Schutzgebiete sind Lebensräume – und Zukunft

Zum Tag der biologischen Vielfalt lädt der NABU dazu ein, wertvolle Natur in Schutzgebieten zu erleben
Zum Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai ruft der NABU dazu auf, gemeinsam die wundervolle Natur in den Schutzgebieten überall im Land zu erleben. Gesunde Natur wirkt sich positiv auf unser Wohlbefinden aus, liefert uns frische Luft, sauberes Wasser, gesunde Nahrung und einen Schatz an Arten und Lebensräumen.

Doch der Zustand der Natur in Deutschland ist besorgniserregend. Der Faktencheck Artenvielfalt 2024 zeigt: Rund ein Drittel der untersuchten Arten gilt als stark gefährdet oder ist vom Aussterben bedroht. In den meisten Lebensräumen überwiegen rückläufige Entwicklungen. Selbst in bestehenden Schutzgebieten gehen wertvolle Biotope wie artenreiches Grünland weiter verloren.

Um diese Entwicklungen zu stoppen, fordert der NABU eine konsequente Verbesserung und den langfristigen Erhalt geschützter Lebensräume. Dazu braucht es eine naturverträgliche Nutzung – etwa durch extensive Bewirtschaftung, pestizidfreies Management und an die Artenvielfalt angepasste Mahdzeitpunkte. Ebenso wichtig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Naturschutzbehörden, Gebietsbetreuenden und Landnutzenden. Nur gemeinsam lassen sich Schutzmaßnahmen wirksam und dauerhaft umsetzen.

„Nur mit wirksam geschützten Lebensräumen können wir dem Artensterben entgegenwirken. Wir müssen die Nutzung der Schutzgebiete auf die Tiere und Pflanzen abstimmen, für die das Schutzgebiet einen Lebensraum bieten soll und für die es ausgewiesen wurde“, betont Jennifer Libionka, NABU-Expertin für Schutzgebiete.

Der NABU engagiert sich bundesweit dafür, bestehende Schutzgebiete ökologisch aufzuwerten und neue Rückzugsräume für gefährdete Arten zu schaffen. Dafür braucht es stabile Strukturen vor Ort. Regionale Netzwerke wie biologische Stationen müssen flächendeckend ausgebaut und dauerhaft finanziert werden – als zentrale Koordinationsstellen für Planung, Umsetzung und Monitoring in enger Zusammenarbeit mit Haupt- und Ehrenamtlichen.

Von der neuen Bundesregierung sowie von Bundesumweltminister Carsten Schneider erwartet der NABU ein klares Bekenntnis zum Biodiversitätsschutz. Zentrale Voraussetzung dafür ist die ambitionierte Umsetzung der nationalen Wiederherstellungspläne – in enger Abstimmung mit den Ländern.

Wer Artenvielfalt live erleben möchte, kann sich an den bis zum 25. Mai 2025 laufenden NABU-Aktionstagen beteiligen. Bundesweit laden NABU-Gruppen zu zahlreichen Veranstaltungen ein – von Vogelwanderungen über Pflanzaktionen bis zu Infoabenden. Gemeinsam setzen Engagierte ein sichtbares Zeichen für den Schutz unserer Natur.

Hintergrund

Der Tag der biologischen Vielfalt wurde im Jahr 2000 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um auf die Bedeutung der Artenvielfalt und die Notwendigkeit ihres Schutzes hinzuweisen. Der NABU engagiert sich bundesweit mit Projekten und Aktionen, um Lebensräume zu bewahren und die Öffentlichkeit für die Dringlichkeit des Artenschutzes zu sensibilisieren.

Pressemitteilung NABU


Biodiversität auf dem Rückzug

Seit 2001 wird der 22. Mai als Internationaler Tag der biologischen Vielfalt gefeiert. Er erinnert an den 22. Mai 1992, an dem die UN-Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity) offiziell angenommen wurde. Der Schutz der Biodiversität muss in Hamburg ernster genommen werden, fordert der NABU Hamburg.

Auch 33 Jahre nach Unterzeichnung der UN-Konvention ist die biologische Vielfalt in Deutschland stark gefährdet. Über die Hälfte der Lebensraumtypen Deutschlands ist in einem „ungünstigen Erhaltungszustand“, wie es offiziell heißt. Insbesondere im Grünland verschwinden ehemals artenreiche Äcker, Moore, Moorwälder, Sümpfe und Quellen. Die Bestände vieler Arten sind rückläufig. Fast ein Drittel aller Arten in den Roten Listen sind bestandsgefährdet, darunter viele Reptilien- und Amphibienarten sowie zahlreiche Insekten. Dieses Bild zeichnet die Studie „Faktencheck Artenvielfalt“. Mehr als 150 Wissenschaftler*innen aus 75 Institutionen und Verbänden, darunter auch der NABU, haben das Werk, das im Oktober 2024 erschien, erarbeitet.

Der Rückgang der Biodiversität hat Folgen für uns alle, denn biologisch vielfältige Ökosysteme erbringen essenzielle Leistungen für uns Menschen. Dazu gehören neben der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen vor allem Regulationsfunktionen, wie die Blütenbestäubung, die Aufrechterhaltung von Nährstoffkreisläufen, der Klimaschutz, der Rückhalt von Wasser in der Landschaft und der Küsten- und Erosionsschutz. Unser Wohlergehen und Wirtschaften hängt von der Leistungsfähigkeit und Resilienz der Ökosysteme ab.

„Der Schutz der Biodiversität ist kein Zeitvertreib für Umweltverbände, sondern muss auch in Politik und Wirtschaft endlich als Aufgabe begriffen werden. Lebensräume, Arten und vor allem auch die genetische Vielfalt sichern unsere Lebensgrundlage und unseren Wohlstand. Ohne sie geht es nicht. Oftmals sind es sogar so genannte „Allerweltsarten“, deren schleichendes Verschwinden sich unter dem Radar der Öffentlichkeit vollzieht. Wollen wir wirklich, dass Haussperling oder Igel in naher Zukunft einfach weg sind? Wenn nicht, muss vor allem der politische Raum mehr Initiative ergreifen und anders abwägen als in den vergangenen 50 Jahren“, unterstreicht Malte Siegert, 1. Vorsitzender des NABU Hamburg.

Es gibt zwar neben der UN-Konvention noch weitere Vereinbarungen zum Schutz der Biodiversität, darunter das Weltnaturabkommen, der europäische Green Deal und die deutsche Biodiversitätsstrategie, doch bisher zeigen sie wenig Wirkung oder stehen in Brüssel politisch unter Druck. Siegert: „Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei. Wir müssen mehr tun für den Erhalt von Arten und Lebensräumen. Es ist daher ein Skandal, dass eine Stadt wie Hamburg ernsthaft in Erwägung zieht, seinen Hafenschlick im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer zu verklappen. Und mit dem Bau der A26 Ost werden – ohne mit der Wimper zu zucken – 150 Hektar Naturflächen zerstört, darunter wertvolle Moorböden. Der Senat scheint den Ernst der Lage noch nicht verstanden zu haben.“

Artenschutzprojekte zeigen Wirkung – Beispiel Kiebitzschutz in Hamburg

Die Studie „Faktencheck Artenvielfalt“ zeigt auch, dass sich biologische Vielfalt erholen kann, wenn negative Treiber reduziert und die Qualität von Lebensräumen verbessert werden. Ein Beispiel ist hierfür das Projekt Kiebitzkieker, das gemeinsam von BUND und NABU durchgeführt wird, unterstützt von der Hamburger Umweltbehörde (BUKEA).

Die Kiebitz-Bestände sind in Deutschland seit den 80ern um über 90% zurückgegangen, auch in Hamburg ist er stark gefährdet. Hier ist laut dem Arbeitskreis der Vogelschutzwarte Hamburg seit dem Jahr 2000 ein Rückgang von 56% zu verzeichnen. Durch Lebensraumverlust weicht der Bodenbrüter auf Äcker aus. An diesem Punkt setzt das Projekt Kiebitzkieker“ an. Es arbeitet eng mit Landwirt*innen zusammen, so dass die Kiebitzbruten durch gezielte Maßnahmen, wie Nestmarkierung und das Einrichten von Kiebitzinseln geschützt werden. Das Projekt hatte gleich im ersten Jahr Erfolg: 2024 konnten durch die Schutzmaßnahmen 23% der Hamburger Kiebitze geschützt werden. Das Kiebitzschutzprojekt hat nicht nur den bedrohten Kiebitzpopulationen geholfen, sondern auch vielen weiteren Arten. Auf den Kiebitzinseln konnten auch Brutpaare anderer bedrohter Vogelarten wie Feldlerchen, Rotschenkel und Bluthänflingen beobachtet werden – ein eindrucksvoller Beweis dafür, wie wertvoll Schutzmaßnahmen wie diese für die Biodiversität sind.

Weitere Informationen zum Projekt Kiebitzkieker unter www.kiebitzkieker.de.

Informationen zur Studie „Faktencheck Artenvielfalt“ unter https://www.feda.bio/de/faktencheck-artenvielfalt/.

Pressemitteilung NABU Hamburg

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