Deutsche Umwelthilfe verklagt Danone, Eurowings, HelloFresh und Netto und leitet weitere juristische Verfahren ein
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat vier neue Klagen wegen Verbrauchertäuschung gegen Unternehmen eingereicht, die ihre Produkte in besonders dreister Form als „klimaneutral“ bewerben. Die Klagen richten sich gegen die Danone Deutschland GmbH bezogen auf Evian-Mineralwasser, gegen die Lufthansa-Tochter Eurowings GmbH, gegen den Lebensmitteldiscounter Netto Marken-Discount Stiftung & Co. KG sowie gegen den Lebensmittel-Lieferdienst HelloFresh Deutschland.
Alle betroffenen Unternehmen waren zuvor den Aufforderungen der DUH nicht nachgekommen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und sich damit zu verpflichten, die wettbewerbswidrige Werbung künftig zu unterlassen. Auf politischer Ebene fordert die DUH ein generelles Verbot von irreführenden Werbeaussagen, die suggerieren, Produkte, Unternehmen oder Dienstleistungen seien „klimaneutral“ oder sogar „klimapositiv“.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Eine Fluggesellschaft, die ihren Kundinnen und Kunden CO2-neutrale Flüge verkauft, handelt hochgradig irreführend. Ein in dickwandiges Plastik verpacktes Mineralwasser, das durch halb Europa zu uns in die Lebensmittelmärkte gekarrt wird, kann nicht klimaneutral sein. Anstatt ihre Produkte nachhaltiger zu gestalten, führen Danone, Eurowings, HelloFresh und Netto Verbraucherinnen und Verbraucher schamlos hinters Licht: Indem sie behaupten, die Klimawirkungen ihres Produktes durch fragwürdige Kompensationsprojekte auszugleichen. Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, die unmittelbaren Umweltauswirkungen zu erfahren, nur so können sie sich für die richtige Alternative entscheiden. Was wir hier erleben, ist ein regelrechter Wettbewerb mit immer dreisteren Behauptungen einer angeblichen Klimaneutralität durch einen unkontrollierten Ablasshandel.“
Darüber hinaus hat die DUH in dieser Woche weitere sechs Unternehmen aufgefordert, strafbewehrte Unterlassungserklärungen abzugeben und sich zu verpflichten, ihre Produkte oder Unternehmen nicht länger als „klimaneutral“ oder gar „CO2-neutral“ zu bewerben. Bei den Unternehmen handelt es sich um den Handball-Erstligisten Füchse Handball Berlin GmbH, den Lieferdienst Gorillas Operations Germany B.V. & Co KG, den Mobilitätsdienstleister Intelligent Apps GmbH, die beiden Kaffee-Unternehmen Luigi Lavazza Deutschland GmbH und UniCaps GmbH sowie den Brennstoffhändler Beer Energien GmbH & Co KG.
Agnes Sauter, Leiterin ökologische Marktüberwachung der DUH, ergänzt: „Verbraucherinnen und Verbraucher haben das Recht, darüber informiert zu werden, worin die beworbenen Umweltvorteile von Produkten begründet sind. Immer mehr Unternehmen verschaffen sich allerdings ein positives Image mit trügerischen Werbeversprechen, statt ihre Produkte tatsächlich klimaschonender zu gestalten. Begriffe wie ‚klimaneutral‘ oder ‚CO2-neutral‘ suggerieren, dass der Konsum eines Produktes keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima hat und sollten gänzlich verboten werden. Wir schauen uns solche Werbeaussagen deshalb ganz genau an und kämpfen dafür, dass Verbraucherinnen und Verbraucher einschätzen können, ob ein Produkt wirklich hält, was es verspricht. Dafür ist es entscheidend, dass Unternehmen transparent über Kompensationsprojekte und den Ausgleich von Restemissionen informieren.“
Hintergrund:
Unabhängig von der grundsätzlichen Kritik an der Werbung mit Klimaneutralität täuschen viele Unternehmen mit unzureichenden und teils falschen Informationen dazu, wie die beworbene Klimaneutralität der Produkte erreicht wird. Zur angeblichen Kompensation werden etwa Gutschriften aus Waldschutzprojekten vorgestellt, die bereits wegen ihrer zu kurzen Projektlaufzeiten nicht geeignet sind, um die CO2-Ausgleichswerte sicherzustellen.
Rückenwind im EU-Parlament für den Verbraucherschutz
Deutsche Umwelthilfe fordert Verbot jeglicher Werbung mit angeblicher „Klimaneutralität“
Das Europäische Parlament hat heute strengere Vorgaben zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Greenwashing mit vermeintlicher Klimaneutralität beschlossen. Zur Abstimmung stand die Anpassung der EU-Richtlinien über unlautere Geschäftspraktiken und Verbraucherrechte. Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission, der Werbung mit Begriffen wie ‚klimaneutral‘ basierend auf dem Kauf von Emissionsgutschriften ohne Einschränkung weiter zulassen sollte, wird korrigiert.
Das Parlament hat darüber hinaus beschlossen, Werbung mit Klimavorteilen – die ausschließlich auf der Kompensation von Emissionen beruhen – zu verbieten. Außerdem sollen zukünftig Nachweise zu den Umweltvorteilen von Produkten vorgelegt werden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt diese Verschärfung, fordert darüber hinaus aber ein generelles Verbot aller Behauptungen von „Klimaneutralität“. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentiert:
„Nach der heutigen Entscheidung des Europäischen Parlaments für eine Verschärfung des Verbraucherschutzes bei Klimaneutralitätsversprechungen von Produkten muss die Bundesregierung endlich handeln. Ich fordere Justizminister Buschmann und Verbraucherschutzministerin Lemke auf, sich nicht nur im Europäischen Rat für ein generelles Verbot aller Werbelügen zu ‚klimaneutralen‘ Produkten und Unternehmen auszusprechen. Wir brauchen auch eine schnelle nationale Umsetzung in Deutschland. Sämtliche Werbeversprechen, die suggerieren, dass Produkte ‚klimaneutral‘ oder sogar ‚klimapositiv‘ seien, sind Greenwashing und Verbrauchertäuschung.“
Der Beschluss des Parlaments weist darüber hinaus weitere Lücken auf, so wurde es versäumt, umweltbezogene Angaben für Produkte, Dienstleistungen oder Tätigkeiten von Händlern zu verbieten, die fossile Brennstoffe oder stark verschmutzende Industrien fördern. Die DUH fordert zudem strengere Beschränkungen für Werbeversprechen, die sich auf künftige Umweltleistungen beziehen, wie zum Beispiel „Klimaneutral bis 2050“. Diese sind in den meisten Fällen nicht nachvollziehbar und verlagern heute dringend notwendige Maßnahmen in die Zukunft.
Hintergrund:
Da sich Bundes- und Landesregierungen weigern, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschungen durch die Wirtschaft zu schützen, geht die DUH bereits seit einem Jahr juristisch gegen Greenwashing mit vermeintlichen Klimaneutralitätsversprechen vor. Die DUH hat inzwischen 15 Unternehmen wegen Verbrauchertäuschung durch Werbung für „klimaneutrale“ Produkte zur Unterlassung aufgefordert. Ein Drittel der Verfahren konnte bereits zum Abschluss gebracht werden: Die Klage gegen den Mineralölkonzern TotalEnergies Wärme&Kraftstoff Deutschland GmbH hat die DUH vor dem Landgericht Düsseldorf gewonnen (Aktenzeichen 38 O 92/22). Die Unternehmen Tyczka Energy GmbH, Dirk Rossmann GmbH, Green Airlines GmbH und The Mother Nature GmbH haben außergerichtliche Unterlassungserklärungen abgegeben. Bereits in diesem Monat finden zwei weitere Gerichtsverfahren gegen die Beiersdorf AG und die dm-drogerie markt GmbH + Co. KG statt. Eine Rückmeldung aus den Verbraucherschutzministerien auf Bundes- und Landesebene blieb bisher aus.
Pressemitteilungen Deutsche Umwelthilfe