form der Fischerei. Sie beeinträchtigt Teile des Meeresbodens, erzeugt große Mengen an ungewolltem Beifang, schädigt Lebensräume am Meeresgrund und die dort lebenden Arten für Jahre. Wir fordern deswegen den Ausschluss der Grundschleppnetzfischerei aus den Meeresschutzgebieten im deutschen Küstenmeer. Um dies umzusetzen, müssen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und das Bundeslandwirtschaftsministerium sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass auch die dänische Grundschleppnetzfischerei in der deutschen Ostsee eingeschränkt wird. Aufgrund eines bilateralen Vertrages dürfen bislang auch dänische Schiffe im gesamten Küstenmeer der Ostsee fischen.“
Katja Hockun, Senior Expert Meeresschutz der DUH: „Das Rechtsgutachten unterstreicht, dass Grundschleppnetze in Meeresschutzgebieten nichts verloren haben und europäischem sowie nationalem Recht widersprechen. Daher müssen die Grundschleppnetzfischerei aus Meeresschutzgebieten verbannt, die Fischerei umweltschonend transformiert und nur noch umweltverträgliche Fanggeräten eingesetzt werden. Außerdem müssen die zuständigen Landesministerien in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zusätzlich wichtige Laich- und Aufwuchsgebiete für den Dorsch vor der Grundschleppnetzfischerei schützen. Nur so kann die dringend notwendige Erholung des Ostseedorschs herbeigeführt werden.“
Auf europarechtlicher Ebene dürfen innerhalb von Schutzgebieten unter der FFH-Richtlinie (Special Areas of Conservation, SACs) die für das Küstenmeer zuständigen Landesbehörden Fischerei für eigene Fischereifahrzeuge im eigenen Küstenmeer nur dann zulassen, wenn das Projekt das Gebiet nicht beeinträchtigt und eine positive Verträglichkeitsprüfung vorliegt. Falls diese nicht vorliegt, müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für die Fischerei vorliegen – was auf Fischerei im privaten Sektor kaum zutrifft. Alle Fischereierlaubnisse, die ohne eine vorherige Verträglichkeitsprüfung in FFH-Gebieten für die Grundschleppnetzfischerei erteilt wurden, sind daher rechtswidrig. Auf nationaler Ebene wiederum sind die zuständigen Landesbehörden dazu verpflichtet, Meeresschutzgebiete auszuweisen und fischereirechtliche Regelungen zum Erhalt des Dorsches zu treffen.
Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe
BUND-Rechtsgutachten: Fischerei mit Grundschleppnetzen im Meeresschutzgebiet unrechtmäßig
Fischerei bisher ohne Verträglichkeitsprüfung – Klage gegen bestehende Fangerlaubnis möglich – Fischereiminister Özdemir muss handeln
Fischerei mit Grundschleppnetzen im Nordsee-Schutzgebiet Doggerbank ist gesetzeswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Das BUND-Meeresschutzbüro hat die nationale und europäische Rechtsgrundlage zur Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten der Ausschließlichen Wirtschaftszone von der Kanzlei Ocean Vision Legal prüfen lassen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Fangerlaubnis mit Grundschleppnetzen in dem Nordsee-Schutzgebiet „Doggerbank“ verstößt gegen geltendes Recht.
Gutachterin Anna von Rebay: „Die Grundschleppnetzfischerei ist nicht mit den Erhaltungszielen der Schutzgebietsverordnung der Doggerbank vereinbar. Eine Fangerlaubnis hätte nur vergeben werden dürfen, wenn zuvor eine Verträglichkeitsprüfung mit den Erhaltungszielen des Gebietes durchgeführt wurde. Ohne eine solche Prüfung der Umweltauswirkungen der Fischerei in dem Meeresschutzgebiet ist die Vergabe von Fangerlaubnissen unrechtmäßig. Sie kann mit einer Klage angefochten werden.“
Fischerei mit Grundschleppnetzen ist eine der größten Bedrohung für die Lebensräume und Artengemeinschaften in den Schutzgebieten. Mit dieser zerstörerischen Fangmethode wird noch immer im Großteil aller deutschen Meeresschutzgebiete gefischt. Erst im Februar 2023 hatte Deutschland zusammen mit der Europäischen Kommission erste Maßnahmen eingeführt, die mobile grundberührende Fischerei in Teilen der Nordsee-Schutzgebiete einzuschränken. Für die Doggerbank gelten jedoch weiterhin keine Einschränkungen. Daher hat der BUND diese Praxis prüfen lassen.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Fischereiminister Cem Özdemir muss jetzt dafür sorgen, dass die Grundschleppnetzfischerei auf der Doggerbank eingestellt wird und keine weiteren Fangerlaubnisse ohne eine vorhergehende Verträglichkeitsprüfung vergeben werden. Zusammen mit dem Bundesumweltministerium muss er das europäische und nationale Naturschutzrecht in unseren Meeren ohne weitere Umwege und Verzögerungen umsetzen.“
Deutschland muss im Rahmen der Gemeinsame Fischereipolitik der EU ein vollständiges Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten verhandeln, um nach knapp 20 Jahren endlich einen effektiven Schutz des Meeresschutzgebietes zu erreichen. Dieses Vorgehen hat auch die Europäische Kommission erst kürzlich mit dem Fischerei-Aktionsplan vorgeschlagen. Darin wird ein vollständiges Verbot von Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten bis 2030 empfohlen.
Pressemitteilung BUND