„Senat muss Druck auf Flugsicherung machen“

Eine spürbare Reduzierung des Fluglärms wird wieder unwahrscheinlicher: Die Hamburger Flugsicherung weigert sich offenbar, ihren internen Handlungsspielraum zur Lärmvermeidung zu nutzen. Im April hatte sie noch dargelegt, dass etwa die Hälfte der Anflüge lärmtechnisch problematisch sind, dass sich dies aber ohne Probleme für den Verkehrsfluss ändern ließe. Jetzt will die Flugsicherung davon nichts mehr wissen.

 

Im Gegenteil: In der Antwort auf eine Große Anfrage der Grünen rechnen Senat und Flugsicherung den Anteil der problematischen so genannten „verkürzten Anflüge“ auf angeblich nur noch 16 Prozent runter.

Dr. Anjes Tjarks, Sprecher für Wirtschaftspolitik und parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt hierzu: „Der Senat muss jetzt Druck auf die Flugsicherung ausüben. Die Hamburger Flugsicherung will die Politik anscheinend für dumm verkaufen. Erst macht sie im Umweltausschuss Zusagen, dann erklärt sie diese für nicht machbar und schließlich versucht sie, das Problem gänzlich wegzureden. Das ist ein typischer Fall von administrativer Sabotage. Die SPD muss jetzt zeigen, ob sie es ernst meint mit dem Schutz vor Fluglärm oder ob der Zehn-Punkte-Plan nur eine wirkungslose Beruhigungstablette für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sein sollte. Die Flugsicherung hat die Möglichkeit, interne Regelungen zu den kürzeren und lärmtechnisch problematischeren Anflügen zu treffen. Dass sie sich jetzt hinter langwierigen bürokratischen Verfahren versteckt, ist eine große Enttäuschung für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner.“

Im Umweltausschuss am 28 Januar hatte die Deutsche Flugsicherung (DFS) in Bezug auf die verkürzten Anflüge u.a. ausgeführt, dass die Wirtschaftsbehörde die neuen Anflugverfahren in das deutsche Luftfahrthandbuch einbringen müsse, und wenn sich alle einig wären, „es sehr schnell gehen könne“. Gleichzeitig machte die DFS auch deutlich, dass sie in den Tagesrandzeiten die Vermeidung der verkürzten Anflüge durch „interne Vorgaben“ verändert habe.

Hierzu Anjes Tjarks weiter: „Es drängt sich zunehmend das Gefühl auf, dass die DFS sich ohne deutlich strengere politische Vorgaben nicht bewegt. Wir haben einen gemeinsamen Beschluss der Bürgerschaft und erwarten jetzt vom Senat, dass dieser auch entsprechend umgesetzt wird. Die zuständige Senatorin hat bei der Umsetzung und der Durchsetzung bisher einen sehr lustlosen Eindruck hinterlassen. Dabei befindet sie sich offenbar in guter Gesellschaft mit der DFS. Wir erwarten jetzt auch, dass die SPD-Fraktion Druck macht. Bis zum Senatsbericht im Oktober müssen konkrete Maßnahmen zum Lärmschutz umgesetzt werden – es darf nicht nur bei der Prüfung einiger Punkten bleiben.“

Hintergrund

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) ist ein Unternehmen im vollständigen Besitz des Bundes, das mit seiner Niederlassung in Hamburg für die Starts und Landungen am Hamburger Flughafen und die Flugverkehrskontrolle zuständig ist.

Hier einige Auszüge der DFS aus der Expertenanhörung zu Fluglärm im Umweltausschuss vom 28 Januar 2014 (vollständiges Protokoll hier). Auskunftsperson war Christine Schierhorn, Tower Managerin Hamburg der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH. Sie erklärte u.a.:

„Und wir haben uns angeschaut, was wir machen können, und haben einen Probebetrieb letztes Jahr gemacht und haben den Fluglotsen als interne Vorgabe gegeben, die Flugzeuge spätestens bei 7 nautischen Meilen auf den Endanflug zu drehen, also nicht mehr sehr spät bei 4“

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Außerdem haben wir die Erlaubnis für Sicht- und Kurzanflüge am Wochenende in den Morgenstunden auch zurückgenommen, das war jetzt rein intern, wo wir einmal schauen wollten, was denn das Ergebnis ist und ob die Bevölkerung irgendwie darauf reagiert. Im Ergebnis kann man sagen, es ist machbar, wir haben keine Kapazitätsverkürzungen oder Engpässe oder Ähnliches festgestellt, aber die Beschwerden haben auch nicht nachgelassen.

[…]

Warum ist das so?

Ich gebe Ihnen da eine ganz einfache Antwort: Weil es erlaubt ist. So einfach ist das. Es ist erlaubt, die Vorschriften im Luftfahrthandbuch geben das her und ganz so simpel ist das auch tatsächlich. Und wenn die Vorschriften das hergeben, dass das hier so geflogen werden darf oder ich sage schon fast, noch so geflogen werden darf, dann wird das Verfahren sowohl von den Piloten, die das nämlich auch nachlesen können im Luftfahrthandbuch, als auch von den Fluglotsen genauso angewandt.

[…]

Rein, was den Flugbetrieb und was die Abwicklung des Flugbetriebes angeht, ist das selbstverständlich möglich, das zu ändern. Ich habe es ja erwähnt, wir haben diesen Probebetrieb gemacht und haben diese 7 Meilen einmal angepeilt, wo wir dachten, es ist ein ganz guter Mittelwert, weil es eben auch diese positiven Auswirkungen auf den Anflug, auf den sogenannten Gegenanflug gibt. Und ja, das ist alles arbeitbar, überhaupt keine Frage.

[…]

„Da schließt sich gleich die nächste Frage von Ihnen an, wie ist das mit Änderungen von Flugverfahren, wer initiiert das und Ähnliches. Das wäre bei diesen Sicht- und Kurzanflügen genau das Gleiche, wenn man sich da auf ein Vorgehen einigt, müsste das eben als Verfahren im deutschen Luftfahrthandbuch niedergeschrieben werden. Da muss man im Prinzip in Absprache mit der Landesluftfahrtbehörde hier, mit der BWVI, das entsprechend in dieses Werk einbringen. Wenn sich da alle einig sind, dann ist das auch schnell geschehen.“
Pressemitteilung GRÜNE Bürgerschaftsfraktion

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