Der Senat hat heute mit dem Naturcent eine bundesweit einmalige Regelung beschlossen, die einen ökologischen Finanzausgleich für Flächenverbrauch infolge von Bauprojekten schafft. Künftig wird es bei vielen Grün- und Brachflächen eine finanzielle Zuführung im Haushalt zugunsten des Umweltbereichs geben, die sich an der Höhe der zusätzlichen Grundsteuer nach Bebauung bemisst.
Die Einnahmen fließen aufwachsend und dauerhaft in die Pflege von Parks und Naturschutzgebieten. Ziel ist es, trotz des Wachstums der Stadt die Grün- und Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern. Bauherren sowie Mieterinnen und Mieter werden durch den Naturcent nicht zusätzlich belastet.
Die Regelung sieht vor, dass für einen Großteil der neuen Wohn- und Gewerbeflächen in Hamburg künftig ein Finanzausgleich wirkt. Dieser wird angelehnt an die zusätzlichen Einnahmen aus der Grundsteuer, die aus der Neuerschließung von Flächen entstehen. Dabei gilt: Je dichter die Bebauung und je größer die Versiegelung, desto höher die Summe. Die Einnahmen fließen in das Sondervermögen „Naturschutz und Landschaftspflege“. Die Regelung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2016. Als sofort verfügbare Abschlagszahlung werden drei Millionen Euro bereitgestellt, die sich zunächst pauschal auf Grundlage der durchschnittlichen Grundsteuer errechnen. Dieser Betrag wird nachträglich auf Grundlage der tatsächlichen Steuerfestsetzung korrigiert und im nächsten Haushalt verrechnet. Die Verteilung der zusätzlichen Gelder wird von der Umweltbehörde organisiert. Die Bezirke können für geplante Projekte Geld aus dem Sondervermögen beantragen. Die Entscheidung über die Vergabe richtet sich hauptsächlich an der Konzeptqualität aus. Es wird die Einrichtung eines Beirats erwogen, der die Vergabe begleitet.
Unabhängig von dem nun gefundenen Mechanismus bleiben die Verdichtung und Innenentwicklung und die effiziente Nutzung von Flächen die Priorität des Senats. Als Anhang zum „Vertrag für Hamburg“ hat der Senat im Juli ein Eckpunktepapier der Staatsräte von Umwelt- und Stadtentwicklungsbehörde beschlossen. Dieses beschreibt einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Zielen der Stadt- und Grünflächenentwicklung. Unter anderem heißt es dort: „Im Bündnis fest verankert ist das Prinzip der Priorität der Innentwicklung vor der Außenentwicklung. […] Innerhalb des zweiten grünen Ringes sollen die Flächen des grünen Netzes von Bebauung freigehalten werden. Zum Grünen Netz gehören die innerstädtischen Landschaftsachsen, beide grüne Ringe, sowie bedeutsame Grünverbindungen und vorhandene Parkanlagen. […] In der äußeren Stadt sollen die Flächen des Biotopverbundes, Landschaftsachsen und Landschaftsschutzgebiete als großflächig wahrnehmbare Naturräume erhalten bleiben.“
Umweltsenator Jens Kerstan erklärt: „Hamburg ist eine Stadt mit vielen Grünflächen und mit einer hohen Lebensqualität. Das soll auch so bleiben – auch wenn unsere Stadt einen Bauboom erlebt und wenn mehr Menschen nach Hamburg ziehen. Deshalb haben wir jetzt einen Mechanismus geschaffen, der einen vernünftigen Ausgleich und neuen Spielraum schafft, um die Parks und Grünflächen aufzuwerten. Das ist gerade dort wichtig, wo viele Menschen keine eigenen Gärten haben und auf gut gepflegte Grünanlagen angewiesen sind. Mit der Naturcent-Regelung fließen dauerhaft und aufwachsend Gelder in einen Topf, so dass wir Parks und Naturschutzgebiete künftig noch besser und häufiger pflegen können. Mieterinnen und Mieter sowie Bauherren belasten wir nicht zusätzlich, weil die Einnahmen verwaltungsintern verrechnet werden.“
Pressemitteilung Behörde für Umwelt und Energie
NABU-Kommentierung zur Naturcent-Regelung
Alexander Porschke, 1. Vorsitzender NABU-Hamburg: „Wir machen uns große Sorgen wegen der ausufernden Bauvorhaben der Stadt. Da ist es zumindest ein positives Zeichen, dass mehr Geld für die Natur in der Stadt verfügbar gemacht wird. Grünflächen in der Stadt sind gleichermaßen für Naturbewohner und Menschen besonders wichtig. Es kommt jetzt darauf an, dass bei der Anwendung des Naturcents auch tatsächlich die Natur profitiert, sowohl in den Naturschutzgebieten als auch in der Stadtnatur. Wir fordern schon lange: Wer Grün vergolden will, muss die Natur entschädigen“.
Pressemitteilung NABU HH
Sparr: „Cleverer Ausgleichsmechanismus für mehr Grün“
Mit dem Naturcent hat Hamburg heute als erstes Bundesland einen ökologischen Finanzausgleich eingeführt. Das heißt: Wenn auf einer Fläche neue Wohnungen entstehen, fließen mit dem Naturcent gleichzeitig Mittel, um Grünflächen an anderer Stelle aufzuwerten und besser zu pflegen. Bauleute, Mieterinnen und Mieter werden nicht zusätzlich belastet. Die Grünen begrüßen diesen Schritt ausdrücklich.
Ulrike Sparr, umweltpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, sagt dazu: „Wir wollen Hamburg als grüne Stadt erhalten und wissen zeitgleich, dass wir dringend neue Wohnungen brauchen. Mit dem Naturcent stellen wir sicher, dass wir beides dauerhaft und clever miteinander verbinden. Durch den Ausgleichmechanismus schaffen wir es, einen Teil der steigenden Grundsteuereinnahmen, die mit der Bebauung von Flächen einhergeht, für Hamburgs Grün- und Erholungsanlagen umzuleiten. Damit sorgen wir dafür, dass für Hamburger Grün strukturell mehr Geld da ist. Ich freue mich auch sehr, dass wir rückwirkend für 2016 drei Millionen Euro als Vorauszahlung auf künftige Grundsteuereinnahmen sichern konnten. Das ist eine Menge Geld, das Hamburgs Parks und Naturschutzgebieten zugutekommt.“
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion
Natur-Cent sorgt für mehr Investitionen in Grün- und Erholungsanlagen
Hamburg will den Wohnungsbau mit 10.000 Baugenehmigungen im Jahr noch weiter intensivieren. Auch wenn die innere Verdichtung oberstes Ziel ist, werden für den Wohnungsneubau auch bislang unbebaute Flächen in Anspruch genommen werden müssen, um die Bevölkerung mit ausreichend Wohnraum zu versorgen. Zusätzlich wird auch die Gewerbeentwicklung der Stadt den Flächenbedarf weiter vergrößern. Dabei sind selbstverständlich Landschaftsachsen, der Biotopverbund und Naturschutzgebiete tabu.
Dazu Monika Schaal, umweltpolitische Sprecherin der SPD Bürgerschaftsfraktion: „Über den ‚Natur-Cent‘ können wir zusätzliche Mittel mobilisieren, damit Grünflächen noch besser gepflegt, entwickelt und letztlich auch aufgewertet werden können. Es ist gut und richtig, damit insbesondere in die Verbesserung der Freiraumqualität gerade von intensiv genutzten Grün- und Erholungsanlagen zu investieren – und zwar möglichst ortsnah. Im Sinne der Transparenz ist es ebenso notwendig, für die Mittelverwendung klare Kriterien zu definieren, die Umsetzung zu dokumentieren und entsprechend auszuwerten. Schließlich macht Hamburg mit dem Natur-Cent etwas ganz Neues. Da sich die konkrete Höhe der Ausgleichszahlungen erst dann ergibt, wenn tatsächlich die ersten Grundsteuern anfallen, ist es außerdem richtig, drei Millionen Euro auf den ‚Natur-Cent‘ vorzustrecken. So können für die Gebiete, die bereits in Anspruch genommen wurden, jetzt schon Ausgleichsmaßnahmen in Gang gesetzt werden, bevor die endgültigen Erträge aus den zusätzlichen Grundsteuern errechnet sind.“
Pressemitteilung SPD Bürgerschaftsfraktion