Planetare Belastungsgrenzen erstmals vollständig beschrieben, sechs von neun bereits überschritten
Zum ersten Mal hat ein internationales Forschungsteam alle neun planetaren Belastungsgrenzen quantifiziert, welche zusammen einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit definieren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben damit einen detaillierten Überblick über die schwindende Widerstandsfähigkeit unseres Planeten. Globale Erwärmung, Biosphäre, Entwaldung, Schadstoffe / Plastik, Stickstoffkreisläufe und Süßwasser: Sechs von neun der planetaren Grenzen sind heute überschritten.
Gleichzeitig wächst der Druck globaler Prozesse auf diese Grenzen weiter. Dies zeigt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht wird.
Sechs von neun planetaren Grenzen sind aktuell überschritten. Die Länge der Wedges symbolisiert, wie der aktuelle Zustand des entsprechenden Prozesses ist, und zwar in Bezug auf den Abstand zur Planetaren Grenze (Ende des grünen Bereiches) und dem holozänartigen Basiswert (Ursprung des Diagramms). Die Farbe symbolisiert, mit welchen Risiken das jeweils verbunden ist. So kann zum Besipiel ein Wedge sehr lang sein, weil sich der gegenwärtige Zustand schon sehr weit von Planetarer Grenze und Holozän entfernt hat. Aber er ist vielleicht trotzdem noch nicht lila, weil das in diesem speziellen Fall noch nicht mit sehr großen Risiken verbunden ist. In anderen Fällen ergibt sich bereits bei einer „kleinen“ Überschreitung (kurzes Wedge) ein großes Risiko: Dann wechselt die Farbe weiter innen bereits zu Lila. Illustration: Richardson et al., Science Advances, 2023 (CC BY-NC 4.0)
„Dieses Generalupdate der Planetaren Grenzen zeigt deutlich: die Erde ist ein Patient, dem es nicht gut geht. Der Druck auf den Planeten nimmt weiter zu, dabei werden lebenswichtige Belastungsgrenzen überschritten. Wir wissen nicht, wie lange wir entscheidende Grenzen derart überschreiten können, bevor die Auswirkungen zu unumkehrbaren Veränderungen und Schäden führen”, sagt Johan Rockström, Mit-Autor der Studie und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).
Diese nunmehr zweite Aktualisierung der Planetaren Grenzen seit ihrer Einführung im Jahre 2009 enthält erstmals eine vollständige Überprüfung aller neun Prozesse und Systeme, welche zusammen die Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Planeten bestimmen. Eine Grenzüberschreitung ist zwar nicht gleichbedeutend mit drastischen Veränderungen, die sofort sichtbar werden, sie markiert jedoch eine kritische Schwelle für erheblich steigende Risiken. Hauptautorin Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen erklärt: „Wir können uns die Erde als einen menschlichen Körper vorstellen und die planetaren Grenzen als eine Form des Blutdrucks. Ein Blutdruck von über 120/80 bedeutet zwar nicht, dass ein sofortiger Herzinfarkt droht, aber er erhöht das Risiko. Deshalb arbeiten wir daran, den Blutdruck zu senken. Der Grenzwert für den Ozonabbau wurde beispielsweise zwar nicht global, aber mehr und mehr regional überschritten. Obwohl das in der Antarktis immer noch der Fall ist, zeichnet sich bereits eine Verbesserung ab – dank globaler Initiativen, die durch das Montrealer Protokoll erreicht wurden.“
Grafik: Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
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