Greenpeace-Stellungnahme zum Verzicht Deutschlands auf die Pflichtbrache
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat entschieden, dass Deutschland dem Vorschlag der EU-Kommission folgt und auch hierzulande Landwirte künftig nicht mehr vier Prozent ihrer Agrarflächen für die Natur als Rückzugsräume bereitstellen müssen. Es kommentiert Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter:
„Angesichts immer radikalerer Bauernproteste und Blockaden gegenüber Grünen Politikern zieht Cem Özdemir den falschen Schluss. Statt den bequemen Weg zu wählen und den Vorschlägen der Kommission zu folgen, hätte er eindeutige Kante für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zeigen müssen. Ohne Not werden mit Özdemirs Segen in diesem Jahr wichtige Rückzugsräume für Arten vernichtet. Zugleich werden Steuergelder verschwendet, weil nun mit hohen Subventionen Landwirte dazu animiert werden müssen, Brachflächen bereitstellen.
Das Özdemir die Vier-Prozent-Regel nun aussetzt, beschleunigt nicht nur das Artensterben, sondern ist auch ein fatales Zeichen an die Landwirtschaft: radikaler Protest und Einschüchterungsversuche werden belohnt.“
Pressemitteilung Greenpeace
Deutsche Umwelthilfe zur Aussetzung von Öko-Regelungen in der EU-Agrarförderung:
„Entscheidung der Bundesregierung torpediert Artenschutz und nachhaltige Landwirtschaft“
Die Bundesregierung hat sich darauf geeinigt, der Entscheidung der EU-Kommission über neue Regelungen der EU-Agrarförderung (GLÖZ 8) nachzukommen und die 4-Prozent-Quote für landwirtschaftliche Brachflächen für dieses Jahr auszusetzen.
Dazu sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH):
„Die Bundesregierung opfert unter dem Druck der Agrarlobby eine der wichtigsten ökologischen Mindestvorgaben, die die EU-Agrarförderung vorsieht. Die Regelung, vier Prozent der landwirtschaftlichen Flächen als Brache zu erhalten, soll ausgesetzt werden. Damit verstößt die Bundesregierung gegen das Montreal-Abkommen gegen das Artensterben. Brachflächen sind wichtige Rückzugsorte für Insekten und Vögel. Die zusätzlich erlaubte Düngung verstärkt die Nitratbelastung im Grundwasser und führt absehbar zu einer weiteren Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte. Die industrielle Landwirtschaft ist Haupttreiber des Insektensterbens und sägt damit am Ast, auf dem sie sitzt. Doch anstatt echte Lösungen zu schaffen, die Landwirtinnen und Landwirten faire Preise für gute und nachhaltige Produkte garantieren, betreibt die Bundesregierung mal wieder Symptombekämpfung. Hier wird keine Bürokratie abgebaut, sondern Artenvielfalt. Wir fordern den Bundesrat auf, dieser Verordnung gegen den Artenschutz nicht zuzustimmen.“
Pressemitteilung DUH
Brachen: Kein politisches Rückgrat für die Natur
Krüger: Weder Naturkrise noch strukturelle Probleme der Landwirtschaft werden bearbeitet
Die Bundesregierung hat heute beschlossen, die EU-Ausnahmeregelung zur verpflichtenden Bereitstellung von Brachen und Landschaftselementen (GLÖZ 8) vollständig umzusetzen. Aus Sicht von NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger ignoriert diese Ampelentscheidung die Folgen der Naturkrise und löst darüber hinaus keines der Strukturprobleme der Landwirtschaft:
“Kaputte Böden, belastetes Wasser, schwindende Insektenpopulationen und ein Klima außer Rand und Band – seit Jahrzehnten überfordern wir die Belastbarkeit unseres Agrarökosystems. Jetzt sollen wieder die Brachen geopfert werden, die eigentlich ein Versuch waren, das System wieder auf ein Wirtschaften mit der Natur, statt gegen sie umzustellen. Ein ökologischer Rückschritt ohne fachliche Begründung, der allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Natur- und Klimakrise widerspricht. Vor diesem Hintergrund ist die Abschaffung der Umweltstandards bei gleichzeitiger Beibehaltung der pauschalen Flächenprämien eine reine Verschwendung von Steuergeldern”.
Dieser Beschluss der Bundesregierung ist nicht nur ein herber Rückschlag für die Artenvielfalt, er steht mit dem einseitigen Abbau von Mindeststandards und ohne den Ausbau weitere freiwilliger Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität innerhalb der GAP auch im Widerspruch mit Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft.
Pressemitteilung NABU